LG Nürnberg-Fürth – Az.: 2 O 6385/11 – Urteil vom 11.07.2012
I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 2.373,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.3.2011 zu bezahlen.
II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 311,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.9.2011 zu bezahlen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu 62 %, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu 38 % zu tragen.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
BESCHLUSS: Der Streitwert wird auf 6.179,65 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 21.2.2011.
Am 21.2.2011 gegen 18.50 Uhr fuhr der Kläger mit dem in seinem Eigentum stehenden Audi A3, amtl. … die … in östliche Richtung und wollte die Kreuzung mit der … geradeaus überqueren. An der Kreuzung hatte der Kläger die Vorfahrtsregelung „Rechts vor links“ zu beachten. Der Beklagte zu 1) fuhr mit dem Pkw, Marke Mercedes Benz, amtl. Kennz … welcher bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, auf der Voltastraße in nördlicher Richtung und war vorfahrtsberechtigt. In der leicht versetzten Kreuzung kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge. In der … und in der … gelten jeweils 30 km/h als zulässige Geschwindigkeit.
Der Totalschaden in Höhe von 4.349,00 €, die Sachverständigenkosten in Höhe von 783,14 €, Abschleppkosten von 423,45 €, Benzinkosten in Höhe von 70,00 € und Kosten für den Feuerwehreinsatz in Höhe von 214,06 € sind unstreitig.
Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1) sei mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren. Er ist der Meinung, dass aufgrund dieses grob verkehrswidrigen Verhaltens der Beklagte zu 1) die Vorfahrtsverletzung des Klägers und die Betriebsgefahr des klägerischen Pkw zurücktreten und das Unfallereignis somit durch den Beklagten zu 1) allein verursacht und verschuldet worden sei.
Der Kläger beantragt daher wie folgt:
I. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 6.179,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.3.2011 zu bezahlen.
II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 693,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten bestreiten, dass der Beklagte zu 1) mit überhöhter Geschwindigkeit in die Kreuzung eingefahren sei. Die An- und Abmeldekosten in Höhe von 70,00 € sowie die Nebenkosten in Höhe von 30,00 € halten sie für übersetzt. Die Umbaukosten in Höhe von 240,00 € werden wegen fehlenden Nachweises bestritten.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die informatorische Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1) im Termin vom 15.2.2012.
Das Gericht hat das im Verfahren der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Az. 707 Js 63280/11, eingeholte schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen … gemäß § 411 a ZPO verwertet. Der Sachverständige wurde im Termin vom 13.6.2012 zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens angehört.
Hierzu wird auf die Sitzungsniederschriften vom 15.2.2012 und 13.6.2012 verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
I.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG in Höhe von 2.373,86 €.
Nach § 17 Abs. 2 StVG haben bei einem Unfall mit mehreren Kraftfahrzeugen beide Seiten, Schädiger und Geschädigter, für die Betriebsgefahr des unfallbedingten Kraftfahrzeuges einzustehen. Die Haftungsquote ist durch Abwägung nach § 17 Abs. 2, 1 StVG zu bestimmen. Die Haftung der Beklagten ist dann ausgeschlossen, wenn es sich nach § 17 Abs. 3 StVG bei dem Unfall um ein unabwendbares Ereignis handeln würde. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Ereignis in diesem Sinne dann unabwendbar, wenn es durch äußerste Sorgfalt nicht abgewendet werden kann (BGHZ 117, 337). Gefordert wird gemäß einem Durchschnittsverkehrsverhalten eines Idealfahrers (BGHZ 113, 164).
Diesen Unabwendbarkeitsnachweis haben die Beklagten und der Kläger nicht erbracht.
Steht somit die grundsätzliche Haftung der Parteien fest, so hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes nach § 17 StVG von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Für das Maß der Verursachung ist ausschlaggebend, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein Verhalten geeignet ist, Schäden der vorliegenden Art herbeizuführen. Von beiden Teilen zu tragende Betriebsgefahr kann dabei durch das Verschulden der Beteiligten erhöht werden. Im Rahmen der Abwägung können zulasten einer Partei aber nur solche Tatsachen berücksichtigt werden, die als unfallursächlich feststehen.
Nach den vorgenannten Grundsätzen kommt das Gericht zu einer Haftungsquotelung von 60 : 40, wobei den Kläger der höhere Haftungsanteil trifft.
Der Kläger hat gem. § 8 Abs. 1 S. 1 StVO gegen die Vorfahrtspflicht „Rechts vor links“ verstoßen. Der Sachverständige setzte beim Kläger eine Ausgangsgeschwindigkeit von 32 – 36 km/h fest. Auszugehen ist hier von einer Geschwindigkeit von 32 km/h. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung in einem höheren Bereich kann dem Kläger nicht nachgewiesen werden. Der Vorfahrtspflichtverstoß des Klägers wird als der höhere Verkehrsverstoß angesehen.
Der Beklagte zu 1) hat gegen § 3 Abs. 1 StVO gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h verstoßen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten, deren Feststellungen sich das Gericht zu eigen macht, zum Ergebnis, dass für den Beklagten zu 1) eine Ausgangsgeschwindigkeit zum Unfallzeitpunkt von 51 – 58 km/h anzusetzen sei. Es handelt sich im vorliegenden Fall bei der Unfallörtlichkeit um eine unübersichtliche Kreuzung. Für den Beklagten zu 1) war die Unfallörtlichkeit praktisch nicht einsehbar, da eine Hauskante komplett die Sicht versperrte.
Unter Berücksichtigung der beiden Verkehrsverstöße beim Kläger der Verstoß gegen die Vorfahrtspflicht und beim Beklagten die Verpflichtung der Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und besonderes vorsichtiges Fahren bei der unübersichtlichen Kreuzung führen zu einer Haftungsquote von 60 : 40.
Die Haftung der Beklagten zu 40 % hält das Gericht für angemessen und ausreichend.
Zu einer Haftung des Klägers von 60 % kommt das Gericht deshalb, weil der Kläger an der Höhe eine Mitschuld hat. Sein Mitverschulden besteht darin, dass er die Vorfahrt des Beklagten zu 1) verletzt hat. Bei genügender Aufmerksamkeit hätte auch der Kläger den Unfall vermeiden können.
Der Kläger hat Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 1.887,80 €.
Dieser errechnet sich wie folgt:
Totalschaden 4.349,00 €
Sachverständigenkosten 783,14 €
Abschleppkosten 423,45 €
Benzinkosten 70,00 €
Kosten Feuerwehreinsatz 214,06 €
Um- und Abmeldung 70,00 €
Nebenkosten 25,00 €
= 5.934,65 € davon 40 % = 2.373,86 €.
Die Umbaukosten in Höhe von 240,00 € konnte das Gericht bei der Schadensberechnung nicht berücksichtigen, da diese bestritten wurde und ein Nachweis der Klagepartei nicht vorgelegt wurde. Die Um- und Abmeldekosten schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 70,00 €, die Nebenkostenpauschale auf 25,00 €.
Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Diese errechnen sich aus einem Gegenstandswert von 2.373,86 €.
1,5 241,50 €
+ Unkostenpauschale 20,00 €
= 261,50 €
+ 19 % Mehrwertsteuer 49,68 €
= insgesamt 311,18 €
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288, 286 ZPO.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.