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Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch Vermieter – Amtsgerichte sachlich zuständig

Die aktuelle Rechtsprechung bestätigt, dass Amtsgerichte zuständig sind, wenn es um die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch Vermieter geht. Dies stärkt die Position der Mieter und gewährleistet raschere und effizientere Behandlungen solcher Fälle. Vermieter sollten ihre Pflichten ernst nehmen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Es geht um einen Rechtsstreit, in dem eine Mieterin Schadensersatzansprüche gegen ihre Vermieterin und die Hausverwaltung geltend macht, weil sie auf einer nassen Treppe im Haus gestürzt ist.
  • Die Mieterin wirft der Vermieterin und der Hausverwaltung vor, ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben, da die Treppe nicht ordnungsgemäß gereinigt und kein Warnschild aufgestellt wurde.
  • Es besteht Uneinigkeit darüber, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist: das Amtsgericht oder das Landgericht.
  • Das Gericht entschied, dass das Amtsgericht München zuständig ist.
  • Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Amtsgericht München für Wohnraummietstreitigkeiten zuständig ist, wenn der Wohnraum in seinem Bezirk liegt.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Zuständigkeit für ähnliche Rechtsstreitigkeiten, bei denen es um Schadensersatzansprüche von Mietern gegen Vermieter oder Hausverwaltungen geht. Mieter können in solchen Fällen davon ausgehen, dass das Amtsgericht zuständig ist, wenn der Wohnraum in dessen Bezirk liegt.

Vermieter-Haftung: Wie ein Gericht über die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht entschied

Verkehrssicherungspflichten sind ein grundlegendes Prinzip im deutschen Recht, das jeden dazu verpflichtet, Gefahrenquellen auf seinem Grundstück oder in seinem Einflussbereich zu beseitigen oder zumindest zu minimieren. Dies gilt insbesondere für Vermieter, die ihren Mietern ein sicheres und nutzbares Wohngebäude zur Verfügung stellen müssen.

Gerne geschehen Unfälle, die auf mangelnde Verkehrssicherungspflicht zurückzuführen sind, auf dem Weg in den Keller, auf dem Dach oder bei der Benutzung des Treppenhauses. Doch wie verhält es sich, wenn ein Mieter aufgrund eines Mangels am Gebäude zu Schaden kommt und den Vermieter für die entstandenen Schäden haftbar machen möchte? In diesen Fällen liegt die sachliche Zuständigkeit bei den Amtsgerichten. Diese entscheiden über Schadensersatzforderungen, die aus einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht resultieren.

Wie genau sich die Rechtsprechung im Einzelfall gestaltet, zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil, das wir im Folgenden näher beleuchten möchten.

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Wir verstehen die Unsicherheit und den Ärger, wenn Vermieter ihre Pflichten vernachlässigen. Mit unserer langjährigen Erfahrung im Mietrecht und fundierter Expertise in der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen stehen wir Ihnen zur Seite. Nutzen Sie unsere unverbindliche Ersteinschätzung, um Ihre Rechte zu kennen und den optimalen Weg für Ihr Anliegen zu finden. Kontaktieren Sie uns noch heute – Ihr erster Schritt zu einer möglichen Entschädigung.

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Der Fall vor Gericht


Unfall auf nasser Treppe: Mieterin verklagt Vermieterin und Hausverwaltung

Die Mieterin einer Wohnung in München hat nach einem Sturz auf einer nassen Treppe im Wohnhaus Schadensersatzansprüche gegen ihre Vermieterin und die zuständige Hausverwaltung geltend gemacht. Der Vorfall ereignete sich am 7. August 2020, als die Mieterin auf der Treppe zwischen Hauseingang und Wohnung ausrutschte und sich dabei erhebliche Verletzungen zuzog.

Vorwurf der mangelnden Verkehrssicherung

Die Klägerin wirft den Beklagten vor, ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt zu haben. Konkret macht sie geltend, dass die Treppe zum Unfallzeitpunkt nass gereinigt worden sei, ohne dass ein Warnschild auf die Rutschgefahr hingewiesen habe. Das von der Hausverwaltung beauftragte Reinigungsunternehmen habe nicht die gebotene Sorgfalt walten lassen. Die Vermieterin soll aus dem Mietvertrag und die Hausverwaltung aus Delikt für den entstandenen Schaden haften.

Streit um die gerichtliche Zuständigkeit

Es entstand ein Zuständigkeitskonflikt zwischen Amtsgericht und Landgericht. Das zunächst angerufene Landgericht München I wies auf die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen hin. Die Klägerin widersprach diesem Hinweis und argumentierte, dass der Schwerpunkt auf deliktischen Handlungen liege. Vorsorglich beantragte sie eine Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Oberlandesgericht.

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts

Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied, dass das Amtsgericht München als das für den Rechtsstreit gegen beide Beklagten sachlich zuständige Gericht zu bestimmen sei. Begründet wurde dies wie folgt:

  1. Für die Klage gegen die Vermieterin besteht eine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG, da es sich um eine Streitigkeit aus einem Wohnraummietverhältnis handelt. Dies gilt auch dann, wenn neben mietrechtlichen auch deliktische Ansprüche geltend gemacht werden.
  2. Für die Klage gegen die Hausverwaltung wäre eigentlich das Landgericht zuständig, da hier kein Mietverhältnis besteht und der Streitwert über 5.000 Euro liegt.
  3. Da die Klagen gegen beide Beklagte in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, ist eine einheitliche Verhandlung vor einem Gericht sinnvoll.
  4. Das Gericht entschied sich für das Amtsgericht München, um der Spezialisierung für Wohnraummietstreitigkeiten Rechnung zu tragen. Die mietrechtliche Beurteilung könnte auch für die Klage gegen die Hausverwaltung von Bedeutung sein.

