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Verkehrsunfall zwischen Rettungswagen im Einsatz und PKW der abbiegt

Ein Rettungswagen im Einsatz kollidiert mit einem Auto, dessen Fahrerin trotz Blaulicht und Martinshorn in die Kreuzung einfährt und abrupt bremst. Obwohl der Rettungswagenfahrer zu dicht auffuhr, trägt die Autofahrerin die Hauptverantwortung für den Unfall und muss 70 Prozent des Schadens tragen, wie das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein bestätigt. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Haftungsfrage bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
  • Datum: 18.11.2024
  • Aktenzeichen: 7 U 66/24
  • Verfahrensart: Berufung im zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Zivilrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Betreiberin des Rettungswagens. Sie vertritt die Auffassung, die Beklagten seien zu 100 % schadenersatzpflichtig, da die Fahrerin des PKWs den Rettungswagen falsch behandelt habe und der Fahrer des Rettungswagens den Unfall nicht hätte vermeiden können.
  • Beklagte:
    • Fahrerin des PKWs: Sie und ihre Versicherung argumentieren, dass der Rettungswagen unangemessen schnell in die Kreuzung eingefahren sei und sie den Rettungswagen nicht hätte sehen müssen. Sie plädieren auf eine Mithaftung der Klägerin.
    • Haftpflichtversicherung des PKWs: Trägt die Zivil- und Kostentragungspflichten für das Fahrzeug der Fahrerin des PKWs.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Es ging um einen Verkehrsunfall an einer Kreuzung, bei dem ein Rettungswagen mit Blaulicht und Einsatzhorn in eine Kreuzung einfuhr und es zu einem Unfall mit einem PKW kam, der bei grüner Ampel abbog. Der PKW verzögerte, setzte den Abbiegevorgang aber fort. Der Rettungswagen fuhr von hinten auf, da der PKW erneut abrupt bremste.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, wie die Haftungsanteile zwischen dem Rettungswagen und dem PKW verteilt werden sollten, da der PKW die Annäherung des Rettungswagens nicht beachtet hat, während der Rettungswagen möglicherweise zu schnell war.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Die Beklagten haften zu 70 %, während die Klägerin zu 30 % mithaftet.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen hat, indem sie den Rettungswagen nicht beachtet hat. Der Rettungswagenfahrer trug jedoch auch einen Mitverschuldensanteil, da er seine Geschwindigkeit nicht entsprechend der Situation angepasst hatte.
  • Folgen: Die Klägerin muss einen Teil des Schadens selbst tragen, der von der Beklagten gezahlte Schadensersatz wird nicht komplett erhöht. Beide Parteien tragen teilweise die Kosten des Verfahrens. Der Beschluss verdeutlicht die Bedeutung der besonderen Vorsichtspflichten im Verkehr bei Einsatzfahrten.

Kollision zwischen Rettungswagen und Pkw: Rechte, Pflichten und Haftung im Fokus

Verkehrsunfälle mit Rettungsfahrzeugen stellen eine besondere Herausforderung für die Verkehrssicherheit dar. Notarzt- und Rettungswagen müssen während eines Einsatzes oft mit Sonderrechten durch den Straßenverkehr navigieren, was das Unfallrisiko erhöht.

Die Kollision zwischen einem Rettungswagen im Notfalleinsatz und einem abbiegenden Pkw verdeutlicht die komplexen rechtlichen und verkehrstechnischen Fragestellungen, die bei solchen Unfällen entstehen können. Welche Rechte und Pflichten haben Rettungskräfte im Straßenverkehr, und wie werden Haftungsfragen in derartigen Situationen beurteilt?

Der folgende Fall zeigt, wie ein Gericht einen konkreten Verkehrsunfall zwischen einem Rettungswagen und einem abbiegenden Pkw bewertet hat.

