Übersicht
- 1 Das Wichtigste: Kurz & knapp
- 2 Werkvertrag im Fokus: Rechte und Ansprüche bei Kündigung des Auftrags
- 3 Der Fall vor Gericht
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 FAQ – Häufige Fragen
- 5.1 Was passiert mit meinem Vergütungsanspruch, wenn der Auftraggeber den Werkvertrag frei kündigt?
- 5.2 Welche Nachweise muss ich als Auftragnehmer erbringen, um meinen Werklohnanspruch nach einer Kündigung geltend zu machen?
- 5.3 Was muss der Auftraggeber nachweisen, um höhere ersparte Aufwendungen geltend zu machen?
- 5.4 Wie beeinflusst die konkludente Annahme eines Angebots den Werklohnanspruch?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Werklohnanspruch aufgrund der Kündigung des Werkvertrags, der den Estrichbau betrifft.
- Es wurde festgestellt, dass ein Werkvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist.
- Das Landgericht hatte den Vertragsschluss aufgrund des Angebots der Klägerin und der Annahme durch die Beklagte zunächst abgelehnt.
- Der Gerichtshof hob diese Entscheidung auf und wertete die Annahme als neues Angebot.
- Der Richter stellte klar, dass die Beklagte das neue Angebot der Klägerin akzeptiert hat, obwohl die Annahme vormals als problematisch erachtet wurde.
- Die Sommerferien wurden nicht als ausreichender Grund angesehen, um die Annahme des Angebots zu verzögern.
- Der Senat entschied, dass die Beklagte als Adressatin des ursprünglichen Angebots betrachtet werden kann.
- Es gab keine überzeugenden Argumente, dass die Vertreterin der Beklagten bei der Annahme des Angebots nicht in ihrem Auftrag handelte.
- Das Gericht entschied zu Gunsten der Klägerin im Hinblick auf den Werklohn.
- Die vollen Kosten des Verfahrens in der zweiten Instanz wurden der Beklagten auferlegt, was eine klare finanzielle Belastung für sie bedeutet.
Werkvertrag im Fokus: Rechte und Ansprüche bei Kündigung des Auftrags
Ein Werkvertrag ist ein rechtlicher Vertrag, der die Erstellung eines bestimmten Werkes oder die Erbringung einer bestimmten Leistung zum Ziel hat. In Deutschland sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für Werkverträge im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt. Ein zentraler Aspekt dieses Vertrags ist der Werklohnanspruch, der dem Auftragnehmer zusteht, wenn er seine vertraglich vereinbarten Leistungen erbringt. Schwierigkeiten können jedoch auftreten, wenn ein Auftraggeber den Vertrag kündigt, bevor das Werk vollständig abgeschlossen ist. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob und in welcher Höhe der Auftragnehmer einen Anspruch auf Vergütung hat.
Die vertragliche Kündigung kann aus unterschiedlichen Gründen erfolgen und hat weitreichende Folgen für beide Vertragsparteien. Insbesondere ist zu klären, welche Kündigungsfristen gelten und ob ein Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers möglich ist. Bei der Betrachtung von Werkverträgen und den damit verbundenen Vergütungsansprüchen spielen auch Aspekte wie Pauschalvergütung, Nachträge und die Beendigung von Dienstleistungsverträgen eine bedeutende Rolle. Um die praktischen Auswirkungen dieser rechtlichen Bestimmungen zu verstehen, wird im Folgenden ein konkreter Fall näher untersucht.
Der Fall vor Gericht
Werklohnanspruch nach Kündigung: OLG Schleswig-Holstein stärkt Position von Bauunternehmern
In einem wegweisenden Urteil hat das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein die Rechte von Bauunternehmern bei der Durchsetzung von Werklohnansprüchen nach einer Auftraggeberkündigung gestärkt.
Der Fall, der unter dem Aktenzeichen 12 U 54/22 verhandelt wurde, drehte sich um einen Streit über Estricharbeiten zwischen einer Klägerin und einer beklagten Grundstücksverwaltung.