Das Bayerische Oberste Landesgericht betonte, dass die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach Zweckmäßigkeit und Prozessökonomie erfolge. Die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts für Wohnraummietstreitigkeiten stehe einer einheitlichen Zuständigkeitsbestimmung nicht entgegen.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung unterstreicht den Vorrang der Amtsgerichtszuständigkeit bei Wohnraummietstreitigkeiten, selbst wenn deliktische Ansprüche hinzukommen. Sie zeigt, dass bei sachlichem Zusammenhang verschiedener Klagen eine einheitliche Verhandlung vor dem spezialisierten Gericht prozessökonomisch sinnvoll ist. Dies stärkt die Rolle der Amtsgerichte in mietrechtlichen Angelegenheiten und fördert eine effiziente, fachkundige Rechtsprechung in diesem Bereich.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter, der durch einen Mangel am Gebäude zu Schaden gekommen ist, stärkt dieses Urteil Ihre Position. Es bestätigt, dass Verkehrssicherungspflichten des Vermieters Teil des Mietvertrags sind und Ansprüche daraus vor dem Amtsgericht verhandelt werden. Dies gilt auch, wenn Sie zusätzlich die Hausverwaltung verklagen möchten. Für Sie bedeutet das einen einfacheren Zugang zum Recht, da Amtsgerichte oft bürgerfreundlicher und kostengünstiger sind. Um Ihre Ansprüche geltend zu machen, sollten Sie den Vorfall genau dokumentieren, Zeugen benennen und medizinische Befunde sichern. Ein spezialisierter Anwalt kann Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte helfen.


FAQ – Häufige Fragen

Verkehrssicherungspflichten von Vermietern sind ein komplexes Rechtsgebiet, das sowohl Mieter als auch Vermieter betrifft. Diese FAQ-Rubrik soll Ihnen einen fundierten Überblick über die wichtigsten Aspekte dieses Themas bieten, um Ihnen bei der Klärung Ihrer Fragen und der Durchsetzung Ihrer Rechte zu helfen.


Welche konkreten Pflichten hat ein Vermieter zur Verkehrssicherung?

Die Verkehrssicherungspflicht eines Vermieters umfasst eine Vielzahl konkreter Maßnahmen, die darauf abzielen, Gefahren für Mieter und andere Personen auf dem Grundstück zu minimieren. Diese Pflicht erstreckt sich auf alle Bereiche, die der Vermieter kontrollieren kann und die von Mietern oder Besuchern genutzt werden.

Im Außenbereich muss der Vermieter für sichere Zugänge zum Haus, Hof, zu Garagen und Mülltonnen sorgen. Dies beinhaltet die Beseitigung von Schnee und Eis im Winter sowie die Entfernung von Laub im Herbst. Stolperfallen wie unebene Pflastersteine oder hervorstehende Baumwurzeln sind zu beseitigen. Wege und Treppen müssen ausreichend beleuchtet sein, um Unfälle zu vermeiden.

Innerhalb des Gebäudes erstreckt sich die Verkehrssicherungspflicht auf gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Treppenhäuser, Flure und Aufzüge. Der Vermieter muss sicherstellen, dass die Treppenhausbeleuchtung funktioniert und beschädigte Treppenstufen oder Handläufe umgehend repariert werden. Fluchtwege sind freizuhalten und dürfen nicht durch Gegenstände blockiert werden.

Besondere Aufmerksamkeit gilt technischen Anlagen wie Heizungen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen. Diese müssen regelmäßig gewartet und auf ihre Sicherheit überprüft werden. Bei Aufzügen ist eine besonders sorgfältige Überprüfung der Türverschlüsse erforderlich.

Das Dach des Gebäudes fällt ebenfalls unter die Verkehrssicherungspflicht. Lose Dachziegel, beschädigte Regenrinnen oder andere Gefahrenquellen müssen zeitnah beseitigt werden. Nach Unwettern oder Stürmen ist eine zusätzliche Kontrolle ratsam, um mögliche neue Schäden zu identifizieren und zu beheben.

Balkone erfordern besondere Aufmerksamkeit. Der Vermieter muss regelmäßig überprüfen, ob der Boden intakt ist und Balkonpflanzkästen sicher angebracht sind. Auch die Unterseite der Balkone ist zu kontrollieren, da abplatzende Fassadenteile eine erhebliche Gefahr darstellen können.

Bei Bäumen auf dem Grundstück ist der Vermieter verpflichtet, diese auf Standfestigkeit zu prüfen und die Gefahr abbrechender Äste zu minimieren. Dies kann regelmäßige Baumschnitte oder in extremen Fällen sogar die Fällung kranker Bäume erforderlich machen.