Der Fall vor Gericht


Unfallschaden: Gerichte bestätigen Mithaftung für Auffahrunfall mit Rettungswagen

Rettungswagen und PKW kreuzen sich an einer Stadtstraße, kurz vor einem Unfall, bei bewölktem Wetter.
Verkehrsunfall zwischen Rettungswagen und Pkw | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat die Mithaftung einer Autofahrerin von 70 Prozent für einen Verkehrsunfall mit einem Rettungswagen bestätigt. Der Vorfall ereignete sich bei Dunkelheit im Bereich einer Kreuzung, als der im Notfalleinsatz befindliche Rettungswagen mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn auf der Linksabbiegerspur mit etwa 30-35 km/h in die Kreuzung einfuhr.

Unfallhergang auf der Kreuzung

Die Beklagte fuhr trotz des deutlich wahrnehmbaren Einsatzfahrzeugs bei grüner Ampel auf der Linksabbiegerspur in die Kreuzung ein. Nach einer Verzögerung setzte sie ihren Abbiegevorgang fort, als der Rettungswagen nur noch etwa zehn Meter entfernt war. Im westlichen Kreuzungsbereich bremste sie ihr Fahrzeug dann plötzlich bis zum Stillstand ab, woraufhin der Rettungswagen leicht nach rechts versetzt von hinten auffuhr. Der materielle Schaden belief sich auf 22.410,50 Euro.

Rechtliche Bewertung des Unfallgeschehens

Das Gericht stellte mehrere Verstöße der Autofahrerin gegen die Straßenverkehrsordnung fest. Sie hätte das Einsatzfahrzeug mit Sondersignalen wahrnehmen müssen und war verpflichtet, sofort freie Bahn zu schaffen. Stattdessen fuhr sie in die Kreuzung ein und bremste nach dem Abbiegen grundlos stark ab. Gleichzeitig sah das Gericht auch beim Fahrer des Rettungswagens ein Mitverschulden, da er nach dem Abbiegemanöver des PKW seine Geschwindigkeit nicht ausreichend reduzierte und keinen genügenden Sicherheitsabstand einhielt.

Verteilung der Haftung

Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge berücksichtigte das Gericht die erhöhte Betriebsgefahr des Rettungswagens aufgrund der Einsatzfahrt. Die wesentliche Unfallursache war jedoch das grundlose, plötzliche Abbremsen der Autofahrerin. Da der Rettungswagenfahrer aufgrund des zu geringen Abstandes nicht mehr rechtzeitig reagieren konnte, wurde eine Haftungsverteilung von 70 Prozent zu Lasten der Beklagten und 30 Prozent zu Lasten der Klägerin festgelegt.

Bestätigung durch das Oberlandesgericht

Das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Klägerin, die eine vollständige Haftung der Beklagten erreichen wollte, zurück. Die Richter betonten, dass das plötzliche Stehenbleiben im Kreuzungsbereich bei ohnehin zu geringem Abstand nicht durch die Pflicht zur Schaffung freier Bahn gerechtfertigt war. Stattdessen hätte die Autofahrerin bis zu einer geeigneten Stelle weiterfahren und den Rettungswagen dann passieren lassen müssen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht die komplexe Haftungsverteilung bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen. Auch wenn Rettungsfahrzeuge Sonderrechte genießen, tragen sie eine Mitverantwortung für die sichere Durchführung ihrer Einsatzfahrt. Das Gericht legte eine Haftungsquote von 70% zu Lasten des unfallverursachenden PKW-Fahrers fest, da dieser das Einsatzfahrzeug nicht ausreichend beachtete. Gleichzeitig wurde dem Rettungswagenfahrer eine Mitschuld von 30% zugewiesen, weil er mit unangemessener Geschwindigkeit in die Kreuzung einfuhr.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie in einen Unfall mit einem Einsatzfahrzeug verwickelt werden, müssen Sie mit einer geteilten Haftung rechnen – auch wenn Sie grünes Licht hatten. Sie müssen besonders aufmerksam sein und Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn immer Vorrang gewähren. Als Fahrer eines Einsatzfahrzeugs bedeutet das Urteil, dass Sie trotz Sonderrechten vorsichtig fahren und sich vergewissern müssen, dass andere Verkehrsteilnehmer Sie wahrgenommen haben. Bei Unfällen wird Ihr Verhalten ebenfalls kritisch geprüft und kann zu einer Mithaftung führen. Die Versicherung wird den Schaden entsprechend der gerichtlich festgelegten Haftungsquote regulieren.