Vertragsschluss durch konkludentes Handeln bestätigt
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass zwischen den Parteien ein rechtsgültiger Werkvertrag zustande gekommen war, obwohl keine explizite Annahme des Angebots erfolgte. Entscheidend war, dass beide Seiten nach einem Angebot der Klägerin und einer E-Mail der Beklagten von einem Vertragsabschluss ausgingen und entsprechend handelten. Das OLG betonte, dass in solchen Fällen auch Schweigen als Annahme gewertet werden kann, wenn die wesentlichen Vertragsbedingungen bereits geklärt sind und beide Parteien fest mit einem Vertragsschluss rechnen.
Kündigung und Vergütungsanspruch
Die Beklagte hatte den Vertrag später einseitig für beendet erklärt, was das Gericht als freie Kündigung interpretierte. Gemäß §§ 648 Satz 2 BGB und 16 Abs. 3 VOB/B steht der Klägerin in diesem Fall die sogenannte „große Kündigungsvergütung“ zu. Diese umfasst die volle vereinbarte Vergütung, abzüglich ersparter Aufwendungen und möglicher anderweitiger Einsätze der Arbeitskraft.
Beweislast und Berechnungsgrundlage
Das OLG stellte klar, dass die Beweislast für höhere ersparte Aufwendungen bei der Beklagten lag. Da diese trotz gerichtlicher Hinweise keine ausreichenden Nachweise vorlegte, folgte das Gericht der Berechnung der Klägerin. Diese hatte in ihrer Schlussrechnung bereits ersparte Aufwendungen abgezogen, durfte aber ihren kalkulierten Gewinn geltend machen.
Urteil und finanzielle Folgen
Das Oberlandesgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 9.902,37 € nebst Zinsen. Dieser Betrag entspricht der von der Klägerin berechneten Vergütung unter Berücksichtigung der ersparten Aufwendungen. Die Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz wurden ab dem 12.03.2021 zugesprochen, dem Tag der endgültigen Verweigerung der Werklohnvergütung durch die Beklagte.
Bedeutung für die Baubranche
Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit klarer Kommunikation und sorgfältiger Dokumentation in Bauverträgen. Es zeigt auch, dass Gerichte bei der Beurteilung von Vertragsschlüssen nicht nur auf formale Erklärungen, sondern auch auf das tatsächliche Verhalten der Parteien achten. Für Bauunternehmer bedeutet dies eine Stärkung ihrer Position bei der Durchsetzung von Vergütungsansprüchen nach Kündigungen, insbesondere wenn der Auftraggeber keine überzeugenden Nachweise für höhere ersparte Aufwendungen vorlegen kann.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des OLG Schleswig-Holstein stärkt die Position von Bauunternehmern bei Werklohnansprüchen nach Kündigung. Es bekräftigt, dass ein Vertrag auch durch konkludentes Handeln zustande kommen kann und legt die Beweislast für ersparte Aufwendungen dem Auftraggeber auf. Dies unterstreicht die Bedeutung klarer Kommunikation und sorgfältiger Dokumentation in Bauverträgen und verdeutlicht, dass Gerichte das tatsächliche Verhalten der Parteien berücksichtigen, nicht nur formale Erklärungen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Handwerker oder Bauunternehmer tätig sind, stärkt dieses Urteil Ihre Position erheblich. Es zeigt, dass ein Vertrag auch ohne ausdrückliche Annahme zustande kommen kann, wenn beide Seiten sich so verhalten, als ob ein Vertrag bestünde. Kündigt Ihr Auftraggeber den Vertrag, haben Sie Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Wichtig ist, dass Sie Ihre Kosten und ersparte Aufwendungen genau dokumentieren. Als Auftraggeber müssen Sie vorsichtig sein: Auch wenn Sie meinen, es sei kein Vertrag zustande gekommen, könnte ein Gericht das anders sehen. Klare Kommunikation und schriftliche Vereinbarungen sind daher unerlässlich.
FAQ – Häufige Fragen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie prägnante Antworten auf die häufigsten Fragen rund um rechtliche Themen. Besonders beleuchten wir den Werklohnanspruch nach Auftraggeberkündigung, um Ihnen ein besseres Verständnis für diese komplexe Materie zu vermitteln. Unsere sorgfältige Aufbereitung der Informationen unterstützt Sie dabei, informierte Entscheidungen zu treffen und Ihre Rechte zu wahren.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was passiert mit meinem Vergütungsanspruch, wenn der Auftraggeber den Werkvertrag frei kündigt?