Die Durchführung regelmäßiger Kontrollen ist ein zentraler Bestandteil der Verkehrssicherungspflicht. Es wird empfohlen, diese Begehungen zu protokollieren, um im Schadensfall die Einhaltung der Pflichten nachweisen zu können. Die Häufigkeit der Kontrollen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei beispielsweise das Dach mindestens alle drei Monate überprüft werden sollte.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Vermieter bestimmte Aufgaben wie den Winterdienst oder das Laubkehren auf die Mieter übertragen kann. Dies muss jedoch ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart werden. Trotz einer solchen Übertragung bleibt der Vermieter in der Verantwortung, die ordnungsgemäße Durchführung zu überwachen.

Die Gerichte stellen hohe Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Vermieters. Bei Verletzungen Dritter aufgrund mangelnder Verkehrssicherung kann eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen, wenn der Vermieter nicht nachweisen kann, dass er oder ein Vertreter regelmäßige Kontrollen durchgeführt haben.

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Wie kann ich als Mieter nachweisen, dass der Vermieter seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat?

Der Nachweis einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Vermieter erfordert vom Mieter eine sorgfältige Dokumentation und Beweisführung. Grundsätzlich trägt der Mieter als Geschädigter die Beweislast für die Pflichtverletzung des Vermieters. Allerdings hat die Rechtsprechung in bestimmten Fällen Beweiserleichterungen zugunsten des Mieters entwickelt.

Zentrale Beweismittel für den Mieter sind zunächst Fotos oder Videos, die den mangelhaften Zustand oder die Gefahrenquelle dokumentieren. Diese sollten möglichst zeitnah zum Schadenseintritt aufgenommen werden und das Datum der Aufnahme erkennen lassen. Ergänzend können Zeugenaussagen von Nachbarn, Besuchern oder unbeteiligten Dritten den Zustand bestätigen.

Ein wichtiges Beweisdokument ist die schriftliche Mängelanzeige an den Vermieter. Sie belegt, dass der Vermieter Kenntnis von dem Problem hatte und somit die Möglichkeit zur Beseitigung. Der Mieter sollte den Zugang der Mängelanzeige nachweisen können, etwa durch ein Einschreiben mit Rückschein.

In komplexeren Fällen kann ein Sachverständigengutachten erforderlich sein, um die Ursache des Mangels oder der Gefahr zu klären. Dies ist besonders relevant, wenn technische Fragen zu beurteilen sind, etwa bei Baumängeln oder Installationsproblemen.

Die Rechtsprechung gewährt dem Mieter in bestimmten Konstellationen Beweiserleichterungen. So greift bei typischen Geschehensabläufen der Anscheinsbeweis. Löst sich beispielsweise ein Türgriff beim normalen Gebrauch, spricht der erste Anschein für eine mangelhafte Unterhaltung durch den Vermieter. In solchen Fällen muss der Vermieter den Gegenbeweis antreten und darlegen, dass er seinen Pflichten nachgekommen ist.

Bei der Beweisführung sollte der Mieter chronologisch vorgehen und alle relevanten Umstände dokumentieren. Dazu gehören der Zeitpunkt der Entdeckung des Mangels, die Meldung an den Vermieter, eventuelle Reaktionen des Vermieters und der Schadenseintritt. Je detaillierter und lückenloser diese Dokumentation ist, desto überzeugender ist sie vor Gericht.

Wichtig ist auch die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden nachzuweisen. Der Mieter muss darlegen, dass der Schaden gerade wegen der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht entstanden ist und nicht aus anderen Gründen.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass Gerichte hohe Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters stellen. Der Vermieter muss nachweisen, dass er alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um Gefahren abzuwenden. Dies umfasst regelmäßige Kontrollen und die unverzügliche Beseitigung erkannter Gefahrenquellen.

Für den Mieter bedeutet dies, dass er gut beraten ist, frühzeitig und umfassend zu dokumentieren. Selbst scheinbar unbedeutende Details können im Streitfall relevant werden. Eine sorgfältige Sammlung von Beweisen stärkt die Position des Mieters erheblich und erhöht die Chancen auf eine erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen.

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Welche Schäden können bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Vermieter geltend gemacht werden?

Bei einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Vermieter können verschiedene Arten von Schäden geltend gemacht werden. Die Ersatzfähigkeit dieser Schäden richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts.

Sachschäden sind in der Regel vollumfänglich ersatzfähig. Hierzu zählen beispielsweise Schäden an Kleidung oder persönlichen Gegenständen, die durch einen Sturz aufgrund mangelhafter Verkehrssicherung beschädigt wurden. Der Geschädigte hat Anspruch auf Wiederherstellung oder Ersatz des beschädigten Eigentums.

Ein wichtiger Posten bei Personenschäden ist das Schmerzensgeld. Es dient dem Ausgleich für erlittene Schmerzen und Beeinträchtigungen. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Schwere der Verletzung, der Dauer der Heilbehandlung und möglichen Dauerschäden. Bei gravierenden Verletzungen kann das Schmerzensgeld erhebliche Summen erreichen.

Auch Verdienstausfall ist ein ersatzfähiger Schaden. Wenn der Geschädigte aufgrund der erlittenen Verletzung arbeitsunfähig wird, kann er den dadurch entstandenen Einkommensverlust geltend machen. Dies umfasst sowohl den kurzfristigen Verdienstausfall während der akuten Behandlungsphase als auch mögliche langfristige Einbußen bei dauerhafter Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit.