Benötigen Sie Hilfe?

Unverschuldet in einen Unfall mit einem Einsatzfahrzeug verwickelt?

Gerade bei Unfällen mit Blaulicht und Martinshorn ist die Rechtslage oft unklar und die Haftungsfrage kompliziert. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte zu wahren und eine gerechte Schadenregulierung zu erreichen. Dabei berücksichtigen wir alle relevanten Faktoren, wie die Geschwindigkeit des Einsatzfahrzeugs, Ihre Sorgfaltspflicht als Verkehrsteilnehmer und die individuellen Umstände des Unfalls. Sprechen Sie mit uns und lassen Sie Ihre Situation rechtlich bewerten. Wir stehen Ihnen mit unserer Expertise zur Seite und setzen uns für Ihre Interessen ein.

Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind die besonderen Pflichten von Autofahrern beim Herannahen eines Rettungswagens mit Sondersignalen?

Wenn Sie Blaulicht und Martinshorn wahrnehmen, sind Sie nach § 38 Abs. 1 StVO verpflichtet, unverzüglich freie Bahn zu schaffen. Dies bedeutet konkret:

Grundsätzliches Verhalten

Bewahren Sie Ruhe und orientieren Sie sich zunächst, woher das Signal kommt. Schalten Sie störende Geräuschquellen wie das Radio aus und prüfen Sie die Verkehrssituation in Ihren Spiegeln.

Korrektes Ausweichen

Bei einspurigen Straßen fahren Sie an den rechten Fahrbahnrand und halten dort an. Bei mehrspurigen Straßen gilt:

  • Fahrzeuge auf der linken Spur weichen nach links aus
  • Alle anderen Fahrzeuge weichen nach rechts aus

Setzen Sie dabei den Blinker, um Ihre Ausweichabsicht anzuzeigen.

Verhalten an Ampeln

Bei roter Ampel dürfen Sie vorsichtig über die Haltelinie in die Kreuzung einfahren, wenn dies erforderlich ist, um dem Rettungsfahrzeug Platz zu machen. Dabei müssen Sie besonders vorsichtig sein und dürfen andere nicht gefährden.

Besondere Situationen

In einem Kreisverkehr fahren Sie besser eine „Ehrenrunde“ anstatt anzuhalten. Bei Gegenverkehr verringern Sie Ihre Geschwindigkeit und halten wenn möglich rechts.

Wichtig: Bleiben Sie nach dem Vorbeifahren eines Einsatzfahrzeugs zunächst in Ihrer Position, da häufig weitere Einsatzfahrzeuge folgen können. Ein Rettungswagen kommt selten allein.

Bei Missachtung dieser Pflichten droht ein Bußgeld. Die Pflicht zum Freimachen gilt übrigens auch für Fußgänger und Radfahrer.


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Wie wird die Haftung bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen grundsätzlich verteilt?

Die Haftungsverteilung bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen richtet sich nach dem Verhältnis der jeweiligen Betriebsgefahren und dem Verschulden der Unfallbeteiligten.

Grundsätzliche Haftungsregeln

Bei Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn sind Rettungsfahrzeuge zwar von den Vorschriften der StVO befreit, dennoch hat die Verkehrssicherheit stets Vorrang vor einem schnellen Vorankommen. Je stärker ein Einsatzfahrzeug von den Verkehrsregeln abweicht, desto höher sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Fahrers.

