Schmerzensgeld nach Verkehrsunfall: Erhöhung wegen grober Fahrlässigkeit
Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 26.02.2015 die Berufung des Klägers teilweise stattgegeben und die Beklagten als Gesamtschuldner zu einer zusätzlichen Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt. Dies basiert auf der groben Fahrlässigkeit des Unfallverursachers und dem verzögerten Regulierungsverhalten der Versicherung. Die Höhe des Schmerzensgeldes wurde auf insgesamt 35.000 € festgesetzt, wobei das bisher gezahlte Schmerzensgeld angerechnet wurde.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Bestätigung der groben Fahrlässigkeit: Der Unfallverursacher handelte grob fahrlässig, was zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führte.
- Erhöhung des Schmerzensgeldes: Das OLG setzte das Schmerzensgeld auf insgesamt 35.000 € fest.
- Bedeutung des Regulierungsverhaltens: Das zögerliche Regulierungsverhalten der Versicherung wurde als belastender Faktor für den Kläger berücksichtigt und beeinflusste die Höhe des Schmerzensgeldes.
- Zusammensetzung des Schmerzensgeldes: Das Gericht rechnete die bereits geleisteten Zahlungen auf das Gesamtschmerzensgeld an.
- Verzinsung des Schmerzensgeldes: Der Kläger hat Anspruch auf Verzinsung des Schmerzensgeldes ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit.
- Haushaltsführungsschaden: Der Kläger erhielt zusätzlich Schadensersatz für den Ausfall seiner Arbeitskraft in der Haushaltsführung.
- Aktivlegitimation des Klägers: Das Gericht bestätigte die Aktivlegitimation des Klägers für den geltend gemachten Haushaltsführungsschaden.
- Berücksichtigung persönlicher Umstände: Die individuellen Lebensumstände des Klägers, wie die Schwere der Verletzungen und deren Auswirkungen auf sein Leben, wurden bei der Urteilsfindung eingehend berücksichtigt.
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Übersicht
- 1 Schmerzensgeld nach Verkehrsunfall: Erhöhung wegen grober Fahrlässigkeit
- 2 ✔ Das Wichtigste in Kürze
- 3 ✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt
- 3.1 Was versteht man unter grober Fahrlässigkeit im Kontext eines Verkehrsunfalls?
- 3.2 Wie wird Schmerzensgeld im deutschen Recht bemessen und welche Faktoren spielen eine Rolle?
- 3.3 Inwiefern beeinflusst das Verhalten des Schädigers, z.B. Verzögerung der Schadensregulierung, die Höhe des Schmerzensgeldes?
- 4 Das vorliegende Urteil
Bei einem Verkehrsunfall kann das Schmerzensgeld für das Opfer erheblich steigen, wenn der Unfall durch grobe Fahrlässigkeit der Beklagten verursacht wurde. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat in einem Urteil entschieden, dass die Höhe des Schmerzensgeldes bei grober Fahrlässigkeit deutlich über dem bei leichter Fahrlässigkeit liegenden Betrag liegt. Die endgültige Schmerzensgeldhöhe hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Grad der Fahrlässigkeit und der Dauer der Auszahlung. Im Folgenden werden die Details dieses Urteils vorgestellt und erörtert.
Ursachen und Folgen des Verkehrsunfalls
Der Verkehrsunfall, der zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führte, ereignete sich am 25. August 2006 auf der Landstraße L 178 zwischen O. und T. Der Kläger, unterwegs mit seinem Ford Focus, kollidierte mit dem entgegenkommenden Seat Ibiza, gesteuert vom Beklagten zu 1. Die Unfallursache lag in der groben Fahrlässigkeit des Beklagten zu 1, der in einer Rechtskurve bei regennasser Fahrbahn und eingeschränkter Sicht durch ein Maisfeld, auf die Gegenspur geriet. Beide Fahrer erlitten erhebliche Verletzungen, an ihren Fahrzeugen entstand Totalschaden.
Juristische Aufarbeitung des Unfallgeschehens
Der Kläger forderte aufgrund der Unfallfolgen und der Alleinverantwortung des Beklagten zu 1 Schadenersatz und ein erhöhtes Schmerzensgeld. Die Beklagte zu 2, Versicherung des Unfallverursachers, leistete zwar Zahlungen, jedoch in Höhe, die der Kläger als unzureichend empfand. Dies führte zur Klageerhebung und der juristischen Aufarbeitung des Falls, wobei die Ermittlung des genauen Unfallhergangs und die Bewertung der Schuldfrage zentral waren.
Schmerzensgeldbemessung unter besonderen Umständen
Das Landgericht Saarbrücken sprach dem Kläger zunächst ein Schmerzensgeld zu, dessen Höhe allerdings unter den Erwartungen des Klägers lag. Hierbei wurden verschiedene Aspekte wie die Art und Schwere der Verletzungen, die Dauer der Behandlung und die Beeinträchtigungen im Alltags- und Berufsleben des Klägers berücksichtigt. Jedoch wurden das grob fahrlässige Verhalten des Beklagten zu 1 und das verzögerte Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2 nicht hinreichend gewürdigt.
Oberlandesgericht Saarbrücken korrigiert die Schmerzensgeldhöhe
Das Oberlandesgericht Saarbrücken erhöhte schließlich das Schmerzensgeld, indem es auch die grobe Fahrlässigkeit und das zögerliche Regulierungsverhalten der Versicherung in die Entscheidung einbezog. Es wurde anerkannt, dass diese Faktoren die Leidensgeschichte des Klägers verlängerten und verschärften. Das OLG betonte dabei die Bedeutung eines gerechten Schmerzensgeldes, das sowohl als Ausgleich für erlittene Unbill als auch als Genugtuung für erlittenes Unrecht dient.
Schlussfolgerungen und Weiterführung zum Urteil
Dieses Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken stellt einen wichtigen Meilenstein in der rechtlichen Bewertung von Verkehrsunfällen dar, insbesondere in Bezug auf die Bemessung von Schmerzensgeld bei grober Fahrlässigkeit und verzögerter Schadensregulierung. Es zeigt, wie Gerichte die individuellen Umstände eines Falles berücksichtigen und dabei über die reine Kompensation hinausgehen, um auch die immateriellen Auswirkungen eines solchen Ereignisses auf das Leben der Betroffenen anzuerkennen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken bildet damit einen wichtigen Präzedenzfall für ähnliche Fälle, in denen die Schmerzensgeldbemessung eine zentrale Rolle spielt.
✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt
Was versteht man unter grober Fahrlässigkeit im Kontext eines Verkehrsunfalls?
Grobe Fahrlässigkeit im Kontext eines Verkehrsunfalls bezieht sich auf ein Verhalten, bei dem eine Person durch deutliches Vernachlässigen der Sorgfalt einen Schaden verursacht. Ein Fahrer handelt grob fahrlässig, wenn er seine Sorgfaltspflicht in hohem Maße verletzt. Beispiele für grobe Fahrlässigkeit sind das Überfahren einer roten Ampel oder das Aufheben eines heruntergefallenen Handys während der Fahrt, was zu einem Unfall führt.
Die Unterscheidung zwischen grober und einfacher Fahrlässigkeit ist wichtig, da sie Auswirkungen auf die Leistungen der Versicherung und mögliche rechtliche Konsequenzen hat. Bei grober Fahrlässigkeit kann die Kfz-Versicherung ihre Leistung kürzen oder sogar verweigern. Darüber hinaus kann grobe Fahrlässigkeit zu schwerwiegenderen Strafen führen als einfache Fahrlässigkeit, einschließlich der Möglichkeit, dass der Führerschein entzogen wird.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Grenzen zwischen grober und einfacher Fahrlässigkeit nicht immer klar definiert sind und von den spezifischen Umständen des jeweiligen Falls abhängen. In einigen Fällen kann ein sogenanntes „Augenblicksversagen“, wie zum Beispiel eine Ablenkung durch nörgelnde Kinder auf der Rückbank, als nicht grob fahrlässig gewertet werden.
Die Versicherung muss beweisen, dass der Versicherungsnehmer tatsächlich grob fahrlässig gehandelt hat, wenn sie weniger zahlen will, als der Schaden kostet. Dies ist oft nicht einfach und eine pauschale Kürzung muss nicht hingenommen werden.
Wie wird Schmerzensgeld im deutschen Recht bemessen und welche Faktoren spielen eine Rolle?
Die Bemessung von Schmerzensgeld im deutschen Recht erfolgt auf der Grundlage des § 253 Abs. 2 BGB und berücksichtigt eine Vielzahl von Faktoren, um den immateriellen Schaden, der nicht in Geld bemessen werden kann, angemessen zu kompensieren. Zu den wesentlichen Einflussfaktoren gehören:
– Das Ausmaß der Verletzungen und mögliche Folgeschäden.
– Die Beeinträchtigung des privaten oder beruflichen Lebens.
– Das Alter des Geschädigten und die Dauer der Beeinträchtigung.