Behandlungskosten sind ebenfalls ersatzfähig. Dazu gehören Arztkosten, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Physiotherapie und andere notwendige medizinische Maßnahmen. Auch Kosten für Hilfsmittel wie Krücken oder Rollstühle fallen darunter.

In bestimmten Fällen können auch Mehraufwendungen im Haushalt geltend gemacht werden. Wenn der Geschädigte aufgrund seiner Verletzung vorübergehend oder dauerhaft Hilfe im Haushalt benötigt, können diese Kosten Teil des Schadensersatzes sein.

Bei besonders schweren Verletzungen mit bleibenden Folgen kann auch eine Rente zum Ausgleich der verminderten Erwerbsfähigkeit in Betracht kommen. Diese zielt darauf ab, den dauerhaften finanziellen Nachteil auszugleichen, den der Geschädigte durch die Verletzung erleidet.

Die Höhe des Schadensersatzes wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Das Maß des Verschuldens des Vermieters spielt eine Rolle. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann der Schadensersatz höher ausfallen als bei leichter Fahrlässigkeit. Auch ein mögliches Mitverschulden des Geschädigten wird berücksichtigt und kann zu einer Minderung des Schadensersatzanspruchs führen.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Geschädigte die Beweislast für den erlittenen Schaden trägt. Er muss nachweisen, dass der Schaden durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters entstanden ist. Dabei gilt der Grundsatz der Adäquanz: Nur solche Schäden sind ersatzfähig, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung noch im Rahmen der zu erwartenden Folgen liegen.

Der Schutzzweck der Norm begrenzt den Umfang des ersatzfähigen Schadens zusätzlich. Es werden nur solche Schäden ersetzt, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Verkehrssicherungspflicht besteht. Schäden, die sich aus dem allgemeinen Lebensrisiko ergeben, sind in der Regel nicht ersatzfähig.

In der Praxis werden viele Schadensersatzfälle durch die Haftpflichtversicherung des Vermieters reguliert. Diese deckt in der Regel Personen- und Sachschäden ab, die durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht entstehen. Die Versicherung prüft den Anspruch und übernimmt bei berechtigten Forderungen die Schadensregulierung.

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Welche Fristen muss ich als Mieter beachten, um meine Ansprüche geltend zu machen?

Im Mietrecht gelten für Mieter verschiedene Fristen, die unbedingt beachtet werden müssen, um Ansprüche nicht zu verlieren. Eine zentrale Vorschrift ist § 548 BGB, der eine kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten für Ersatzansprüche des Mieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache vorsieht. Diese Frist beginnt mit der Beendigung des Mietverhältnisses, also in der Regel mit der Rückgabe der Wohnung an den Vermieter.

Für Schadensersatzansprüche aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Vermieter gilt hingegen die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Kenntnis des Mieters sich nur auf die Tatsachen beziehen muss, nicht auf die rechtliche Bewertung. Sobald der Mieter also von einem Schaden weiß, der durch eine mögliche Verletzung der Verkehrssicherungspflicht entstanden ist, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen – unabhängig davon, ob der Mieter die rechtlichen Konsequenzen daraus zieht.

Bei der Berechnung der Fristen sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. So hemmen Verhandlungen zwischen Mieter und Vermieter über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände die Verjährung nach § 203 BGB. Die Verjährung ist gehemmt, bis einer der Beteiligten die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Dabei ist der Begriff der „Verhandlungen“ weit auszulegen und umfasst jeden Meinungsaustausch über den Schadensfall.

Für Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung gilt ebenfalls die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 BGB. Diese beginnt mit der Beendigung des Mietverhältnisses. Mieter sollten daher unmittelbar nach Auszug prüfen, ob sie solche Ansprüche geltend machen wollen, um die Frist nicht zu versäumen.

Bei Mängeln der Mietsache, die während des laufenden Mietverhältnisses auftreten, gelten die allgemeinen Verjährungsfristen. Ansprüche auf Mängelbeseitigung verjähren in der Regel erst nach 30 Jahren, da es sich um einen Erfüllungsanspruch handelt. Schadensersatzansprüche wegen Mängeln unterliegen hingegen der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist.

Es ist ratsam, Ansprüche möglichst zeitnah geltend zu machen, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Auch wenn die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist, kann die Durchsetzung von Ansprüchen mit zunehmendem zeitlichen Abstand schwieriger werden, da Beweise verloren gehen oder Erinnerungen verblassen können.

Mieter sollten auch beachten, dass bestimmte Ansprüche einer vorherigen Fristsetzung bedürfen. So muss dem Vermieter in der Regel eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt werden, bevor Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Gefahr im Verzug, kann auf eine Fristsetzung verzichtet werden.

Die Einhaltung dieser Fristen ist von großer Bedeutung, da verjährte Ansprüche in der Regel nicht mehr durchgesetzt werden können. Der Vermieter kann sich auf die Einrede der Verjährung berufen und die Leistung verweigern. Allerdings muss er diese Einrede aktiv erheben – das Gericht berücksichtigt die Verjährung nicht von Amts wegen.

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Welche Möglichkeiten habe ich, wenn sich der Vermieter weigert, für den Schaden aufzukommen?