- Welche Nachweise muss ich als Auftragnehmer erbringen, um meinen Werklohnanspruch nach einer Kündigung geltend zu machen?
- Was muss der Auftraggeber nachweisen, um höhere ersparte Aufwendungen geltend zu machen?
- Wie beeinflusst die konkludente Annahme eines Angebots den Werklohnanspruch?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Was passiert mit meinem Vergütungsanspruch, wenn der Auftraggeber den Werkvertrag frei kündigt?
Bei einer freien Kündigung des Werkvertrags durch den Auftraggeber behalten Sie als Unternehmer grundsätzlich Ihren vollen Vergütungsanspruch. Dies ist in § 648 Satz 2 BGB geregelt. Allerdings müssen Sie sich bestimmte Beträge anrechnen lassen:
Ersparte Aufwendungen
Sie müssen sich die Aufwendungen anrechnen lassen, die Sie durch die Kündigung einsparen. Dazu gehören beispielsweise nicht beschafftes Material oder nicht bezahlte Löhne für die noch nicht ausgeführten Arbeiten. Diese ersparten Kosten werden von Ihrem Vergütungsanspruch abgezogen.
Anderweitiger Erwerb
Wenn Sie durch die frei gewordenen Kapazitäten andere Aufträge annehmen können, müssen Sie sich den daraus erzielten Gewinn ebenfalls anrechnen lassen. Dies gilt auch für Gewinne, die Sie böswillig nicht erzielt haben, obwohl Sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten.
Berechnung des Vergütungsanspruchs
Um Ihren Vergütungsanspruch zu berechnen, gehen Sie wie folgt vor:
- Ermitteln Sie die vereinbarte Gesamtvergütung.
- Ziehen Sie davon die ersparten Aufwendungen ab.
- Ziehen Sie den anderweitigen Erwerb ab.
Das Ergebnis ist der Betrag, den Sie vom Auftraggeber verlangen können.
Beweislast und Darlegung
Als Unternehmer müssen Sie Ihre Kalkulation offenlegen und darlegen, welche Aufwendungen Sie erspart haben. Der Auftraggeber trägt die Beweislast dafür, dass Sie mehr erspart oder anderweitig erworben haben, als Sie angeben.
Wenn Sie als Unternehmer von einer freien Kündigung betroffen sind, ist es ratsam, Ihre Kalkulation und die ersparten Aufwendungen sorgfältig zu dokumentieren. Dies erleichtert die Durchsetzung Ihres Vergütungsanspruchs erheblich.
Welche Nachweise muss ich als Auftragnehmer erbringen, um meinen Werklohnanspruch nach einer Kündigung geltend zu machen?
Als Auftragnehmer müssen Sie nach einer Kündigung des Werkvertrags durch den Auftraggeber verschiedene Nachweise erbringen, um Ihren Werklohnanspruch geltend zu machen:
Dokumentation der erbrachten Leistungen
Führen Sie eine detaillierte Aufstellung aller bis zur Kündigung erbrachten Leistungen. Dies umfasst sowohl vollständig abgeschlossene als auch teilweise fertiggestellte Arbeiten. Erstellen Sie hierzu eine chronologische Liste mit Datum, Art der Tätigkeit und Zeitaufwand. Fügen Sie, wenn möglich, Fotos oder andere visuelle Belege bei, die den Fortschritt der Arbeiten dokumentieren.
Nachweis der vereinbarten Vergütung
Legen Sie den ursprünglichen Werkvertrag vor, der die vereinbarte Gesamtvergütung und eventuelle Teilzahlungen aufführt. Ergänzen Sie dies durch etwaige Nachträge oder schriftliche Vereinbarungen über Zusatzleistungen. Wenn Sie bereits Abschlagsrechnungen gestellt haben, fügen Sie diese ebenfalls bei.