– Der Grad der Verschuldung und ein eventuelles Mitverschulden des Geschädigten.
– Die wirtschaftliche Situation des Schädigers.
– Die Intensität und Dauer der Schmerzen sowie die Eingriffsintensität, z.B. ob eine Operation notwendig war.
– Die Vermögensverhältnisse des Verursachers und die sogenannte Regulierungsverzögerung.
Das Schmerzensgeld hat eine Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion, da körperliche Unversehrtheit bzw. erlittenes Leid nicht einfach durch einen Geldbetrag ungeschehen gemacht werden kann. Die Höhe des Schmerzensgeldes soll also sowohl einen Ausgleich für das erlittene Leid bieten als auch ein Sühneverlangen auf Seiten der geschädigten Person befriedigen.
Die konkrete Höhe des Schmerzensgeldes wird durch den Richter festgelegt und kann nicht pauschal bestimmt werden, da sie von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Schmerzensgeldtabellen können eine erste Orientierung bieten, sind jedoch nicht bindend. Sie enthalten Urteilssammlungen vergangener gerichtlicher Entscheidungen und dienen als Grundlage für die Ermessensentscheidung vor Gericht.
Die Bemessung des Schmerzensgeldes ist somit eine individuelle Entscheidung, die alle relevanten Umstände des Falles berücksichtigt und auf den Prinzipien der Billigkeit und Gerechtigkeit basiert.
Inwiefern beeinflusst das Verhalten des Schädigers, z.B. Verzögerung der Schadensregulierung, die Höhe des Schmerzensgeldes?
Das Verhalten des Schädigers kann die Höhe des Schmerzensgeldes beeinflussen. Insbesondere bei einer verzögerten Schadensregulierung kann dies zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führen. Die Rechtsprechung hat entschieden, dass bei einer verschuldeten und nicht nachvollziehbaren Unfallregulierungsverzögerung sich ein zu zahlendes Schmerzensgeld erhöhen kann. Eine verzögerte Schadensregulierung kann geahndet werden und die Möglichkeit besteht, die Schmerzensgeldhöhe um bis zu 20 Prozent zu erhöhen. In extremen Fällen, wenn das Regulierungsverhalten auf den Geschädigten wie ein Zermürbungsversuch wirkt, sind die Gerichte verpflichtet, einem Missbrauch wirtschaftlicher Macht dadurch entgegenzuwirken, dass sie dem Geschädigten ein höheres Schmerzensgeld zusprechen.
Die Höhe des Schmerzensgeldes wird jedoch nicht nur durch das Verhalten des Schädigers beeinflusst, sondern auch durch andere Faktoren. Dazu gehören die Umstände zur Entstehung des Schadens, mögliche Folgeschäden sowie die wirtschaftliche Situation der Beteiligten. Die Festlegung des Schmerzensgeldes erfolgt auf dem Grundsatz der Billigkeit, was bedeutet, dass die Höhe als angemessen bzw. gerecht empfunden werden muss. Dabei ist das Verschulden des Schädigers zu berücksichtigen.
Es ist jedoch zu betonen, dass die genaue Höhe des Schmerzensgeldes immer im Einzelfall zu bemessen ist und es keine konkreten Vorgaben gibt.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 4 U 26/14 – Urteil vom 26.02.2015
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teil- und Endurteil des Landgerichts Saarbrücken vom 24.01.2014 (Aktenzeichen 4 O 508/08) unter Ziffer 2. des Tenors teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über das erstinstanzlich zugesprochene Schmerzensgeld hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2008 zu zahlen.
2. Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 48 v. H. und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 52 v. H. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld auf Grund eines Verkehrsunfalls, der sich am … gegen 13.15 Uhr auf der L 178 zwischen O. und T. ereignet hat.
Der Kläger befuhr am Unfalltag mit seinem Ford Focus Kombi die L 178 von T. in Richtung O.. Der Beklagte zu 1 befuhr die L 178 mit seinem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Seat Ibiza in Gegenrichtung. Etwa 1 km außerhalb der Ortslage O. kam es zu einer Begegnungskollision. Die zum Unfallzeitpunkt regennasse Fahrbahn der L 178 verengt sich im Bereich der Unfallörtlichkeit auf 5,3 m. In Fahrtrichtung des Beklagten zu 1 beschreibt die L 178 in Annäherung an den Kollisionsort eine Rechtskurve. In Fahrtrichtung des Klägers verläuft die Fahrbahn im Wesentlichen gerade. Die Sicht des Beklagten zu 1 war beim Durchfahren der Kurve durch ein circa 2 m hohes Maisfeld beeinträchtigt. Auf welcher Fahrbahnhälfte sich der Anstoß ereignet hat, ist streitig.
Der Kläger wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Er befand sich vom 25.08. bis 15.09.2006 in stationärer Behandlung im Klinikum S. (wegen der Verletzungen im Einzelnen vgl. den Bericht des Klinikums S. vom 04.12.2006 Bd. I Bl. 17 f. d. A und die weiteren ärztlichen Stellungnahmen Bd. I Bl. 23 f. d. A.). Der Beklagte zu 1 wurde ebenfalls verletzt. An beiden Fahrzeugen entstand wirtschaftlicher Totalschaden. Weder dem Kläger noch dem Erstbeklagten ist der Unfallhergang eigenen Angaben zufolge erinnerlich. Die Beklagte zu 2 zahlte an den Kläger vorprozessual ein Schmerzensgeld von 11.000 € und regulierte einen Teil des geltend gemachten materiellen Schadens (Schreiben vom 26.3.2008; Bd. I Bl. 15 d. A.).
Der Kläger hat ausgehend von der Alleinhaftung der Beklagten, weil der Beklagte zu 1 infolge nicht angepasster Geschwindigkeit ausgangs der Rechtskurve mit seinem Fahrzeug mindestens 50 cm über die Fahrbahnmitte hinausgeraten und der Unfall für den Kläger unvermeidbar gewesen sei, mit dem Klageantrag zu 1 Zahlung von 8.843,02 € begehrt. Der Forderungsbetrag setzt sich aus einem von der Beklagten zu 2 nicht regulierten materiellen Schaden von 1.946,09 € und einem Haushaltsführungsschaden zusammen, den der Kläger für die Zeit vom Unfall bis zum 31.12.2008 in Höhe von insgesamt 6.896,93 € geltend macht. Wegen weiterer Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf die Klageschrift und die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 09.03.2009 und 26.05.2009 (Bd. I Bl. 93 bis 95 sowie 106 und 93 d. A.) verwiesen. Mit dem Klageantrag zu 2 hat der Kläger für die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen ein unbeziffertes Teilschmerzensgeld in Mindesthöhe von 40.000 € abzüglich bereits regulierter 11.000 € (nicht wie in der Klageschrift irrtümlich angegeben 11.500 €; Bd. II Bl. 232 d. A.) geltend gemacht. Zur Begründung des Schmerzensgeld- und des Feststellungsantrages (Klageantrag zu 3) hat sich der Kläger auf die zur Akte gereichten Arztberichte bezogen. Er hat behauptet, in den beiden ersten Monaten nach der Entlassung aus stationärer Behandlung habe die MdE 60 v. H. und danach auf Dauer 30 v. H. betragen. Es bestünden noch heute behandlungsbedürftige unfallbedingte Beschwerden im orthopädischen, psychischen und neurologischen Bereich.