Bei einer Weigerung des Vermieters, für einen Schaden aufzukommen, stehen dem Mieter verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung. Zunächst ist es ratsam, den Anspruch schriftlich geltend zu machen und dem Vermieter eine angemessene Frist zur Beseitigung des Schadens oder zur Kostenübernahme zu setzen. Dieses Vorgehen dient der Beweissicherung und kann im Falle eines späteren Rechtsstreits von Bedeutung sein.

Sollte der Vermieter weiterhin untätig bleiben, kann der Mieter eine Mietminderung in Erwägung ziehen. Die Höhe der Minderung muss dabei im angemessenen Verhältnis zur Beeinträchtigung des Wohngebrauchs stehen. Es ist jedoch Vorsicht geboten, da eine ungerechtfertigte oder zu hohe Mietminderung zu einer Kündigung führen kann.

Als nächster Schritt bietet sich die Einschaltung eines Schlichters oder Mediators an. Viele Städte und Gemeinden bieten kostenlose oder kostengünstige Schlichtungsstellen für Mietstreitigkeiten an. Dieses Verfahren ist freiwillig, kann aber helfen, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen und teure Gerichtsverfahren zu vermeiden.

Führen diese Maßnahmen nicht zum Erfolg, bleibt als letztes Mittel der Gang vor Gericht. Für Mietstreitigkeiten sind in der Regel die Amtsgerichte zuständig. Hier ist zu beachten, dass vor dem Amtsgericht kein Anwaltszwang besteht, was bedeutet, dass Mieter den Prozess auch ohne rechtlichen Beistand führen können. Dennoch ist es oft ratsam, sich anwaltlich beraten zu lassen, um die Erfolgsaussichten realistisch einschätzen zu können.

Bei der Entscheidung für ein gerichtliches Verfahren müssen die Prozesskosten berücksichtigt werden. Diese setzen sich aus Gerichtskosten und gegebenenfalls Anwaltskosten zusammen. Die Höhe der Kosten richtet sich nach dem Streitwert. Es gilt das Prinzip, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Bei einem Teilsieg werden die Kosten entsprechend aufgeteilt.

Ein wichtiger Aspekt ist die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe für Mieter mit geringem Einkommen. Diese kann beim zuständigen Gericht beantragt werden und deckt bei Bewilligung die Gerichtskosten sowie die Kosten des eigenen Anwalts ab.

Vor Beginn eines Gerichtsverfahrens sollten Mieter sorgfältig Beweise sichern. Dazu gehören Fotos oder Videos des Schadens, schriftliche Kommunikation mit dem Vermieter sowie Zeugenaussagen. Diese Dokumentation kann im Prozess von entscheidender Bedeutung sein.

Es ist zu beachten, dass ein Gerichtsverfahren Zeit und Nerven kosten kann. Die Dauer eines Mietprozesses kann je nach Komplexität des Falls und Auslastung des Gerichts mehrere Monate bis hin zu Jahren betragen.

Mieter sollten auch die Möglichkeit einer Rechtsschutzversicherung in Betracht ziehen. Diese kann die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits erheblich mindern. Allerdings ist zu beachten, dass bestehende Schäden von einer neu abgeschlossenen Versicherung in der Regel nicht abgedeckt werden.

In komplexeren Fällen oder bei hohen Streitwerten kann es sinnvoll sein, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Kosten hierfür können erheblich sein, werden aber bei einem Prozesssieg von der Gegenseite erstattet.