Haftungsverteilung in der Praxis

Wenn Sie in einen Unfall mit einem Einsatzfahrzeug verwickelt werden, erfolgt die Haftungsverteilung nach folgenden Kriterien:

  • Bei nachweislich korrekter Nutzung der Sonderrechte durch das Einsatzfahrzeug und gleichzeitigem Fehlverhalten des anderen Verkehrsteilnehmers kann die Haftung vollständig beim anderen Verkehrsteilnehmer liegen.
  • Wenn das Einsatzfahrzeug seine Sorgfaltspflichten verletzt, etwa durch zu schnelles Einfahren in eine Kreuzung bei Rot ohne ausreichende Vergewisserung, kann eine Haftungsquote von bis zu 80% beim Einsatzfahrzeug liegen.

Besondere Haftungssituationen

Bei Kreuzungsunfällen mit Ampeln gilt: Ein Einsatzfahrzeug darf eine rote Ampel nur überfahren, wenn sich der Fahrer vergewissert hat, dass andere Verkehrsteilnehmer das Fahrzeug wahrgenommen haben. Allein das Einschalten von Blaulicht und Martinshorn reicht nicht aus, um eine Haftung auszuschließen.

Die Betriebsgefahr des Einsatzfahrzeugs wird dabei stets berücksichtigt, auch wenn es mit Sonderrechten unterwegs ist. Wenn beide Unfallbeteiligten Mitschuld tragen, legen Gerichte häufig eine hälftige Haftungsquote fest.


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Welche Sonderrechte haben Rettungsfahrzeuge im Einsatz?

Grundsätzliche Sonderrechte nach § 35 StVO

Wenn Sie ein Fahrzeug des Rettungsdienstes mit Blaulicht und Martinshorn wahrnehmen, genießt dieses besondere Rechte. Nach § 35 Abs. 5a StVO sind Rettungsfahrzeuge von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

Konkrete Befugnisse im Einsatz

Im Einsatzfall dürfen Rettungsfahrzeuge:

  • Geschwindigkeitsbegrenzungen überschreiten
  • Rote Ampeln überfahren
  • Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung benutzen
  • In Halteverbotszonen parken
  • Auf der Gegenspur oder linken Fahrbahnseite fahren

Grenzen der Sonderrechte

Die Sonderrechte sind nicht grenzenlos. Der Fahrer eines Rettungswagens muss stets unter größtmöglicher Sorgfalt und unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung handeln. Wenn ein Rettungswagen beispielsweise eine rote Ampel überfahren möchte, muss der Fahrer sich vorher vergewissern, dass andere Verkehrsteilnehmer ihn wahrgenommen haben und anhalten.

Pflichten anderer Verkehrsteilnehmer

Wenn sich ein Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn nähert, müssen andere Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn schaffen. Bei einspurigen Straßen bedeutet dies, an den rechten Fahrbahnrand zu fahren und anzuhalten. Bei mehrspurigen Straßen müssen Fahrzeuge auf der linken Spur nach links, alle anderen nach rechts ausweichen. Im Zweifelsfall, wenn kein Ausweichraum vorhanden ist, müssen Sie stehen bleiben.


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Was ist bei der Schadensregulierung nach einem Unfall mit einem Rettungswagen zu beachten?

Dokumentation des Unfallhergangs

Bei einem Unfall mit einem Rettungswagen müssen Sie den Unfallhergang sorgfältig dokumentieren. Erstellen Sie Fotos von der Unfallstelle und den Schäden. Sichern Sie Zeugenaussagen, da diese für die spätere Beurteilung der Haftungsfrage wichtig sind.

Besonderheiten der Haftung

Die Schadensregulierung erfolgt über die Amtshaftung der jeweiligen Behörde, der das Einsatzfahrzeug zugeordnet ist. Die Haftungsverteilung richtet sich nach dem Grad des Verschuldens beider Unfallbeteiligten. Bei Unfällen an Kreuzungen mit Ampelanlage wird häufig eine 50:50-Verteilung der Haftung vorgenommen.