Der Kläger hat unter Bezugnahme auf die dem Beklagten zu 1 am 16.12.2008 und der Beklagten zu 2 am 17.12.2008 zugestellte Klageschrift beantragt (Bd. I Bl. 49, 50 d. A., jeweils Rücks.),
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 8.843,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Teilschmerzensgeld für die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Unfallfolgen abzüglich gezahlter 11.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die diesem aus dem Unfallereignis vom 25.8.2006 noch entstehen werden, soweit kein Übergang auf Sozialleistungsträger oder sonstige Dritte stattgefunden hat und
4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.196,43 € zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie sind von einer Mithaftung des Klägers von 50 v. H. ausgegangen und haben bestritten, dass der Beklagte zu 1 infolge überhöhter Geschwindigkeit ins Schleudern geraten ist und dass sich der Anstoß auf der Fahrbahnhälfte des Klägers ereignet hat. Da der genaue Unfallhergang nicht aufklärbar und es nach sachverständiger Beurteilung möglich sei, dass der Kläger ebenfalls über die Fahrbahnmitte hinausgeraten ist, könne dieser Ersatz unfallbedingter Schäden nur auf der Basis hälftiger Schadensteilung beanspruchen. Die Beklagten haben des Weiteren Einwendungen gegen einzelne Schadenspositionen erhoben. Sie haben moniert, der mit dem Klageantrag zu 1 in Höhe von 1.946,09 € geltend gemachte materielle Restschaden sei nicht substantiiert dargelegt und rechnerisch nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus haben die Beklagten Einwendungen gegen die Schmerzensgeldhöhe und den Haushaltsführungsschaden erhoben. Sie haben die vom Kläger behaupteten fortbestehenden körperlichen und psychischen Folgeschäden sowie eine unfallbedingte Beeinträchtigung in der Haushaltsführung und eine dauerhafte MdE von 30 v. H. bestritten und die Ansicht vertreten, das gezahlte Schmerzensgeld von 11.000 € sei ausreichend. Außerdem haben die Beklagten die Aktivlegitimation des Klägers wegen des Haushaltsführungsschadens im Hinblick auf eine von der Berufsgenossenschaft unstreitig gezahlte Verletztenrente sowie die Zulässigkeit des geltend gemachten „Teilschmerzensgeldes“ bezweifelt und die Ansicht vertreten, es fehle das für einen Feststellungsantrag erforderliche Feststellungsinteresse.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Polizeikommissar M. K. (Bd. I Bl. 118 f. d. A.) sowie gemäß den Beweisbeschlüssen vom 03.08.2009 (Bd. I Bl. 125 f. d. A.) und 22.09.2009 (Bd. I Bl. 145 f. d. A.). Mit Grundurteil vom 30.12.2009 (Bd. I Bl. 168 ff. d. A.) hat das Landgericht den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu 100 v. H. für gerechtfertigt erklärt. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat der Senat nach Heraufziehung des Feststellungsantrags (Klageantrag zu 3) durch Urteil vom 21.12.2010 (Aktenzeichen 4 U 50/10 – 15 -, Bd. II Bl. 236 ff. d. A.) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das angefochtene Urteil in ein Grund- und Teilurteil abgeändert, die Klageanträge zu 1, 2 und 4 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wurden und festgestellt wurde, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die diesem aus dem Unfallereignis vom 25.08.2006 noch entstehen werden, soweit kein Übergang auf Sozialleistungsträger oder sonstige Dritte stattgefunden hat.
Mit Schriftsatz vom 29.04.2011 hat der Kläger nunmehr ein einheitliches Schmerzensgeld geltend gemacht, das einen Betrag von 70.000 € nicht unterschreiten sollte (Bd. II Bl. 290 f. d. A.). Mit weiterem Schriftsatz vom 27.12.2012 hat der Kläger die Klage um Haushaltsführungsschaden für das Jahr 2009 in Höhe von 2.600,53 € erweitert (Bd. III Bl. 451 f. d. A.).
Der Kläger hat sodann beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 11.443,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz aus 8.843,02 € ab Rechtshängigkeit sowie aus weiteren 2.600,53 € ab Rechtshängigkeit des Schriftsatzes vom 27.12.2012 (= 09.01.2013, Bd. III Bl. 453 d. A.) zu zahlen,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 70.000 € jedoch nicht unterschreiten sollte, abzüglich gezahlter 11.000 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen und
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.880,20 € zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat weiter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin B. U. (Bd. II Bl. 286 ff. d. A.) und gemäß dem Beschluss vom 15.11.2011 (Bd. II Bl. 335 ff. d. A.). Mit dem am 24.01.2014 verkündeten Teil- und Endurteil (Bd. III Bl. 542 ff. d. A.) hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.700,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.296,69 € ab 17.12.2009 sowie aus weiteren 1.404 € ab 10.01.2013 zu zahlen. Weiter hat es die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € abzüglich bereits gezahlter 11.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.12.2008 und Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 66,28 € zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, das Landgericht habe das Schmerzensgeld zu niedrig bemessen. Insoweit stellt er die Höhe des weiter zuzusprechenden Schmerzensgeldes in das Ermessen des Gerichts und gibt unter Hinweis auf sein eigenes Kostenrisiko den Mindestbetrag des weiter zuzusprechenden Schmerzensgeldes mit 5.000 € an. Er rügt, das Landgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wesentliche Umstände des Falles nicht gewürdigt. Das gelte insbesondere für das als grob verkehrswidrig zu bewertende Fahrverhalten des Beklagten zu 1, das Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2 und die dauerhaften Beschwerden, vor allem die Belastung des Klägers durch das Regulierungsverhalten der Beklagtenseite und den langen Kampf, zu seinem Recht auf vollständigen Schadensersatz zu kommen.
Schließlich habe das Landgericht die Kostenentscheidung rechnerisch falsch getroffen und außerdem den Feststellungsantrag nicht einbezogen, mit dem der Kläger gemäß dem Senatsurteil vom 21.12.2010 vollumfänglich obsiegt habe.
Der Kläger hat am 28.02.2014 Berufung eingelegt (Bd. IV Bl. 583 d. A.) und in der Berufungsbegründung vom 29.04.2014, eingegangen am 30.04.2014 (Bd. IV Bl. 597 d. A.), zunächst beantragt (Bd. IV Bl. 597 d. A.),
das Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 508/08) vom 24.01.2014 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag von 25.000 € hinausgehendes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, abzüglich bereits gezahlter 11.000 €, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.11.2008 zu zahlen.
Die Beklagte zu 2 hat an den Kläger am 08.04.2014 einen Betrag von 17.319,83 € gezahlt, welcher sich zusammensetzt aus dem zugesprochenen Schmerzensgeld in Höhe von restlichen 14.000 €, den materiellen Schäden außer dem Haushaltsführungsschaden jeweils nebst Zinsen, insgesamt 20.353,39 €, abzüglich zu Gunsten der Beklagten festgesetzter Kosten nebst Zinsen in Höhe von 3.033,56 €.
Der Kläger beantragt nunmehr sinngemäß (Bd. IV Bl. 632, 660 d. A.), das Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Aktenzeichen 4 O 508/08) vom 24.01.2014 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag hinausgehendes weiteres Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das aber mindestens 5.000 € betragen sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten den vom Landgericht zugesprochenen Schmerzensgeldbetrag für mehr als ausreichend und angemessen. Überdies mache der Kläger, obgleich ihm das Landgericht insoweit Zinsen ab 17.12.2008 zugesprochen habe, nunmehr Zinsen ab 17.11.2008 geltend, trage hierzu jedoch nichts vor.
Im Wege der Anschlussberufung wenden sich die Beklagten gegen den vom Landgericht zugesprochenen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 5.754,60 € nebst Zinsen. Dass dennoch eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils im Sinne einer vollständigen Klageabweisung beantragt werde, sei darauf zurückzuführen, dass die Beklagte zu 2 am 07.04.2014 an den Kläger 17.319,83 € bezahlt habe. Dieser Betrag errechne sich aus dem zugesprochenen Schmerzensgeld sowie den materiellen Schäden außer dem Haushaltsführungsschaden jeweils nebst Zinsen in Höhe von 20.353,39 € abzüglich zu Gunsten der Beklagten mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 06.03.2014 festgesetzter Kosten von 3.011,57 € zuzüglich Zinsen von 21,99 €. Den gezahlten Betrag habe der Kläger spätestens am 10.04.2014 erhalten. Die Verrechnung der Urteilssumme erster Instanz mit den festgesetzten Kosten beruhe darauf, dass der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 31.03.2014 die Aufrechnung erklärt habe. Von den vom Landgericht zugesprochenen Beträgen verbleibe somit nur noch der Haushaltsführungsschaden. Da der Kläger hierauf keinen Anspruch habe, sei die Klage nunmehr insgesamt abzuweisen.
Das Landgericht habe verkannt, dass dem Kläger zumindest für einen Teil des Haushaltsführungsschadens die Aktivlegitimation fehle, weil er von der zuständigen Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente erhalte, so dass wegen Kongruenz mit der Rente von einem Anspruchsübergang auszugehen sei. Das Landgericht habe seine Auffassung, dass im Falle des berufstätigen Klägers die angebliche Haushaltstätigkeit eigenen Bedürfnissen bzw. dem Familienunterhalt gedient habe, nicht begründet. Damit fehle der Auffassung des Landgerichts jegliche Basis, und es liege insoweit eine unzureichende Sachverhaltsfeststellung vor. Da zudem bereits mit Schriftsatz vom 17.02.2011 zum Fehlen der Aktivlegitimation vorgetragen worden sei, ohne dass das Landgericht hierauf auch nur ansatzweise eingegangen wäre, werde der Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt.
Ferner habe das Landgericht für den Kläger einen wöchentlichen Zeitaufwand für Haushaltstätigkeiten von 20 Stunden angesetzt, ohne dies auch nur im Mindesten zu begründen. Zur Stundenzahl seien keinerlei Feststellungen getroffen. Überdies sei der Kläger vom 25.08. bis zum 15.09.2009 in stationärer Behandlung gewesen, so dass sich die Haushaltstätigkeiten um die Hälfte reduzierten und somit kein Schaden mehr verbleibe.
Bei der Annahme einer haushaltsbedingten MdE von 15 v. H. habe sich das Landgericht auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. R. gestützt, obgleich nicht nachzuvollziehen sei, wie der Sachverständige diesen Wert ermittelt habe. Das arithmetische Mittel der maßgeblichen Einzelwerte betrage nur 10,63 v. H. Dieser Wert könne schadensvermeidend vollständig kompensiert werden. Der vom Sachverständigen für die Betreuung von Kindern und anderen Haushaltsangehörigen angesetzte Wert von 20 v. H. habe außer Betracht zu bleiben, weil der Kläger weder Kinder noch andere Haushaltsangehörige zu betreuen habe.