Aufstellung der ersparten Aufwendungen
Erstellen Sie eine detaillierte Auflistung der Aufwendungen, die Sie durch die vorzeitige Beendigung des Vertrags einsparen. Dazu gehören beispielsweise nicht benötigte Materialien, eingesparte Personalkosten oder nicht anfallende Fahrtkosten. Seien Sie hier so transparent wie möglich, da Sie sich diese ersparten Aufwendungen von Ihrem Vergütungsanspruch abziehen lassen müssen.
Nachweis anderweitiger Verwendung der Arbeitskraft
Wenn Sie nach der Kündigung andere Aufträge angenommen haben, dokumentieren Sie diese anderweitige Verwendung Ihrer Arbeitskraft. Führen Sie auf, welche Einnahmen Sie dadurch erzielt haben, da auch diese von Ihrem Vergütungsanspruch abgezogen werden müssen.
Kalkulation des entgangenen Gewinns
Legen Sie eine nachvollziehbare Berechnung des entgangenen Gewinns vor, der Ihnen durch die Nichtvollendung des Werkes entsteht. Basieren Sie diese Kalkulation auf Ihrer ursprünglichen Angebotskalkulation und berücksichtigen Sie dabei die bereits erbrachten Leistungen sowie die ersparten Aufwendungen.
Kommunikation mit dem Auftraggeber
Sammeln Sie alle relevanten E-Mails, Briefe oder Protokolle von Gesprächen mit dem Auftraggeber. Diese Dokumente können wichtig sein, um den Verlauf der Zusammenarbeit und eventuelle Gründe für die Kündigung nachzuvollziehen.
Wenn Sie diese Nachweise sorgfältig zusammenstellen, schaffen Sie eine solide Grundlage für die Geltendmachung Ihres Werklohnanspruchs. Beachten Sie, dass die Anforderungen an die Nachweise je nach Komplexität des Projekts und den Umständen der Kündigung variieren können. Je detaillierter und transparenter Ihre Dokumentation ist, desto besser können Sie Ihren Anspruch begründen und durchsetzen.
Was muss der Auftraggeber nachweisen, um höhere ersparte Aufwendungen geltend zu machen?
Um höhere ersparte Aufwendungen geltend zu machen, muss der Auftraggeber konkret darlegen und beweisen, dass die tatsächlich ersparten Aufwendungen des Unternehmers höher sind als von diesem angegeben. Dies ergibt sich aus der Beweislastverteilung nach § 649 BGB.
Darlegung konkreter Tatsachen
Der Auftraggeber muss spezifische Umstände aufzeigen, die belegen, dass der Unternehmer mehr Aufwendungen erspart hat. Bloße Vermutungen oder pauschale Behauptungen reichen nicht aus. Stellen Sie sich vor, Sie als Auftraggeber vermuten, dass der Unternehmer weniger Material bestellt hat als ursprünglich geplant. In diesem Fall müssten Sie konkrete Anhaltspunkte dafür vorlegen, etwa Lieferscheine oder Zeugenaussagen.
Beweisführung
Die Beweislast liegt beim Auftraggeber. Er muss sämtliche Beweise vorlegen, die seine Behauptungen stützen. Dies können sein:
- Sachverständigengutachten
- Zeugenaussagen
- Urkunden (z.B. Rechnungen, Lieferscheine)
- Fotos oder Videos der Baustelle
Widerlegung der Unternehmerkalkulation
Hat der Unternehmer seine Kalkulation offengelegt, muss der Auftraggeber deren Unrichtigkeit nachweisen. Es genügt nicht, die Kalkulation pauschal als überhöht zu bezeichnen. Vielmehr müssen Sie als Auftraggeber detailliert aufzeigen, an welchen Stellen die Kalkulation von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht.
Berücksichtigung der 5%-Vermutung
Seit 2009 gilt die gesetzliche Vermutung, dass dem Unternehmer 5% der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Wenn Sie als Auftraggeber niedrigere ersparte Aufwendungen geltend machen wollen, müssen Sie diese 5%-Vermutung widerlegen.
Wie beeinflusst die konkludente Annahme eines Angebots den Werklohnanspruch?
Die konkludente Annahme eines Angebots kann einen Werklohnanspruch begründen, auch wenn keine ausdrückliche Zustimmung erfolgt ist. Wenn Sie als Auftraggeber auf ein Angebot eines Handwerkers nicht ausdrücklich reagieren, aber durch Ihr Verhalten zu verstehen geben, dass Sie mit der Ausführung der Arbeiten einverstanden sind, kann dies als konkludente Annahme gewertet werden.
