AG Hannover – Az.: 442 C 6013/19 – Urteil vom 17.10.2019
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.478,55 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.5.2019 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 26 % und die Beklagte 74 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Rückzahlung eines Teils des Reisepreises.
Die Kläger sind ein Ehepaar, das bei dem Reisebüro…, für sich und ihre Tochter, die Zeugin …., zunächst einen Aufenthalt in dem … in … für den Zeitraum vom 22.12. – 31.12.2018 und einen Flug von Bremen über Amsterdam nach Curacao nach dem 1.7.2018 buchte. Der Leistungsträger für das Hotel ist die Beklagte (Anlage K7). Leistungsträger für den Flug ein anderes Unternehmen. Aus dem Buchungsunterlagen des Reisebüros ergibt sich, dass für das Hotel ein Betrag in Höhe von 2.607,00 € direkt an die Beklagte zu zahlen waren, der übrige Betrag für die Anreise aber an das Reisebüro (Anlage K1). Kurz vor Abreise wurde der Klägerin und ihrem Ehemann mitgeteilt, dass das Hotel nicht zur Verfügung stehe. Darauf buchten die Beklagten das … . Leistungsträger für dieses Hotel ist die Beklagte (Anlage K5).
Bereits am ersten Tag zeigten die Kläger die streitigen Mängel gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten an.
Die Kläger behaupten, einen Vertrag mit der Beklagten abgeschlossen zu haben. Die Klägerin behaupten zu der Unterbringung in dem Hotel Folgendes: Das Zimmer der Klägerin zu 1) habe sich an am ersten Reisetag nicht öffnen lassen. Daraufhin haben die Klägerin zu 1) und die Zeugin … gemeinsam in einem Zimmer übernachtet. Am dritten Tage habe sich dann das Zimmer der Klägerin zu 1) wieder öffnen lassen. Dann habe sich ab dem dritten Reisetag das Zimmer der Zeugin … nicht mehr öffnen lassen. Nach Versuchen seitens des Hotels die Tür zu öffnen, sei diese anschließend nicht mehr verschließbar gewesen. Hierauf habe die Zeugin … bis zur Abreise nur noch im Zimmer der Klägerin zu 1) geschlafen und aufgehalten. Das Zimmer des Klägers zu 2) sei nicht ausreichend klimatisiert gewesen. Die Möbelausstattung in den Zimmern sei verdreckt, veraltet und verschlissen gewesen. Das Buffet habe jeden Tag gleichermaßen Fleisch, Reis und ein Behälter Nudeln umfasst. Teilweise habe es beim Fleisch neben Hühnchenfleisch auch Rindfleisch oder an einigen Tagen auch gegebenenfalls etwas Gemüse gegeben. Zudem habe es jeweils noch eine Vorspeise und einen Salat gegeben. Sämtliche Speisen seien von niedriger Qualität gewesen. Das Speisenangebot sei nicht jeden Tag vollständig angeboten worden, insbesondere einzelne Produkte wie Marmelade o. ä. seien von Tag zu Tag ausgegangen. Das gilt auch für das Getränkeangebot, zeitweise seien Getränke ausgegangen, teilweise seien Getränke mit Leitungswasser verdünnt worden bzw. als Wasser sei Leitungswasser angeboten worden. Der Fitnessbereich habe teilweise unter Wasser gestanden und deswegen nicht benutzbar gewesen. Der Innen- und Außenbereich der Hotelanlage sei nicht gereinigt gewesen, weshalb eine erhebliche Ungezieferplage vorgeherrscht habe. Insbesondere seien Moskitos in den Zimmern gewesen. Die Essenstische sei nicht abgeräumt worden, sodass Tiere sich an den Essensresten bedient haben. Die Tiere haben das Essen auch mit zu anderen Bereichen des Außenbereichs genommen. Die Zugangswege seien teilweise überwuchert gewesen. Der Pool sei Pool stark verschmutzt gewesen, insbesondere durch Tierkot. Morgens und abends haben im Pool Leguane gebadet. Die eigentlich blauen Bodenfliesen des Pools seien dunkel vor Dreck gewesen. Am Pool haben sich Leguane und Katzen aufgehalten. Der Weg zum Strand sei mit veralteten Brettern, aus denen Nägeln hervorgeschaut haben, ausgestattet gewesen.
Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass der Pool regelmäßig gereinigt worden sei. Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie nicht passiv legitimiert sei. Mit ihr sei kein Vertrag zustande gekommen.
Die Klage ist der Beklagten am 24.5.2019 zugestellt worden.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2019 die Zeugin … vernommen. Insoweit wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung verwiesen (Bl. 89 ff. d. A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im Umfang von 1.478,55 € begründet.
Die Beklagte ist passivlegitimiert. Sie ist Vertragspartnerin der Kläger. Diese haben bei der Beklagten eine Hotelunterkunft gebucht. Die Beklagte hat die Buchung bestätigt (Anlage K5 und K7). Mithin liegt ein Beherbergungsvertrag vor, auf den das Mietrecht anzuwenden ist.
Dagegen liegt kein Pauschalreisevertrag mit der Beklagten vor. Gebucht war lediglich eine einzelne Reiseleistung, nämlich die Hotelunterkunft bei der Beklagten. Nach der Neufassung des Reisevertragsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch sind einzelne Reiseleistungen nicht mehr vom Pauschalreiserecht umfasst. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich gegen eine Übernahme der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entschieden (vgl. Staudinger in Führich/Staudinger, Reiserecht, 8. Aufl., § 2, Rn. 9, S. 29 m. w. N.).
Es kann dahinstehen, ob das Reisebüro hier Reiseveranstalter nach § 651b I BGB ist. Möglicherweise habe die Kläger hier zwei Reiseleistung in einer einzigen Vertriebsstelle des Unternehmers im Rahmen desselben Buchungsvorgangs ausgewählt, bevor sie sich zur Zahlung verpflichteten. Zwar ist das Hotel nach dem Buchungsvorgang als dem Vorgang, in dem der Reisende mit einer Reservierung verbunden ein Angebot zum Abschluss eines Reisevertrages abgibt (Palandt, BGB, 78. Aufl. § 651b Rn. 6), nochmals ausgetauscht worden. Eine Preisänderung ging damit aber nicht einher. Zudem wäre es mit dem Schutzzweck des § 651b BGB unvereinbar, wenn bei Austausch einer Reiseleistung durch den Leistungserbringer nach Abschluss der Buchung die Regelung des § 651b I Nr. 1 BGB leer liefe.
Allerdings besteht neben der Regelung des § 651b I BGB, die den Reisenden zu schützen sucht, weiterhin ein konkreter Anspruch aus dem jeweiligen Vertrag mit dem Leistungserbringer. Dass dieser Vertrag hier nicht entstanden sein soll, wird durch § 651b BGB nicht vorgegeben. Auch die Richtlinie 2015/3202 vom 25.11.2015 sieht in Art. 3 Nr. 2 UAbs. 1 lit. B weiterhin die Möglichkeit des Bestehens separater Verträge vor (vgl. auch hierzu Steinrötter in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 651b 1. Überarbeitung, Rn. 26 ff.). Vorliegend handelt es sich um den streitgegenständlichen Beherbergungsvertrag.
Mithin steht den Klägern ein Minderungsrecht aus dem Beherbergungsvertrag mit der Beklagten zu, wobei die Regelung des Mietrechts anzuwenden sind. Voraussetzung für ein Minderungsrecht des Übernachtungsgastes ist das Vorliegen eines Mangels, der die Tauglichkeit des Objektes einschränkt, § 563 I BGB. Grundsätzlich tritt die Minderung bei anfänglichen Mängeln, die bereits im Zeitpunkt des Check-Ins und der Übergabe des Zimmers bestanden, ohne weitere Anzeigepflicht des Mieters ein. Mängel, die dagegen erst während der Mietzeit auftreten, gewähren dann kein Minderungsrecht, wenn aufgrund des Unterlassens der Anzeige Abhilfe nicht geschaffen werden konnte, § 536c II S. 2 Nr. 1 BGB. Hierfür ist die Klägerseite darlegungs- und beweisbelastet.