Schließlich habe das Landgericht gegen § 308 ZPO verstoßen, da es beim Haushaltsführungsschaden einen Stundenlohn von 9 € angesetzt habe, wohingegen der Kläger lediglich einen solchen von 8,34 € begehrt habe. Ein weiterer Verstoß ergebe sich daraus, dass der Kläger auf S. 10 der Klageschrift für einen Zeitraum von zwei Monaten ab dem 15.09.2006 nur eine haushaltsbedingte Beeinträchtigung von 60 v. H. geltend gemacht habe, das Landgericht für den Zeitraum vom 15.09. bis zum 27.10.2006 aber eine solche von 67 v. H. angesetzt habe.
Die Beklagten beantragen sinngemäß (Bd. IV Bl. 619, 659 d. A.),
das Teil- und Endurteil des Landgerichts S. vom 24.01.2014 (4 O 508/08) abzuändern und im Kostenausspruch aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagten zur Zahlung eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 5.754,60 € nebst Zinsen verurteilt worden sind.
Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.
In Bezug auf den Haushaltsführungsschaden verteidigt er das angefochtene Urteil. Zur Aktivlegitimation verweist er auf das Senatsurteil vom 21.12.2010. Das Landgericht habe bei der Ermessensausübung in zutreffender Weise den Aufwand des Klägers auf 20 Stunden geschätzt und einen Stundenlohn von 9 € angenommen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 29.07.2009 (Bd. I Bl. 117 ff. d. A.), 04.11.2009 (Bd. I Bl. 147 ff. d. A.), 25.03.2011 (Bd. II Bl. 283 ff. d. A.) und 05.12.2013 (Bd. III Bl. 538 ff. d. A.) und des Senats vom 14.12.2010 (Bd. II Bl. 230 ff. d. A.) und 05.02.2015 (Bd. IV Bl. 659 ff. d. A.) Bezug genommen.
B.
Die Berufung hat bis auf einen Zinstag Erfolg und führt zur samtverbindlichen Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 € (I.). Dagegen ist die Anschlussberufung zurückzuweisen (II.).
I.
Die Berufung gegen das als Schlussurteil aufzufassende (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 30. Aufl. § 301 Rn. 1) Teil- und Endurteil ist gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO statthaft, form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet und mithin zulässig. In Bezug auf den Zinsanspruch ist der Berufungsantrag gegenüber der Berufungsbegründung (Verzinsung ab 17.11.2008, Bd. IV Bl. 597 d. A.) wirksam auf Zinsen seit Rechtshängigkeit verringert worden (Bd. IV Bl. 632 d. A.). Auf Änderungen des Klageantrags nach §§ 525, 264 Nr. 2 Fall 2 ZPO findet § 533 ZPO keine Anwendung (BGHZ 158, 295, 305 f.; BGH NZI 2010, 565, 566 Rn. 6; Musielak/Ball, ZPO 11. Aufl. § 533 Rn. 3). Das Rechtsmittel ist nach Maßgabe der §§ 513, 529, 546 ZPO bis auf einen Zinstag (nachfolgend unter 3.) begründet.
1. Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner in vollem Umfang zum Ersatz der durch den Verkehrsunfall vom 25.08.2006 bedingten materiellen und immateriellen Schäden verpflichtet sind (Bd. III Bl. 552 d. A.). Dies ergibt sich aus der als Grund- und Teilurteil anzusehenden Entscheidung des Landgerichts vom 30.12.2009 (Bd. I Bl. 169 d. A.) und dem Senatsurteil vom 21.12.2010, in dem die vollumfängliche samtverbindliche Haftung der Beklagten gemäß den §§ 7, 11, 17, 18 StVG, §§ 823 Abs. 1, 249 ff. BGB in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung bejaht worden ist (Bd. II Bl. 237, 247 d. A.).
2. Demzufolge steht dem Kläger auf Grund seiner unfallbedingten Verletzungen ein Schmerzensgeld gemäß §§ 11 Satz 2 StVG, 253 Abs. 2 BGB zu, das der Senat über den vom Landgericht angenommenen Gesamtbetrag von 25.000 € unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles mit insgesamt 35.000 € bemisst.
a) Das Schmerzensgeld verfolgt vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden zu verschaffen, die nicht vermögensrechtlicher Art sind (Ausgleichsfunktion). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien. Als objektivierbare Umstände besitzen vor allem die Art der Verletzungen, Art und Dauer der Behandlungen sowie die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ein besonderes Gewicht. Hierbei zählen das Entstehen von Dauerschäden, psychischen Beeinträchtigungen und seelisch bedingten Folgeschäden zu den maßgeblichen Faktoren. Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Die beruflichen Folgen der Verletzung und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes. Hierbei kommt es nicht zuletzt auf das Alter des Geschädigten an; denn ein und dieselbe Beeinträchtigung wird nicht in jedem Lebensalter gleich gravierend empfunden (Senat NJW 2011, 933, 935 m. w. Nachw.). Bei der Schmerzensgeldbemessung nach diesen Grundsätzen verbietet sich eine schematische, zergliedernde Herangehensweise. Einzelne Verletzungen bzw. Verletzungsfolgen dürfen nicht gesondert bewertet und die so ermittelten Beträge addiert werden. Vielmehr ist die Schmerzensgeldhöhe in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten Falls zu ermitteln, wobei die in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder einen gewissen Anhaltspunkt bieten können, ohne jedoch zwingend zu einer bestimmten „richtigen” Schmerzensgeldhöhe zu führen (Senat NJW 2011, 933, 935).
b) Auch nach der Reform des Rechtsmittelrechts hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie für zwar vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das Berufungsgericht darf es nicht dabei belassen zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinander gesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (BGH NJW 2006, 1589, 1592 Rn. 30).
aa) Wie das Landgericht zutreffend und in der Berufungsinstanz unangegriffen festgestellt hat, erlitt der – am … geborene und damit im Unfallzeitpunkt 39 Jahre alte – Kläger, der nach abgeschlossener Promotion in Chemie und Weiterbildung in einem Krankenhaus in W. als Qualitätsmanager tätig ist (Bd. III Bl. 506 d. A.), unfallbedingt unstreitig eine vordere Beckenringfraktur links mit Bruch der Massa lateralis (bauchseitige Anteile des Os sacrum), eine ventrale Acetabulumfraktur links, eine distale Ulnaschaftfraktur links mit Bewegungsminderung, eine Orbitafraktur links mit Contusio bulbi links, eine Nasenbeinfraktur, eine Lungenkontusion und ein Schädelhirntrauma zweiten Grades (Bd. III Bl. 553 d. A.). Darüber hinaus hat das Landgericht ebenso zutreffend und in der Berufungsinstanz unangegriffen festgestellt, dass eine leichte Bewegungseinschränkung des Klägers in der Rotation, eine leichte Verhärtung der Muskulatur im Ursprungsbereich der pelvitrochantären Muskeln als Folge der Beckenringfraktur links sowie eine geringe Einschränkung der Umwendbewegung des Unterarmes nach außen, etwas mehr als hälftig, eine circa 16 cm lange, reizlose Narbe als Folge der Fraktur der körpernahen Elle links mit subjektiver lokaler Schmerzhaftigkeit und eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion erwiesen sind (Bd. III Bl. 554 d. A.). Der Kläger befand sich unfallbedingt vom 25.08.2006 bis zum 15.09.2006 im Klinikum S. und musste sich einer Operation der Fraktur der körpernahen Elle unterziehen, im Übrigen wurde er konservativ behandelt. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt befand sich der Kläger bis zum 20.11.2006 in teilstationärer Behandlung in der Reha-Klinik S.. Nach der Entlassung nahm der Kläger seine Arbeit wieder in Vollzeit auf, er war aber weiter in ambulanter krankengymnastischer Behandlung (Bd. III Bl. 559 d. A.). Die unfallbedingte Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion führte zu einer merklichen Beeinträchtigung der täglichen Lebensqualität des Klägers.
bb) Die Berufung rügt allerdings mit Recht, dass das Landgericht das als grob verkehrswidrig zu bewertende Fahrverhalten des Beklagten zu 1 bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt gelassen hat.
(1) Auch der Grad des Verschuldens des Schädigers fließt in die Bemessung des Schmerzensgeldes ein (BGH NJW 1993, 1531, 1532; OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 2004, 1167, 1168; Pauker VersR 2004, 1391, 1392 f.; Müller VersR 2008, 1141, 1151). So mindert ein leichtes Verschulden das Schmerzensgeld, ein grobes erhöht es (BGHZ 128, 117, 121; BeckOK BGB/Spindler, Stand: 01.11.2013 § 253 Rn. 45).