Schadensabwicklung

Nach der polizeilichen Unfallaufnahme wenden Sie sich direkt an die zuständige Behörde (Kommune, Stadt oder Landkreis). Die Behörde prüft die Haftungsfrage anhand der konkreten Umstände. Wichtige Faktoren sind dabei:

  • Die rechtmäßige Nutzung der Sonderrechte durch den Rettungswagen
  • Die Wahrnehmbarkeit von Blaulicht und Martinshorn
  • Das Verhalten beider Unfallbeteiligten
  • Die Einhaltung der jeweiligen Sorgfaltspflichten

Versicherungsrechtliche Aspekte

Die Schadensregulierung läuft über die Amtshaftpflichtversicherung der Behörde. Bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten kann die Behörde beim Fahrer des Einsatzfahrzeugs Regress nehmen. Die Beweislast für die rechtmäßige Nutzung der Sonderrechte liegt beim Fahrer des Einsatzfahrzeugs.


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Welche Rolle spielt die Ampelschaltung bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen?

Ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn darf eine rote Ampel überfahren, muss dabei aber besondere Sorgfaltspflichten beachten. Die Erfordernisse der Verkehrssicherheit haben stets Vorrang vor dem schnellen Vorankommen des Einsatzfahrzeugs.

Pflichten des Einsatzfahrzeugs

Der Fahrer eines Einsatzfahrzeugs muss vor dem Überfahren einer roten Ampel:

  • Anhalten und sich vergewissern, dass andere Verkehrsteilnehmer ihn wahrgenommen haben
  • Mit erhöhter Sorgfalt in die Kreuzung einfahren
  • Die Geschwindigkeit soweit reduzieren, dass bei Querverkehr rechtzeitig gestoppt werden kann

Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer

Wenn sich ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn nähert, müssen andere Verkehrsteilnehmer an einer roten Ampel:

  • Eine Rettungsgasse bilden
  • Sich vorsichtig über die Haltelinie bewegen, um Platz zu machen
  • Dabei den Querverkehr beachten

Haftung bei Unfällen

Bei einem Unfall an einer Ampelkreuzung wird die Schuldfrage individuell geprüft. Auch ein Einsatzfahrzeug kann trotz Sonder- und Wegerechten haften, wenn die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet wurde. Ein aktuelles Urteil des OLG Frankfurt (Az. 17 U 121/23) bestätigt: Der Fahrer eines Einsatzfahrzeugs muss sich vor dem Überfahren einer roten Ampel vergewissern, dass andere Verkehrsteilnehmer dies wahrgenommen haben und sich darauf einstellen können.

Technische Entwicklungen

In einigen Städten werden bereits intelligente Ampelsysteme getestet, die Einsatzfahrzeugen automatisch grünes Licht geben. Diese Systeme sollen die Sicherheit erhöhen und Unfallrisiken minimieren. Die Ampel schaltet dabei auf Grün, sobald sich ein Einsatzfahrzeug nähert, und sperrt gleichzeitig alle anderen Verkehrsströme.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Betriebsgefahr

Bei Kraftfahrzeugen besteht eine gesetzliche Gefährdungshaftung nach § 7 StVG, die sogenannte Betriebsgefahr. Diese beschreibt das allgemeine Risiko, das vom Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgeht – auch ohne Verschulden des Fahrers. Bei Einsatzfahrzeugen wie Rettungswagen ist diese Betriebsgefahr aufgrund der höheren Geschwindigkeit und besonderen Fahrweise erhöht. Dies wird bei der Schadensverteilung nach Unfällen berücksichtigt, selbst wenn kein Verschulden vorliegt.


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Sonderrechte

Sonderrechte sind spezielle Befugnisse für bestimmte Verkehrsteilnehmer nach § 35 StVO, von den normalen Verkehrsregeln abzuweichen. Rettungsfahrzeuge dürfen im Einsatz mit Blaulicht und Martinshorn beispielsweise rote Ampeln überfahren oder Geschwindigkeitsbegrenzungen überschreiten. Andere Verkehrsteilnehmer müssen „freie Bahn schaffen“. Die Sonderrechte entbinden aber nicht von der Sorgfaltspflicht – es muss weiterhin vorsichtig gefahren werden.