Für den Umfang der Mängel haben die Kläger die ihnen obliegende Beweis geführt. Ausweislich der glaubhaften Aussage der Zeugin … ergeben sich folgende Mängel: während des gesamten Aufenthalts war für die Klägerin zu 1) und die Zeugin … insgesamt jeweils nur ein gemeinsames Zimmer abschließbar bzw. zu öffnen und damit nutzbar. Die Klimaanlage in dem Zimmer des Klägers zu 2) funktionierte während des gesamten Aufenthalts nicht. Der Außenbereich war verdreckt, insbesondere am Pool und im Essbereich lag Tierkot herum. Zudem war die Verpflegung nicht ausreichend, insbesondere waren nicht immer alle Lebensmittel vorhanden, dies bezieht sich vor allem auf Butter und Marmelade am Frühstück. Auch die Getränke waren nicht ausreichend jeden Tag vorhanden. Ebenso war auch das Zimmer des Klägers zu 2) nicht gepflegt möbliert, sondern die Stühle verdreckt und tote Insekten in den Möbeln zu finden. Überdies war der Pool auch nicht benutzbar, denn im Pool war der Boden bereits grün, der Rand des Pools mit Kot verdreckt und Tiere am Pool. Der Fitnessraum stand die ganze Zeit unter Wasser und war deswegen nicht benutzbar.
Demnach war der Preis für die Unterkunft um insgesamt 1.478,55 € zu mindern, im Einzelnen:
– während der gesamten Reisezeit war stets eines der drei Zimmer entweder nicht zugänglich oder nicht abschließbar, mithin nicht nutzbar. Die Klägerin zu 1) und die Zeugin waren beide hierdurch beeinträchtigt, weshalb der Übernachtungspreis für beide um jeweils 30 % zu mindern ist. Dies entspricht einen Minderungsbetrag von 521,40 €.
– fehlende Klimatisierung und ungepflegte Möbel im Zimmer des Klägers zu 2), mithin eine Minderung um Umfang von 15 % = 130,35 € eintrat.
– Tierkot und Essenreste im Außenbereich, mithin eine Minderung um Umfang von 10 % auf den gesamten Reisepreis = 206,07 € eintrat.
– Unbenutzbarkeit de Pools, mithin eine Minderung um Umfang von 10 % = 206,07 € eintrat.
– Fehlende Vollständigkeit von Speisen und Getränken, mithin eine Minderung um Umfang von 10 % = 206,07 € eintrat.
– Nichtbenutzbarkeit des Fitnessraums, 206,07 % = 206,07 €
Sämtliche Mängel lagen bereits bei Beginn des Aufenthalts vor. Die Anzeige von Mängeln am ersten Reisetag gegenüber den Mitarbeitern der Beklagte hat diese überdies nicht bestritten.
Aufgrund des Minderungsrechts aus § 536 I BGB ist die Beklagte verpflichtet, die bereits gezahlte Differenz zurückzuerstatten, § 812 I 1 BGB.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 I, 291 BGB.
Soweit die Kläger weitere Mängel behaupten, sind diese nicht erheblich bzw. nicht substantiiert vorgetragen. Das Essen im Allgemeinen mag eintönig gewesen sein, dass dieses konkret mangelhaft war ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger hierzu nicht. Auch der behauptete Mangel bzgl. des Weges zum Strand ist nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Ein Nagel allein, wie auf dem Bild Bl. 19 d. A. zu erkennen sein soll, stellt für sich keinen Mangel da. Aus den eingereichten Bildern ergeben sich ebenfalls keine weiteren ausreichenden Hinweise auf Mängel. Teilweise ist überhaupt nicht erkennbar, was die Bilder zeigen sollen. Auch ist nicht ersichtlich, was mit der Behauptung, es sei ein Geruch über der Anlage gewesen, gemeint ist.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I, 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.