Abschließend ist zu betonen, dass jeder Fall individuell zu betrachten ist. Die Erfolgsaussichten hängen stark von den konkreten Umständen, der Beweislage und der rechtlichen Einordnung des Schadens ab. Eine sorgfältige Abwägung der Risiken und Chancen ist daher unerlässlich, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Verkehrssicherungspflicht: Diese Pflicht besagt, dass Eigentümer oder Besitzer eines Grundstücks dafür verantwortlich sind, Gefahrenquellen zu beseitigen oder zumindest davor zu warnen, um Unfälle zu verhindern. Im Mietrecht bedeutet dies, dass Vermieter dafür sorgen müssen, dass das Mietobjekt sicher ist.
  • Deliktische Handlung: Eine unerlaubte Handlung, die zu einem Schaden führt und nicht auf einem Vertrag beruht. Im vorliegenden Fall könnte die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Hausverwaltung als deliktische Handlung angesehen werden.
  • Sachliche Zuständigkeit: Die sachliche Zuständigkeit legt fest, welches Gericht für welche Art von Rechtsstreit zuständig ist. Hier geht es darum, ob das Amtsgericht oder das Landgericht für den Fall zuständig ist.
  • Wohnraummietverhältnis: Ein Mietverhältnis über Wohnraum ist ein Vertrag, bei dem der Vermieter dem Mieter Wohnraum gegen Zahlung einer Miete zur Verfügung stellt. In solchen Fällen ist in der Regel das Amtsgericht zuständig.
  • Streitgenossenschaft: Von Streitgenossenschaft spricht man, wenn mehrere Personen gemeinsam auf der Kläger- oder Beklagtenseite an einem Prozess beteiligt sind. Im vorliegenden Fall sind sowohl die Vermieterin als auch die Hausverwaltung Beklagte.
  • Prozessökonomie: Dieser Begriff beschreibt das Ziel, Gerichtsverfahren möglichst effizient und kostensparend zu gestalten. Im vorliegenden Fall wurde die Zuständigkeit des Amtsgerichts auch für die Klage gegen die Hausverwaltung festgelegt, um eine getrennte Verhandlung vor zwei Gerichten zu vermeiden und so den Prozess zu beschleunigen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 23 Nr. 2a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG): Dieser Paragraph regelt die ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten aus Wohnraummietverhältnissen. Im vorliegenden Fall ist dies relevant, da die Klage der Mieterin gegen ihre Vermieterin auf einem Mietvertrag basiert, was die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet.
  • § 36 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph ermöglicht die Bestimmung des zuständigen Gerichts bei mehreren Beklagten, wenn für einen Beklagten die ausschließliche Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts besteht (hier das Amtsgericht). Im vorliegenden Fall wurde diese Bestimmung genutzt, um das Amtsgericht auch für die Klage gegen die Hausverwaltung zuständig zu machen, obwohl diese eigentlich in die Zuständigkeit des Landgerichts fallen würde.
  • § 9 Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO): Dieses Gesetz regelt die Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts für die Bestimmung des zuständigen Gerichts, wenn das nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof ist. Im vorliegenden Fall war dies relevant, da das Landgericht München I und das Amtsgericht München in Betracht kamen und das Bayerische Oberste Landesgericht die Zuständigkeit bestimmen musste.
  • § 549 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph definiert den Begriff des Wohnraummietverhältnisses, der im vorliegenden Fall relevant ist, da die Klage der Mieterin gegen ihre Vermieterin auf einem solchen Mietverhältnis basiert. Das Vorliegen eines Wohnraummietverhältnisses begründet die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts.
  • § 60 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph definiert den Begriff der Streitgenossenschaft, der im vorliegenden Fall relevant ist, da die Mieterin sowohl die Vermieterin als auch die Hausverwaltung verklagt hat. Die Frage der Streitgenossenschaft war entscheidend für die Bestimmung des zuständigen Gerichts, da ein innerer sachlicher Zusammenhang zwischen den Klagen gegen beide Beklagten bestand.

Das vorliegende Urteil

Bayerisches Oberstes Landesgericht – Az.: 101 AR 80/24 e – Beschluss vom 18.06.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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Als für den Rechtsstreit (sachlich) zuständiges Gericht wird das Amtsgericht München bestimmt.

Gründe

I.

Mit ihrer zum Landgericht München I erhobenen Klage macht die in München wohnhafte Antragstellerin Schadensersatzansprüche gegen ihre Wohnungsvermieterin und die das Anwesen betreuende Hausverwaltung als Gesamtschuldner geltend.

Sie trägt vor, am 7. August 2020 auf der Treppe zwischen Hauseingang und Wohnung gestürzt zu sein und sich dabei erhebliche Verletzungen zugezogen zu haben. Die Treppe sei nass gereinigt worden; ein Warnschild vor der dadurch bedingten Rutschgefahr sei nicht aufgestellt gewesen. Das von der Hausverwaltung mit der Treppenreinigung beauftragte Unternehmen habe nicht die gebotene Sorgfalt walten lassen. Für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht hätten die Antragsgegnerin zu 1) als Vermieterin aus Vertrag und die Antragsgegnerin zu 2) als Hausverwaltung aus Delikt einzustehen.

Mit Verfügung vom 9. April 2024 wies das Landgericht die Parteien auf die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum hin. Ansprüche wegen Verletzung deliktischer Pflichten wie etwa Verkehrssicherungspflichten, die im Rahmen eines Mietverhältnisses zugleich eine Verletzung vertraglicher Pflichten bedeuteten, seien vor dem Amtsgericht geltend zu machen. Das gelte jedenfalls für die Ansprüche gegen die Vermieterin, möglicherweise aber auch für die Ansprüche gegen einen vom Vermieter in die Vertragsabwicklung eingeschalteten Dritten.

Die Antragstellerin widersprach diesem Hinweis. Sie hielt daran fest, dass das Landgericht zuständig sei. Pflichtverletzungen aus dem Mietvertrag seien in der vorliegenden Sache von allenfalls untergeordneter Bedeutung. Kern des Vorwurfs seien deliktische Handlungen. In solchen Fällen ergebe sich nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 12. Oktober 1995, 5 U 324/95, keine sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts aus § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG. Vorsorglich beantragte sie eine Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durch das zuständige Oberlandesgericht.

Die Antragsgegnerin zu 1) teilte mit, mit einer Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht einverstanden zu sein. Die Antragsgegnerin zu 2) trat dem entgegen, weil für die gegen sie gerichtete Klage angesichts der Anspruchshöhe die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet sei.

Mit Verfügung vom 23. Mai 2024 hat das Landgericht den Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Antragsgegnerin zu 1) hat geäußert, es erscheine sinnvoll, die streitgegenständlichen Ansprüche in einem einheitlichen Verfahren zu klären. Die Antragsgegnerin zu 2) hat nunmehr betont, es bestehe ein klarer Zusammenhang zwischen Mietvertrag und behaupteter Pflichtverletzung. Die Vermieterin habe die Hausreinigung auf die Mieter abgewälzt und zur Sicherstellung der Ausführung auf ein Reinigungsunternehmen übertragen. Der Unfall werde mit einer angeblichen Pflichtverletzung aus dem Hausreinigungsvertrag begründet. Für mietvertragliche Fragen sei das Amtsgericht zuständig.