(1.1) Bei Verkehrsunfällen tritt – was das Landgericht im Ausgangspunkt richtig gesehen hat – die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes in der Regel zurück, wo die Ausgleichsfunktion im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen und unfallbedingten Verletzungsfolgen im Vordergrund steht. Etwas anderes muss jedoch dann gelten, wenn der Unfallverursacher vorsätzlich gehandelt hat, mithin sein Kraftfahrzeug als Werkzeug gegen das Unfallopfer eingesetzt hat. In diesem Fall entspricht es der materiellen Gerechtigkeit, dem Unfallopfer eine Genugtuung für das erlittene Unrecht zukommen zu lassen, ebenso wie bei Fällen der schweren Körperverletzung, die sich außerhalb des Straßenverkehrs ereignen (OLG Celle NJW 2004, 1185 f.; Senat NJW 2008, 1166, 1168; BeckOK BGB/Spindler, aaO).
(1.2) Der Senat hat bislang offen lassen können, ob und inwieweit ein grob fahrlässiges Verhalten des Schädigers sich schmerzensgelderhöhend auswirkt (Senat NJW 2008, 1166, 1168). Diese Frage ist nunmehr dahin zu beantworten, dass bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe auch der unstreitige oder erwiesene Unfallhergang nicht außer Betracht bleiben kann, wenn er ein grob fahrlässiges Verhalten des Schädigers belegt (so auch OLG Celle, Urt. v. 18.09.2013 – 14 U 167/12, juris Rn. 76; OLG Frankfurt a. M. Urt. v. 29.08.2005 – 12 U 190/04, juris Rn. 5).
(1.3) Die Schwere der Schuld des Schädigers kann auch nach der Abkopplung des Schmerzensgeldes vom Verschuldenserfordernis als Bemessungsfaktor herangezogen werden. Eine generelle Differenzierung zwischen Schmerzensgeld aus Gefährdungs- oder Deliktshaftung wäre zwar mit der gesetzgeberischen Intention, Verschuldensfeststellungen im Haftpflichtprozess weitgehend entbehrlich zu machen, und mit der im Vordergrund stehenden Ausgleichsfunktion nicht vereinbar (Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs 5. Aufl. § 30 Rn. 16). Auch entspricht es dem Gerechtigkeitsempfinden, vorsätzliche Begehungsweisen oder ein grob fahrlässiges (rücksichtsloses) Verhalten im Straßenverkehr schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen (Staudinger/Schiemann, BGB Neubearb. 2005 § 253 Rn. 31; Greger/Zwickel, aaO; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl. § 253 Rn. 49; Wagner NJW 2002, 2049, 2054 f.). Dies steht im Einklang mit den Gesetzesmotiven. In der Begründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften heißt es ausdrücklich, dass im Verschuldensfalle die Genugtuung weiterhin bei der konkreten Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden kann, wenn dies im Einzelfall notwendig erscheint (BT-Drucks. 14/7752, S. 15). Die schmerzensgelderhöhende Berücksichtigung grober Fahrlässigkeit bedeutet selbstverständlich nicht, dass zwei getrennte Beträge ausgeworfen und sodann addiert werden müssten (Wagner NJW 2002, 2049, 2054 Fn. 55; vgl. BGHZ 128, 117, 121 ff.).
(2) Das Landgericht hat angenommen, Anhaltspunkte für ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 1 bestünden nicht (Bd. III Bl. 553 d. A.). Dem kann nicht gefolgt werden; denn das Verhalten des Beklagten zu 1 ist vom Landgericht wie auch vom Senat bereits im ersten Berufungsverfahren als grob fahrlässig bewertet worden.
(2.1) Grobe Fahrlässigkeit liegt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276 Abs. 1 BGB erheblich übersteigt (BGH NJW 1992, 316, 317 m. w. Nachw.). Im Straßenverkehr kommt es in Abgrenzung zu den Fällen des bloß einfache Fahrlässigkeit begründenden Augenblicksversagens unter anderem auf die Dauer der Gefahrenlage und des Verstoßes an (MünchKomm-BGB/Grundmann, aaO § 276 Rn. 100 f.).
(2.2) Die Voraussetzungen eines grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten zu 1 sind vorliegend gegeben. In der als Grund- und Teilurteil anzusehenden Entscheidung des Landgerichts vom 30.12.2009 ist zutreffend angenommen worden, dass der Beklagte zu 1 den Unfall in grob verkehrswidriger Weise verschuldet hatte (Bd. I Bl. 172 d. A. Abs. 1) Auch der Senat hat ausweislich der Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 14.12.2010 einen grob schuldhaften Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1 bejaht (Bd. II Bl. 231 d. A. unten). In dem rechtskräftigen Senatsurteil vom 21.12.2010 ist zur Begründung im Einzelnen ausgeführt worden, dass der Beklagte zu 1 auf der regennassen, an der Unfallstelle nur 5,3 m breiten, in seiner Fahrtrichtung in Annäherung an die Unfallörtlichkeit unübersichtlichen (die Sicht war beim Durchfahren der Kurve durch ein circa 2 m hohes, nicht abgeerntetes Maisfeld beeinträchtigt (Bd. II Bl. 238 d. A.) Fahrbahn der Landstraße L 178 zwischen O. und T. so schnell fuhr, dass seine Kollisionsgeschwindigkeit 83 bis 104,1 km/h betrug (Bd. II Bl. 249 d. A.), obgleich auf der laut Polizeivermerk zum Unfallzeitpunkt (25.08.2006, 13.15 Uhr) stark frequentierten Verbindungsstraße stets mit Gegenverkehr zu rechnen war (Bd. II Bl. 250 d. A.). Nach den damaligen Feststellungen des Senats ist auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme erwiesen, dass der Beklagte zu 1 dabei ausgangs der unübersichtlichen Rechtskurve zumindest 50 cm auf die Gegenfahrbahn geriet (Bd. II Bl. 249 d. A.). Erschwerend kommt hinzu, dass der Beklagte zu 1 vor der Kollision mit dem Kläger bereits ein anderes entgegenkommendes Fahrzeug passierte, nämlich das von dem Zeugen J. M. geführte Fahrzeug, ohne dies zum Anlass zu nehmen, seine Fahrweise und Geschwindigkeit den Straßen-, Witterungs- und Sichtverhältnissen anzupassen. Der Zeuge J. M., dessen Aussage der Senat bereits im ersten Berufungsdurchgang als glaubhaft angesehen hat (Bd. II Bl. 249 d. A.), hat überzeugend bekundet, dass er wegen des Regens nicht schnell, vielleicht 50 bis 60 km/h, fuhr, ihm im Bereich einer Kurve das vom Beklagten zu 1 geführte Auto entgegenkam und er den Eindruck hatte, dass ihn dieses Auto möglicherweise berühren würde. Wie der Zeuge weiter anschaulich beschrieben hat, hielt er sich dementsprechend schon hinter dem Lenkrad fest (Bd. I Bl. 148 d. A.).
cc) Außerdem rügt die Berufung mit Recht, dass das Landgericht das Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2 und die dauerhaften Beschwerden, vor allem die Belastung des Klägers durch das Regulierungsverhalten der Beklagtenseite und den langen Kampf, zu seinem Recht auf vollständigen Schadensersatz zu kommen, bei der Bemessung des Schmerzensgeldes außer Acht gelassen hat.
(1) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die verzögerte Schadensregulierung als Bemessungsfaktor Beachtung finden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass sich der leistungsfähige Schuldner einem erkennbar begründeten Anspruch ohne schutzwürdiges Interesse widersetzt (Senat NJW 2011, 933, 936 m. w. Nachw.; Palandt/Grüneberg, BGB 74. Aufl. § 253 Rn. 17). Die Erhöhung des Schmerzensgeldes darf jedoch keinen Sanktionscharakter besitzen, sondern ist nur dann gerechtfertigt, wenn die verzögerte Zahlung das gemäß § 253 BGB geschützte Interesse des Gläubigers beeinträchtigt. Davon ist etwa dann auszugehen, wenn der Geschädigte unter der langen Dauer der Schadensregulierung leidet; aber auch dann, wenn der Gläubiger den Schadensersatz dazu verwenden kann, um die Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu lindern, ist es geboten, der Verzögerung der Schadensregulierung durch eine Anhebung des Schmerzensgeldes Ausdruck zu verleihen (Senat NJW 2011, 933, 936).
(2) Das angefochtene Urteil enthält hierzu keine Erwägungen (vgl. Bd. III Bl. 552 bis 560 d. A.). Allerdings ist darin in Bezug auf die unfallbedingte Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion unter anderem vermerkt worden, der Sachverständige (Prof. Dr. med. Ri.) habe überzeugend dargelegt, dass diese Erkrankung erst nach Abschluss der juristischen Auseinandersetzung erfolgversprechend therapiert werden könne (Bd. III Bl. 560 d. A. Abs. 1).