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Mitverschulden

Das Mitverschulden beschreibt nach § 254 BGB die Mitverantwortung des Geschädigten am entstandenen Schaden. Haben beide Unfallbeteiligten zum Schaden beigetragen, wird die Haftung entsprechend aufgeteilt. Beispiel: Fährt jemand zu dicht auf und der Vordermann bremst grundlos, tragen meist beide eine Teilschuld. Die Schadensersatzpflicht wird dann prozentual nach dem jeweiligen Verschuldensanteil verteilt.


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Verursachungsbeitrag

Der Verursachungsbeitrag bezeichnet den Anteil, den das Verhalten eines Unfallbeteiligten am Zustandekommen des Unfalls hatte. Bei der Bewertung werden alle Umstände berücksichtigt – wie Geschwindigkeit, Vorfahrtsverletzungen oder plötzliches Bremsen. Das Gericht wägt die verschiedenen Verursachungsbeiträge gegeneinander ab und legt danach die prozentuale Haftungsverteilung fest. Dies ist Grundlage für die Schadensregulierung.


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Gefährdungshaftung

Die Gefährdungshaftung ist eine verschuldensunabhängige Haftung nach § 7 StVG für Schäden durch den Betrieb besonders gefährlicher Anlagen oder Fahrzeuge. Der Halter eines Kraftfahrzeugs haftet damit für Unfallschäden allein aufgrund der Tatsache, dass er ein gefährliches Fahrzeug betreibt – auch ohne eigenes Verschulden. Dies wird durch eine Pflichtversicherung abgesichert. Die Gefährdungshaftung gilt besonders bei Einsatzfahrzeugen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die Haftung für unerlaubte Handlungen. Er besagt, dass derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist.
    Im vorliegenden Fall wird geprüft, ob die Beklagte durch ihr Verhalten den Rettungswagen der Klägerin widerrechtlich verletzt hat, was eine Schadensersatzpflicht nach § 823 BGB begründen könnte.
  • § 35 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): Dieser Paragraph behandelt die besondere Rücksichtnahme auf Einsatzfahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht und Einsatzhorn. Er verpflichtet alle Verkehrsteilnehmer, solchen Fahrzeugen freie Bahn zu machen und ihnen in der Regel Vorfahrt zu gewähren.
    Der Rettungswagen der Klägerin fuhr mit eingeschaltetem Blaulicht und Einsatzhorn in die Kreuzung ein. Die Beklagte muss daher gemäß § 35 StVO besondere Rücksicht nehmen, was im Streit um die Haftung entscheidend ist.
  • § 7 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): Dieser Paragraph regelt die Vorfahrt an Kreuzungen. Wer von rechts kommt, hat Vorfahrt, sofern keine anderweitigen Verkehrszeichen gelten.
    Im beschriebenen Unfallhergang wird die Einhaltung der Vorfahrt gemäß § 7 StVO geprüft, insbesondere ob die Beklagte die Vorfahrt des Rettungswagens missachtet hat.
  • § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Mitverschulden: Dieser Paragraph behandelt die Anrechnung von Mitverschulden bei der Schadensersatzpflicht. Wenn beide Parteien einen Teilschuld am Schadensereignis tragen, wird die Haftung entsprechend gemindert.
    Die Beklagten argumentieren, dass der Rettungswagen zu schnell gefahren sei, was ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB darstellen könnte und somit die Haftung der Beklagten zu 50 % begrenzt.
  • § 522 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph informiert über die Erfolgsaussichten einer Berufung und grenzt den Prozess auf geringe Bedeutung ein, wenn keine Aussicht auf Erfolg besteht.
    Im Beschluss wird laut § 522 Abs. 2 ZPO die Berufung der Klägerin als aussichtslos eingestuft und zurückgewiesen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine Fortbildung des Rechts erfordert.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 66/24 – Beschluss vom 18.11.2024


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