II.

Auf den zulässigen Antrag bestimmt der Senat das Amtsgericht München als das für den Rechtsstreit gegen beide Antragsgegnerinnen sachlich zuständige Gericht.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist nach § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO für die Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts zuständig.

a) Der Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unterliegt – zumindest in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift – auch die sachliche Zuständigkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Februar 1984, I ARZ 395/83, BGHZ 90, 155 [juris Rn. 4 ff.]; BayObLG, Beschl. v. 24. August 2023, 102 AR 123/23 e, juris Rn. 17). Wenn ‒ wie im Streitfall ‒ eine gegen mehrere Streitgenossen zu richtende Klage für einen Teil der Streitgenossen eine zur Zuständigkeit des Amtsgerichts gehörende Mietsache über Wohnraum darstellt, während für den anderen Teil der Streitgenossen die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet ist, ist auf Antrag das für die Klage insgesamt zuständige Gericht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu bestimmen.

b) Die Bestimmungsentscheidung obliegt dem Bayerischen Obersten Landesgericht, da das im Instanzenzug nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht über den in Betracht kommenden erstinstanzlichen Gerichten, dem Amtsgericht München und dem Landgericht München I, der Bundesgerichtshof ist (vgl. BayObLG, Beschl. v. 19. Juli 2023, 101 AR 136/23 e, juris Rn. 25). An dessen Stelle tritt nach § 36 Abs. 2 ZPO im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört, bzw. in Bayern das Bayerische Oberste Landesgericht, § 9 EGZPO.

2. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit sind gegeben.

a) Das nach § 37 Abs. 1 ZPO erforderliche Gesuch der Antragstellerin um Bestimmung des zuständigen Gerichts liegt vor.

b) Die Antragsgegnerinnen sind ausgehend vom Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche Streitgenossinnen im Sinne des § 60 ZPO.

Die Vorschrift ist unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit weit auszulegen; entscheidend ist, ob zwischen den geltend gemachten Ansprüchen ein innerer sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang ergibt sich im Streitfall bereits daraus, dass die Antragsgegnerinnen im Hinblick auf dasselbe Unfallereignis auf Ersatz derselben Schäden in Anspruch genommen werden.

Darauf, ob das tatsächliche Vorbringen der Antragstellerin zutrifft, kommt es im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung ebenso wenig an wie auf die Schlüssigkeit der Klage im Übrigen (BayObLG, Beschl. v. 12. September 2022, 101 AR 105/22, juris Rn. 20; Beschl. v. 29. März 2021, 101 AR 16/21, juris Rn. 44; Beschl. v. 28. Oktober 1997, 1Z AR 74/97, NJW-RR 1998, 1291 [juris Rn. 4]; Schultzky in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 36 Rn. 28). Es genügt, dass auf der Grundlage des Tatsachenvortrags der Antragstellerin eine Ersatzpflicht beider Antragsgegnerinnen in Betracht kommen kann.

c) Ein für beide Antragsgegnerinnen gemeinsam zuständiges Gericht besteht im Streitfall nicht.

aa) Für die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) besteht streitwertunabhängig eine sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG, da es sich um eine Streitigkeit über Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis handelt. Diese Zuständigkeit ist ausschließlich, § 23 Nr. 2 Buchst. a) Halbsatz 2 GVG.

Unstreitig besteht zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1) ein Mietverhältnis über Wohnraum im Sinne des § 549 Abs. 1 BGB.

Die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts besteht bereits dann, wenn zumindest auch Ansprüche aus einem Wohnraummietverhältnis streitgegenständlich sind, selbst wenn daneben noch andere, etwa deliktische Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen. Für Rechtsstreitigkeiten wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die die beklagte Partei aufgrund ihrer Vermieterstellung treffen, ist danach ausschließlich das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Wohnraum belegen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4. Juli 2005, 24 W 20/05, MDR 2006, 327 [juris Rn. 2 ff.]; LG Stuttgart, Beschl. v. 23. Februar 2017, 16 O 412/16, juris Rn. 6 ff.; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 23 Rn. 26; auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 30. März 2015, 1 [Z] Sa 5/15, juris Rn. 14; Hunke in Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl. 2024, GVG § 23 Rn. 11).

So verhält es sich hier. In Betracht kommt ein Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gemäß § 549 Abs. 1 i. V. m. § 535 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, §§ 249, 253 Abs. 2 BGB aus dem Mietverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu 1). Denn die Verkehrssicherungspflicht, welche die Antragsgegnerin zu 1) in ihrer Eigenschaft als Vermieterin gegenüber der Antragstellerin als Mieterin trifft, erstreckt sich auf die mitvermieteten Zu- und Abgänge einschließlich der Treppen und Flure (zur Verkehrssicherungspflicht des Vermieters von Wohnraum etwa: BGH, Urt. v. 15. Oktober 2008, VIII ZR 321/07, NJW 2009, 143 Rn. 18 ff.; AG Dresden, Urt. v. 30. August 2007, 145 C 2115/07, juris Rn. 31 ff.; V. Emmerich in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2021, § 535 Rn. 29 f., Rn. 33; Lützenkirchen in Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl. 2021, § 535 BGB Rn. 451 ff.).