(3) Nach Aktenlage leistete die Beklagte zu 2 nach dem Unfall vom 25.08.2006 erstmals gemäß Abrechnungsschreiben vom 18.01.2007 ausgehend von einer Haftungsquote von 50 v. H. einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 7.500 € (Bd. I Bl. 14 d. A.). Etwa eineinhalb Jahre nach dem Unfall zahlte die Beklagte zu 2 auf Grund des Abrechnungsschreibens vom 26.03.2008 ausgehend von einer Haftungsquote von 80 v. H. ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 3.500 €. Der Senat hat in dem Urteil vom 21.12.2010 das Grund- und Teilurteil des Landgerichts vom 30.12.2009 im Sinne einer Haftung der Beklagten zu 100 v. H. bestätigt und in Bezug auf das Schmerzensgeld ausgeführt, dass wegen der Art und Schwere der Unfallverletzungen – ohne dass es auf streitige fortdauernde unfallbedingte Beschwerden des Klägers maßgeblich ankommt – ein Schmerzensgeld von mehr als 11.000 € zu erwarten war (Bd. II Bl. 254 d. A.). Wörtlich heißt es im Senatsurteil vom 21.12.2010:
„Das Regulierungsverhalten der Beklagten zu 2) war zudem von der (Fehl-) Vorstellung getragen, ein Mitverursachungsanteil des Klägers sei anspruchsmindernd zu berücksichtigen.“ (aaO Abs. 2)
und
„Ist ein über die regulierten 11.000 € hinausgehendes Schmerzensgeld mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, begegnet es im Hinblick auf die Art und Schwere der Unfallverletzungen keinen durchgreifenden Zulässigkeitsbedenken, dass der Kläger mit dem Klageantrag zu 2. ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Teilschmerzensgeld für die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Unfallfolgen begehrt.“ (Bd. II Bl. 255 d. A. Abs. 2).
Ungeachtet dieser klaren Hinweise auf die Unangemessenheit der bisher geleisteten Vorschüsse ist die Beklagte zu 2 nicht in eine weitere Regulierung eingetreten. Es kommt hinzu, dass nach dem psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. Ri. vom 12.08.2013 bei dem Kläger eine unfallbedingte Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion vorlag und vorliegt, welche durch die langjährige juristische Auseinandersetzung als relevanter Stressor aufrechterhalten wird (Bd. III Bl. 517 d. A.). Die beklagte Partei hat mit Schriftsatz vom 10.10.2013 die Feststellungen des Sachverständigen nicht in Frage gestellt, die Schadensersatzvorstellungen des Klägers aber als weit überzogen bezeichnet (Bd. III Bl. 531 d. A.), und überhaupt keine weiteren Zahlungen, d. h. auch keine solchen in angemessener Höhe, geleistet, obgleich ihr bekannt sein musste, dass die letzte Zahlung vom 26.03.2008 noch auf der durch das landgerichtliche Urteil vom 30.12.2009 und das Senatsurteil vom 21.12.2010 hinfällig gewordenen Vorstellung beruhte, es griffe lediglich eine Haftung der Beklagten zu 80 v. H. ein. Die Beklagte zu 2 hat erst mehrere Monate nach Verkündung des angefochtenen Urteils vom 24.01.2014 auf der Grundlage des Schreibens vom 07.04.2014 einen weiteren Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 14.000 € gezahlt. Mithin war erst siebeneinhalb Jahre nach dem vom Beklagten zu 1 grob fahrlässig verursachten Unfall von Seiten der Beklagten zu 2 ein annähernd angemessenes Schmerzensgeld geleistet worden.
dd) Unter Berücksichtigung aller Umstände, auch des durch das Senatsurteil vom 21.12.2010 festgestellten immateriellen Vorbehalts, bemisst der Senat das Schmerzensgeld mit insgesamt 35.000 €, so dass unter Berücksichtigung des auf diese Hauptforderung gezahlter insgesamt 25.000 € noch weitere 10.000 € zuzusprechen sind. Insoweit ist klarzustellen, dass ein Teilbetrag von 11.000 € bereits vorgerichtlich gezahlt worden war. Auf den Klageantrag zu 2 entfallen daher (weitere) 24.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.12.2008, abzüglich am 08.04.2014 – also nach Einlegung der Berufung am 28.02.2014 (Bd. IV Bl. 583 d. A.) – gezahlter weiterer 14.000 €. Anders als die Berufungserwiderung gemeint hat (Bd. IV Bl. 605 d. A.), war der in der Berufungsbegründung gestellte Antrag von Anfang an begründet. Der Kläger hat das erstinstanzliche Urteil lediglich insoweit angefochten, als er ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000 € begehrt hat. Da die Zahlung nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung auf einen bereits titulierten Anspruch des Klägers erfolgt ist, blieb diese Zahlung auf den mit der Berufung allein verfolgten weiteren Anspruch ohne Einfluss.
3. Die geltend gemachten Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von fünf Pro-zentpunkten über dem Basiszinssatz (§§ 288 Abs. 1, 291 BGB) kann der Kläger auf Grund der maßgeblichen (§ 10 Abs. 5 AKB 1988 bzw. A.1.1.4 AKB 2008, dazu Palandt/Grüneberg, aaO § 425 Rn. 3) Klagezustellung an die Beklagte zu 2 am 15.12.2008 (Bd. I Bl. 50 d. A. Rücks.) gemäß §§ 291 Satz 1 Halbs. 1, 187 Abs. 1 BGB ab dem Folgetag (vgl. BGH NJW 2013, 2739, 2742 Rn. 29), also ab dem 16.12.2008 verlangen. Dem Kläger steht nach § 291 BGB ein Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen auf den unbeziffert geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchwegen des gesamten zuerkannten Schmerzensgeldbetrages zu (BGH NJW 1965, 1374, 1376; Palandt/Grüneberg, aaO § 291 Rn. 3).
II.
Die gemäß § 524 Abs. 1 ZPO zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist nicht begründet.
1. Die Anschlussberufung beschränkt sich, wie in der Berufungsverhandlung klargestellt worden ist (Bd. IV Bl. 659 d. A.), auf den vom Landgericht zugesprochenen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 5.754,60 € nebst Zinsen.
2. Hinsichtlich des zugesprochenen Haushaltsführungsschadens enthält die angefochtene Entscheidung indessen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten.
a) Der Verletzte kann gemäß §§ 843 Abs. 1 BGB, 11 StVG unter dem rechtlichen Aspekt der Vermehrung der Bedürfnisse auch für den Verlust der Fähigkeit, den eigenen Haushalt zu führen, Schadensersatz verlangen. Allerdings ist nicht für jede noch so geringfügige Beeinträchtigung in der Haushaltsführung Schadensersatz zu gewähren. Vielmehr tritt eine durch die Zuerkennung von Schadensersatz auszugleichende Mehrung der Bedürfnisse zum einen dann ein, wenn der Verletzte aufgrund des schädigenden Ereignisses die zuvor erbrachten Haushaltsleistungen zumindest teilweise nicht mehr ausüben kann. Dem steht es zum andern gleich, wenn die Ausübung der Haushaltstätigkeit bei wertender Betrachtung aufgrund der erlittenen Verletzungen unzumutbar ist. Unter diesen Voraussetzungen ist der Haushaltsführungsschaden auch erstattungsfähig, wenn der Verletzte – wie hier offenbar geschehen – von der Anstellung einer Haushaltshilfe absieht (Senat, Urt. v. 21.10.2008 – 4 U 454/07 – 154, juris Rn. 49, insoweit in OLGR 2009, 126 ff. und Schaden-Praxis 2009, 182 ff. nicht abgedruckt).
b) Das Landgericht ist unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 21.12.2010 (Bd. II Bl. 256 f. d. A.) zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger zur Geltendmachung des Haushaltsführungsschadens insoweit aktivlegitimiert ist, als die Haushaltstätigkeit des Klägers der eigenen Bedarfsdeckung dient (Bd. III Bl. 563 d. A.). Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Haushaltstätigkeit insoweit eine Erwerbstätigkeit im Sinne der §§ 842, 843 BGB dar, als sie für den Familienunterhalt erbracht wird und zwar gleichgültig, ob sie absprachegemäß von beiden Ehegatten anteilig oder von der Ehefrau oder dem Ehemann allein ausgeführt wird. Nur soweit die Haushaltstätigkeit der eigenen Bedarfsdeckung des Leistenden dient, gehört ihr Ausfall zu der Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse im Sinne von § 843 Abs. 1 Fall 2 BGB, die auf die Rente des Sozialversicherungsträgers oder die Verletztenrente mangels sachlicher Kongruenz nicht anzurechnen ist (BGH NJW 1985, 735; Wessel ZfSch 2010, 242, 244 f.; vgl. auch BGH NZV 2003, 172). Ist im Wesentlichen Ersatz für (grobe) Hausarbeit zu leisten, wird in der Regel der auf die Eigenversorgung entfallende Zeitbedarf nach der Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen zu ermitteln sein. Eine derartige Aufteilung ist nicht nur aus Gründen der Praktikabilität nahegelegt, sondern wird dem nicht exakt zu erfassenden Aufwand für das einzelne Familienglied insgesamt am Ehesten entsprechen, falls keine besonderen Umstände für eine andere Gewichtung ersichtlich sind. Zwar kann beim Wegfall einer Person aus einem Mehrpersonenhaushalt die in Abzug zu bringende Arbeitszeit wegen des im Haushalt anfallenden personenunabhängigen Aufwandes nicht einfach durch einen Abzug nach Kopfteilen errechnet werden, sondern ist vielmehr ein geringerer Abzug geboten. Diese Berechnungsmethode erscheint jedoch bei der nach § 843 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Aufteilung der Hausarbeit, die der Leistende für sich selbst erbringt, und derjenigen, die er für die Familienangehörigen leistet, ausnahmsweise sachgerecht, weil der personenunabhängige Zeitbedarf sowohl dem Verletzten selbst als auch seinen Familienangehörigen zu Gute kommt und damit beiden Zwecken dient (BGH NJW 1985, 735, 736; so auch Senatsurt. v. 31.01.2013 – 4 U 349/11 – 110, juris Rn. 49).