Voraussetzungen für eine konkludente Annahme
Für eine wirksame konkludente Annahme müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:
- Es muss ein eindeutiges Angebot vorliegen, das alle wesentlichen Vertragspunkte enthält.
- Ihr Verhalten als Auftraggeber muss unmissverständlich auf eine Annahme schließen lassen.
- Es darf kein ausdrücklicher Widerspruch Ihrerseits erfolgen.
Wenn Sie beispielsweise einen Handwerker in Ihr Haus lassen und ihn mit den Arbeiten beginnen lassen, ohne zu widersprechen, kann dies als konkludente Annahme seines Angebots gewertet werden.
Auswirkungen auf den Werklohnanspruch
Bei einer konkludenten Annahme entsteht ein rechtsgültiger Werkvertrag. Dies hat folgende Konsequenzen für den Werklohnanspruch:
- Der Handwerker hat Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, sobald das Werk abgenommen ist.
- Wurde keine konkrete Vergütung vereinbart, gilt die übliche Vergütung als vereinbart (§ 632 Abs. 2 BGB).
- Der Werklohnanspruch entsteht in voller Höhe, auch wenn die Annahme nur konkludent erfolgte.
Rechtliche Grundlagen
Die konkludente Annahme basiert auf dem Grundsatz der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit. § 151 BGB regelt, dass ein Vertrag auch ohne ausdrückliche Annahmeerklärung zustande kommen kann, wenn eine solche nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist.
Für den Werklohnanspruch sind insbesondere die §§ 631, 632 BGB relevant. § 631 BGB begründet den grundsätzlichen Anspruch des Werkunternehmers auf Vergütung, während § 632 BGB die Höhe der Vergütung regelt, falls keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Werkvertrag: Ein Werkvertrag ist ein rechtlicher Vertrag zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer, bei dem der Auftragnehmer sich verpflichtet, ein bestimmtes Werk oder eine Dienstleistung zu erbringen, während der Auftraggeber im Gegenzug einen vereinbarten Betrag (Werklohn) zahlt. Ein Beispiel für einen Werkvertrag ist der Bau eines Hauses oder die Durchführung von Renovierungsarbeiten. Der Werkvertrag ist im deutschen Recht durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in § 631 BGB. Bei Problemen, wie etwa einer Kündigung des Vertrages durch den Auftraggeber, stellt sich die Frage, welche finanziellen Ansprüche der Auftragnehmer hat.
- Werklohnanspruch: Der Werklohnanspruch ist das Recht des Auftragnehmers, die vereinbarte Vergütung für die erbrachten Leistungen zu verlangen. Wenn ein Auftragnehmer beispielsweise einen Auftrag zur Installation von Estrich angenommen hat, steht ihm der Werklohn zu, sobald er die Arbeit durchgeführt hat. Nach einer Kündigung des Vertrages muss das Gericht entscheiden, inwieweit der Auftragnehmer für bereits erbrachte Leistungen eine Zahlung verlangen kann, auch wenn die Arbeiten nicht vollständig abgeschlossen sind. Die Höhe des Werklohns kann je nach Vereinbarung und den Umständen der Kündigung variieren.
- Kündigung: Die Kündigung ist die einseitige Erklärung einer Vertragspartei, dass sie den bestehenden Vertrag beenden möchte. Im Bauwesen kann der Auftraggeber einen Vertrag zum Beispiel kündigen, wenn er mit den Leistungen des Auftragnehmers unzufrieden ist. Die Kündigung hat rechtliche Folgen, unter anderem in Bezug auf den Werklohnanspruch des Auftragnehmers und die Verpflichtungen, die er bereits erfüllt hat. Eine Kündigung muss in der Regel innerhalb bestimmter Fristen erfolgen und sollte schriftlich dokumentiert sein, um Missverständnisse zu vermeiden.