Ob daneben ein deliktischer Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 1, § 831 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, die der Antragsgegnerin zu 1) in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin der vermieteten Wohnung gegenüber jedermann obliegt, besteht, ist für die Zuständigkeitsfrage irrelevant. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz (Urt. v. 12. Oktober 1995, 5 U 324/95), auf die die Antragstellerin abstellt, ist zum Beleg für ihre abweichende Rechtsansicht nicht geeignet. In dem zugrundeliegenden Verfahren hatte das angerufene Landgericht das Klageverlangen nur im Hinblick auf eine deliktische Verantwortlichkeit der Beklagten sachlich geprüft, die Klage jedoch insoweit als unzulässig behandelt, als wegen desselben Vorwurfs eine Verletzung mietvertraglicher Pflichten im Raum gestanden hatte. Zutreffend hat das Oberlandesgericht als Berufungsgericht darauf abgestellt, dass eine Aufspaltung der gerichtlichen Zuständigkeit innerhalb des Zivilrechtswegs nicht (mehr) dem Gesetz entspricht. Diese Entscheidung begründet keine Divergenz, die Veranlassung für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 36 Abs. 3 ZPO gäbe.

bb) Für die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 2), mit der die Antragstellerin kein mietvertragliches Verhältnis verbindet, ist dagegen gemäß § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG, § 1 ZPO die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts begründet, weil im Verhältnis zu dieser keine dem Amtsgericht zugewiesene Streitigkeit in einer Wohnraumstreitigkeit vorliegt und der Streitwert der Klage bereits nach den bezifferten Anträgen über 5.000,00 € liegt.

3. Die Auswahl erfolgt nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit (Sachdienlichkeit) und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei das bestimmende Gericht ein Auswahlermessen hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12. November 2008, 1 BvR 2788/08, NJW 2009, 907 [juris Rn. 12 m. w. N.]; BayObLG, Beschl. v. 12. September 2022, 101 AR 105/22, juris Rn. 39; Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 29 m. w. N.).

Dass für einen oder mehrere der verklagten Streitgenossen eine ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit besteht, hindert die gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung im Grundsatz nicht. Auch in einer solchen Fallkonstellation kann das übergeordnete Gericht im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unter den verschiedenen als zuständig in Betracht kommenden Gerichten eine Auswahl treffen (BGHZ 90, 155 [juris Rn. 9]). Dass auf diese Weise ein Gericht zur Entscheidung für eine Klage berufen wird, das – wie es vorliegend der Fall ist – nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) oder in anderen Fällen nach dem Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz – WEG) oder nach anderen Zuständigkeitsnormen für einen Teil der Klage nicht zuständig wäre, liegt in der Natur der Sache.

Die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum gemäß § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG steht einer Zuständigkeitsbestimmung auch vorliegend nicht entgegen.

Der Senat bestimmt als zuständiges Gericht das Amtsgericht München, weil diesem die ausschließliche sachliche Zuständigkeit für Wohnraummietstreitigkeiten obliegt, sofern der Wohnraum in seinem Bezirk belegen ist. Die Bestimmung des für einen Streitgenossen ausschließlich zuständigen Gerichts auch für das Verfahren gegen den anderen Streitgenossen ist zwar nicht zwingend, in der Regel jedoch sachgerecht, weil damit dem Gesichtspunkt der Spezialisierung gerade dieses Gerichts Rechnung getragen wird (vgl. BGHZ 90, 155 [juris Rn. 9]; BayObLG, Beschl. v. 24. August 2023, 102 AR 123/23 e, juris Rn. 30; Beschl. v. 24. April 2024, 101 AR 15/24 e, juris Rn. 37; OLG München, Beschl. v. 20. Februar 2008, 31 AR 18/08, NJW-RR 2008, 1544). Vorliegend gilt nichts anderes, zumal die mietrechtliche Rechtslage, deren Beurteilung typischerweise nach § 23 Nr. 2 Buchst. a) GVG den Amtsgerichten zugeordnet ist, maßgebliche Bedeutung auch für die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 2) haben könnte.

4. Mit dieser Entscheidung geht die Rechtshängigkeit ohne Weiteres auf das bestimmte Gericht über (vgl. BGH, Beschl. v. 20. Oktober 2020, X ARZ 124/20, WM 2021, 40 Rn. 65; BayObLG, Beschl. v. 23. Juli 2020, 1 AR 66/20, NJW-RR 2020, 1006 Rn. 21; Toussaint in BeckOK ZPO, 52. Edition 1. März 2024, § 37 Rn. 14; Schultzky in Zöller, ZPO, § 37 Rn. 5; Smid/Hartmann in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 37 Rn. 22).

Das bestimmte Gericht hat den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu entscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Dezember 2002, X ARZ 208/02, BGHZ 153, 173 [juris Rn. 10 ff.]; BayObLG, Beschl. v. 21. April 2021, 102 AR 63/21, juris Rn. 25 – jeweils zu § 32 ZPO). Seine Zuständigkeit erstreckt sich auch auf konkurrierende Anspruchsgrundlagen außerhalb des Mietrechts.


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