c) Zutreffend hat das Landgericht unter Berücksichtigung der Haushaltsgröße einen auf den Kläger entfallenden wöchentlichen Arbeitsaufwand von 20 Stunden zu Grunde gelegt.
aa) Diese Schätzung überzeugt unter Berücksichtigung der nach dem Inbegriff der Verhandlungen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme festzustellenden Größe des Haushalts und der vorstehend dargestellten Grundsätze, wonach der auf die Eigenversorgung entfallende Zeitbedarf aus Gründen der Praktikabilität nach der Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen ermittelt werden kann. Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin B. U., hat bei der Vernehmung durch das Landgericht am 25.03.2011 detailreich und überzeugend beschrieben, dass sie als Arbeitsvermittlerin mit einer Wochenarbeitszeit von 39 bis 40 Stunden vollschichtig berufstätig ist. Bei dem zusammen mit dem Kläger unter der im Rubrum angegebenen Anschrift in P. bewohnten Haus handelt es sich um ein freistehendes, anderthalbgeschossiges Einfamilienhaus mit Doppelgarage. Das Grundstück hat eine Fläche von 565 m², das Haus eine Grundfläche von circa 9 m mal 10 m. Vor dem Haus befindet sich ein Vorgarten, hinter dem Haus ein Garten. Die Innenaufteilung des Hauses und die Einrichtung einschließlich der technischen Geräte ist von der Zeugin erkennbar so genau als möglich beschrieben worden (Bd. II Bl. 286 ff. d. A.). Für den Senat ergeben sich keine Anhaltspunkte, an der Richtigkeit dieser ins Einzelne gehenden Angaben der Zeugin zu zweifeln. Die Zeugin hat bei der eingehenden Befragung durch das Landgericht den Zuschnitt des Haushalts und den Tagesablauf der beiden berufstätigen Ehepartner plausibel beschrieben und z. B. offen gelegt, dass sie die Gartenfläche nur grob schätzen kann, weil sie diese – was lebensnah ist – nicht ausgemessen hat (Bd. II Bl. 286 d. A. Mitte).
bb) Die Schätzung des Landgerichts überzeugt auch mit Blick auf einschlägige Erhebungen. So wird in bei Pardey (Der Haushaltsführungsschaden 8. Aufl. (2013), 109), einem anerkannten Tabellenwerk (vgl. BGH NZV 2009, 278 Rn. 5 zur 6. Aufl. des als „Schulz-Borck/Hofmann“ bekannten Vorgängerwerks) für einen Zwei-Personen-Haushalt ohne Kinder, in dem beide Ehegatten erwerbstätig sind, eine Arbeitszeit für den Ehemann von 19,1 Stunden je Woche zu Grunde gelegt. Selbst in einem solchen Haushalt ohne Kinder ist bei beiderseitiger Erwerbstätigkeit beim Ehemann eine Zeit von 1,9 Stunden je Woche für Pflege und Betreuung von Personen anzusetzen (Pardey, aaO 110). Das ergibt sich schon aus der Überlegung, dass nicht nur Kinder der Pflege und Betreuung bedürfen, sondern z. B. auch ein Ehepartner im Falle einer (vorübergehenden) Erkrankung. Es leuchtet auch ein, dass solche Betreuungszeiten nicht gleichmäßig anfallen und schwer zu kalkulieren sind, weshalb es sich um einen Durchschnittswert handelt.
cc) Der Einwand der Anschlussberufung, bei Abwesenheit einer Person reduziere sich auch der Reinigungsaufwand (Bd. IV Bl. 621 d. A. unten), ist nicht nachzuvollziehen. Der BGH hat entschieden, dass in einem Ein-Personen-Haushalt während der Zeit einer stationären Behandlung der Haushaltsführungsschaden naturgemäß deutlich reduziert ist und sich im Allgemeinen auf notwendige Erhaltungsmaßnahmen beschränkt (BGH NZV 2009, 278 Rn. 7). Vorliegend handelt es sich jedoch um einen Zwei-Personen-Haushalt. Nach der Lebenserfahrung ist nicht davon auszugehen, dass in einem solchen Haushalt wie demjenigen des Klägers bei Abwesenheit eines von zwei berufstätigen Ehepartnern in einzelnen Räumen des Hauses oder auf abgrenzbaren Teilflächen des Grundstückes kein Reinigungsbedarf mehr eintritt oder sich Reinigungsintervalle – ohne Beeinträchtigung der Wohnqualität des weiterhin anwesenden Ehegatten – messbar verlängerten. Eine Beschränkung auf notwendige Erhaltungsmaßnahmen wie in einem vorübergehend bewohnten Ein-Personen-Haushalt ist dem in der Wohnung verbleibenden Ehegatten nicht zuzumuten. Auch das Bedenken der Anschlussberufung, die Wäsche reduziere sich in einem solchen Fall um die Hälfte (aaO), ist mit den Erfahrungen des praktischen Lebens nicht zu vereinbaren. Ein mehrwöchiger stationärer Klinikaufenthalt eines verletzten Ehegatten führt nicht dazu, dass bei diesem Ehegatten weniger oder gar überhaupt keine Wäsche anfiele; denn bekanntlich waschen Krankenhäuser nicht die private Wäsche der Patienten, sondern obliegt die Wäsche weiterhin den Angehörigen, hier offenkundig der Ehefrau des Klägers. Soweit sich die Anschlussberufung im nach der Berufungsverhandlung eingereichten Schriftsatz vom 09.02.2015 auf das Urteil des OLG München vom 21.03.2014 – 10 U 1750/13 (NZV 2014, 577 ff.) bezieht, ist diese Entscheidung schon aus tatsächlichen Gründen nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar: Im dortigen Fall lebten die Anspruchstellerin und deren Ehemann in einer lediglich 85 m² großen Wohnung, und außerdem hatte der Ehemann nach dem Ergebnis der dortigen Beweisaufnahme nur wenig Wäsche benötigt (OLG München NZV 2014, 577, 580).
dd) Ebenso wenig verfängt der Einwand der Anschlussberufung, im Zeitraum vom 25.08.2006 bis zum 15.09.2006 seien Gartenarbeiten wie Rasenmähen und Pflanzenschneiden wenn überhaupt, dann nicht mehr wöchentlich angefallen, und außerdem liege dieser Zeitraum in der Urlaubszeit, weshalb Gartenarbeiten ohne Weiteres einmal für zwei oder drei Wochen ausfallen könnten (Bd. IV Bl. 621 d. A. unten). Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich, wie der vorliegende Fall eines Unfalls aus dem Jahre 2006 belegt, tatsächliche Zeitanteile im Haushalt Jahre später nicht tag- und stundengenau rekonstruieren lassen. Im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO soll das Gericht die Schadenshöhe allerdings gerade schätzen, wobei in Kauf genommen wird, dass das Ergebnis unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (BGH NJW 1964, 589; Zöller/Greger, aaO § 287 Rn. 2). Nur wenn mangels greifbarer Anhaltspunkte eine Grundlage für das Urteil nicht zu gewinnen ist und das richterliche Ermessen vollends in der Luft hängen würde, wenn also eine Schätzung nicht möglich ist, bleibt es bei der Regel, dass den Kläger die Beweislast für die klagebegründenden Tatsachen trifft und deren Nichterweislichkeit ihm schadet (BGH NJW 2013, 525, 527 Rn. 23). Daher begegnet es keinen Bedenken, wenn der Arbeitsaufwand des Klägers unter Berücksichtigung der Grundstücks- und Haushaltsgröße und seines Lebenszuschnitts als Durchschnittswert geschätzt wird; eine jahreszeitabhängige oder gar taggenaue Rekonstruktion ist weder erforderlich noch praktikabel.