- Freie Kündigung: Eine freie Kündigung ist die Möglichkeit, einen Vertrag ohne Angabe von Gründen einseitig zu beenden. Im Gegensatz zu einer ordentlichen Kündigung, die bestimmte Fristen und Bedingungen beachten muss, kann die freie Kündigung sofort wirksam werden. Für Bauunternehmer ist dies wichtig, da sie im Falle einer solchen Kündigung prüfen müssen, ob und in welcher Höhe sie Anspruch auf eine Vergütung haben. Es ist entscheidend zu verstehen, dass auch im Falle einer freien Kündigung dem Auftragnehmer bestimmte Vergütungsansprüche zustehen können.
- Beweislast: Die Beweislast bezeichnet, wer die Verantwortung trägt, bestimmte Tatsachen in einem rechtlichen Verfahren nachzuweisen. Im Kontext von Werkverträgen kann es wichtig sein, dass der Auftragnehmer beweisen muss, welche Arbeiten er bereits erledigt hat und welche Kosten ihm entstanden sind, insbesondere bei entsprechenden Kündigungen. Wenn der Auftragnehmer diese Nachweise nicht erbringt, könnte er im Nachteil sein. Ein Beispiel ist der Fall, dass der Auftraggeber höhere ersparte Aufwendungen geltend macht; in diesem Fall könnte das Gericht entscheiden, dass der Auftraggeber die Beweislast trägt.
- Pauschalvergütung: Die Pauschalvergütung ist ein im Voraus vereinbarter fester Betrag, den der Auftraggeber an den Auftragnehmer für die Erbringung einer bestimmten Leistung zahlt, unabhängig von den tatsächlichen Kosten oder dem Aufwand. Dies bedeutet, dass der Auftragnehmer in der Regel das Risiko trägt, wenn die Kosten seine Erwartungen übersteigen. In einem Bauprojekt könnte dies beispielsweise der Fall sein, wenn der Unternehmer für die Montage eines Estrichs einen Pauschalbetrag vereinbart, ohne dass zusätzliche Kosten für Materialien oder unerwartete Arbeiten anfallend.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 631 BGB – Werkvertrag: Dieser Paragraph regelt die Grundlagen des Werkvertrags und definiert die Pflichten des Unternehmers, ein Werk herzustellen, sowie die des Bestellers, den vereinbarten Werklohn zu zahlen. Im vorliegenden Fall wurde ein Werkvertrag über den Einbau eines Estrichs zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossen, was die Basis für den Werklohnanspruch der Klägerin darstellt.
- § 648 Satz 2 BGB – Kündigungsrecht des Auftraggebers: Laut diesem Paragraphen hat der Auftraggeber das Recht, den Werkvertrag jederzeit zu kündigen. Diese Kündigung führt dazu, dass der Unternehmer Anspruch auf eine angemessene Vergütung geleistet bekommt. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin aus einer freien Kündigung der Beklagten einen Werklohnanspruch geltend gemacht, was die rechtliche Grundlage für die Durchsetzung ihrer Forderung darstellt.
- § 16 Abs. 3 VOB/B – Vergütungsanspruch: Dieser Paragraph der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen regelt, dass der Unternehmer auch im Falle eines vorzeitigen Abbruchs des Werkvertrags Anspruch auf die Vergütung der erbrachten Leistungen hat. Da die Klägerin für ihre Leistungen eine Vergütung verlangt hat, ist dieser Paragraph in Bezug auf die vorliegende Streitigkeit von großer Relevanz.
- § 147 Abs. 2 BGB – Annahmefrist: Der Paragraph beschreibt, dass ein Angebot innerhalb einer bestimmten Frist angenommen werden muss, andernfalls verliert es seine Gültigkeit. Das Gericht hat hier entschieden, dass die Annahme der Beklagten zu spät war, was die Grundlage der rechtlichen Argumentation zur Beurteilung des Vertragsschlusses zwischen den Parteien war.
- § 150 Abs. 1 BGB – Neues Angebot bei abweichender Annahme: Laut diesem Paragraphen wird eine abweichende Annahme als neues Angebot betrachtet. Im konkreten Fall wurde die E-Mail der Zeugin S1 als neues Angebot gewertet, was den Verlauf des Vertrags und die Ansprüche der Klägerin beeinflusst hat, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 12 U 54/22 – Urteil vom 22.03.2023
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