d) Bedenkenfrei hat das Landgericht den ortsüblichen Stundenlohn für Hilfskräfte angesetzt (vgl. OLG Celle OLGR 2009, 354, 356) und diesen für den sich vom 25.08.2006 bis zum 31.12.2009 erstreckenden Zeitraum durchweg mit 9 € angenommen (Bd. III Bl. 565 d. A.). Nach der in der Regulierungspraxis für Durchschnittshaushalte und gehobene Haushalte ohne Kinder heranziehbaren Entgeltgruppe 2 TVöD (Pardey, aaO S. 104) würde sich ab 2006 ein Stundenentgelt von 9,79 € ergeben (Schulz-Borck/Günther, Entgelttabellen TVöD-Bund zur Bewertung von Personenschäden in der Haushaltsführung Stand: Januar 2006). Der Senat hat bereits im Jahre 2008 einen Stundensatz von 9,45 € für einen Haushaltsführungsschaden von September 2002 bis Juli 2005 (noch) gebilligt (Senat, Urt. v. 21.10.2008 – 4 U 454/07 – 154, juris Rn. 52, insoweit in OLGR 2009, 126 ff. und Schaden-Praxis 2009, 182 ff. nicht abgedruckt).
e) Die Anschlussberufung rügt weiter, dass das Landgericht ab 10.11.2006 von einer haushaltsbedingten MdE von 15 v. H. ausgegangen sei und sich hierbei auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. Prof. Dr. R. gestützt habe. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, wie der Sachverständige diesen Wert ermittelt haben wolle (Bd. IV Bl. 622 d. A.). Diese Rüge hat keinen Erfolg.
aa) Soweit sich die Anschlussberufung nunmehr gegen die gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. Prof. Dr. R. wendet, handelt es sich um neues Vorbringen in der Berufungsinstanz, das gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist. Das Landgericht hat den Parteien durch Beschluss vom 23.02.2012 eine überdies als „Ausschlussfrist“ bezeichnete Frist zur Stellungnahme und zur Erhebung von Einwendungen gegen die in diesem Sachverständigengutachten getroffenen Feststellungen gesetzt und ausdrücklich auf die Rechtsfolgen der §§ 411 Abs. 4 Satz 2, 296 ZPO hingewiesen (Bd. III Bl. 421 f. d. A.). Die Beklagten haben daraufhin nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 05.04.2012 zum Gutachten Stellung genommen, ohne die Ausführungen zur haushaltsbedingten MdE in Zweifel zu ziehen (Bd. III Bl. 435 f. d. A.). Vielmehr heißt es in dem Schriftsatz vom 05.04.2012, bei der Haushaltsführung habe der Sachverständige eine konkrete Behinderung seit Mitte November 2006 bis zum heutigen Zeitpunkt sowie für die Zukunft „von insgesamt nur 15 % angenommen“; ein solcher Wert wirke sich jedoch nicht aus, da eine derart geringfügige Beeinträchtigung durch eine zumutbare Änderung der Organisation und zeitlichen Aufteilung der Haushaltstätigkeiten ohne Weiteres kompensiert werden könne (Bd. III Bl. 436 d. A.). In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 05.12.2013 haben die Parteienvertreter übereinstimmend erklärt, sie hätten keine weiteren Anmerkungen zu den eingeholten Sachverständigengutachten (Bd. III Bl. 539 d. A.).
bb) Im Übrigen ist, anders als die Anschlussberufung meint (Bd. IV Bl. 622 d. A.), nicht anzunehmen, das Landgericht habe sich „quasi blind dem schriftlichen Gutachten angeschlossen“ und alle nunmehr von der Anschlussberufung vorgebrachten Umstände keiner kritischen Würdigung unterzogen. Das angefochtene Urteil lässt erkennen, dass sich das Erstgericht durchaus sowohl mit dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. med. Prof. Dr. R. als auch mit demjenigen des Sachverständigen Prof. Dr. med. Ri. auseinandergesetzt hat (Bd. III Bl. 564 d. A.). Der Sachverständige Prof. Dr. med. Prof. Dr. R. hat die Schwierigkeiten bei der retrospektiven Bestimmung der Minderung der Hausarbeitsfähigkeit (MdH) im Jahre 2012 für den vom 25.08.2006 bis zum 31.12.2009 bezifferten und erstinstanzlich ausgeurteilten (Bd. III Bl. 565 d. A.) Haushaltsführungsschaden anschaulich beschrieben (Bd. III Bl. 414 ff. d. A.). Insoweit ist zu bemerken, dass die beiden rechten Spalten der vom Sachverständigen wiedergegebenen Tabellen mehrere Jahre über den bezifferten Zeitraum hinaus gehen und auch den für die Zukunft wahrscheinlichen Haushaltsführungsschaden betreffen (Bd. III Bl. 417 f. d. A.).
f) Entgegen der Auffassung der Anschlussberufung (Bd. IV Bl. 623 d. A.) hat das Landgericht bei der Schätzung des Stundenlohns auf 9 € und bei der Zuerkennung einer Beeinträchtigung von 67 v. H. für die Zeit vom 15.09. bis zum 27.10.2006 nicht gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Das Gericht darf bei einem einheitlichen Streitgegenstand grundsätzlich die einzelnen (unselbständigen) Posten der Höhe nach verschieben, sofern die Endsumme nicht überschritten wird, und dabei hinsichtlich einzelner Rechnungsposten sogar über das Geforderte hinausgehen (BGH NJW-RR 1990, 997, 998; Zöller/Vollkommer, aaO § 308 Rn. 4).
g) Anders als die Anschlussberufung meint (Bd. IV Bl. 622 f. d. A.), oblag es dem Kläger nicht, zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 BGB) den Ausfall seiner Arbeitskraft in der Haushaltsführung durch Umorganisation des Haushalts und zeitliche Aufteilung der Haushaltstätigkeiten seit dem 10.11.2006 vollständig zu kompensieren.
aa) Der Geschädigte ist allerdings gehalten, den Ausfall seiner Arbeitskraft in der Haushaltsführung durch Umorganisation oder den Einsatz technischer Hilfsmittel zu kompensieren. Hierbei darf die Umorganisation nicht dazu führen, dass ein anderes Haushaltsmitglied als Folge des Unfalls in stärkerem Umfang als bisher im Haushalt mitarbeiten muss. Vielmehr beschränkt sich die Obliegenheit zur Umverteilung darauf, die Arbeitsleistungen in dem vor dem Unfall praktizierten Umfang neu zu verteilen. Die Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB ist einzelfallbezogen und einer generalisierenden Betrachtung nur eingeschränkt zugänglich. So verbietet sich insbesondere der Schluss, ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine Geringfügigkeitsgrenze anzuerkennen, deren Unterschreitung der Zuerkennung von Haushaltsführungsschaden grundsätzlich entgegensteht. Gleichwohl ist es im Rahmen der Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO nicht rechtsfehlerhaft, von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass eine unter 10 v. H. liegende Beeinträchtigung der Haushaltführung zumindest im Regelfall vollständig schadensvermeidend kompensiert werden kann. Andererseits ist die Grenze der zumutbaren Umorganisation, die zu einem vollständigen Haftungsausschluss führt, regelmäßig bei einer Beeinträchtigung von mehr als 20 v. H. überschritten (Senat Schaden-Praxis 2014, 11 ff., juris Rn. 43).
bb) Die vorliegend ab dem 10.11.2006 anzusetzende MdH von 15 v. H. (Bd. IV Bl. 564 d. A. oben) liegt oberhalb der Beeinträchtigung der Haushaltführung von unter 10 v. H., die zumindest im Regelfall vollständig schadensvermeidend kompensiert werden kann. Unter Einbeziehung aller Umstände ist dem Kläger eine zu einem vollständigen Haftungsausschluss führende Umorganisation nicht zuzumuten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die eheliche Wohnung nach den glaubhaften Angaben der ebenfalls vollschichtig berufstätigen Ehefrau, der Zeugin U., bereits mit moderner Technik wie Spülmaschine, Wäschetrockner usw. ausgestattet ist, sich durch weiteren Maschineneinsatz (vgl. dazu Senat Schaden-Praxis 2014, 11 ff., juris Rn. 52) der Haushaltsaufwand also voraussichtlich nicht wesentlich reduzieren lässt. Hinzu kommt, dass der Kläger nach den ebenso glaubhaften Angaben der Zeugin U. vor dem Unfall auch im Kernbereich der Haushaltsführung (vgl. dazu Senat Schaden-Praxis 2014, 11 ff., juris Rn. 53) beim Reinigen und Wäschewaschen etwa gleichgewichtig mithalf (Bd. II Bl. 287 f. d. A.).
h) Der Zinsanspruch ergibt sich in Bezug auf den Haushaltsführungsschaden, wie das Landgericht beanstandungsfrei ausgeführt hat (Bd. III Bl. 565 d. A.), aus §§ 286, 288 BGB.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht für die Kosten des ersten Rechtszugs auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO und für das Berufungsverfahren auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
3. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen; denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.