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Formell und materiell baurechtswidrige Wohnung – Nutzungsuntersagung gegen Mieter

Eigentümer errichtet Doppelhaus und unterschreitet den gesetzlichen Mindestabstand zum Nachbargrundstück um bis zu 45 Zentimeter. Die Bauaufsicht ordnet ein Nutzungsverbot für die Wohnungen an. Mieter müssen ihre Wohnungen verlassen, da das Gebäude nicht den baurechtlichen Vorschriften entspricht. Das Oberverwaltungsgericht bestätigt die Entscheidung der Vorinstanz und bewertet die Grenzabstandsunterschreitung als gravierenden Verstoß gegen das Baurecht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OVG Lüneburg
  • Datum: 20.01.2025
  • Aktenzeichen: 1 ME 158/24
  • Verfahrensart: Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz im Verwaltungsrecht
  • Rechtsbereiche: Verwaltungsrecht, Baurecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Antragsteller:
      • Mieter und Bewohner einer Wohneinheit im südlichen Erdgeschoss eines Doppelhauses in A-Stadt, die gemeinsam vorläufigen Rechtsschutz gegen die Nutzungsuntersagungen beantragen
      • Mieter und Bewohner der darüber gelegenen Wohneinheit, der ebenfalls vorläufigen Rechtsschutz beantragt
    • Beigeladene:
      • Eigentümer des Gebäudes, bei dem die Bauausführung von der erteilten Baugenehmigung abweicht (u.a. Unterschreitung des Mindestgrenzabstands um bis zu 45 cm und teilweise im Bauwich liegende Anbauten)
      • Weitere Beteiligte, deren außergerichtliche Kosten nicht erstattungsfähig sind
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt:
      Antragsteller beantragen vorläufigen Rechtsschutz gegen die Nutzungsuntersagungen für zwei im Bauwich errichtete Wohnungen. Das Gebäude weicht von der genehmigten Bauweise ab, indem es den vorgeschriebenen Mindestgrenzabstand um bis zu 45 cm unterschreitet und einige Anbauten teilweise in den Bauwich ragen.
    • Kern des Rechtsstreits:
      Streitpunkt ist, ob der beantragte vorläufige Rechtsschutz trotz der baulichen Abweichungen und der damit verbundenen Nutzungsuntersagungen gewährt werden kann.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung:
      Die Beschwerde der Antragsteller wurde zurückgewiesen. In der Kostenentscheidung übernehmen die Mieter in der Wohneinheit im südlichen Erdgeschoss jeweils ein Viertel der Kosten, während der Mieter der darüber liegenden Wohneinheit die Hälfte trägt. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen bleiben unberücksichtigt.
      Der Streitwert wurde in beiden Rechtszügen auf 9.150 EUR festgesetzt.
    • Folgen:
      Die Antragsteller müssen die festgesetzten Verfahrenskosten tragen, während die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattungsfähig sind.

Baurechtswidrige Wohnungen: Mieterrechte und Nutzungseinschränkungen im Fokus

Bei baurechtswidrigen Wohnungen prallen formelle und materielle Verstöße aufeinander – mit weitreichenden Folgen wie Nutzungsuntersagungen, Nutzungseinschränkungen oder sogar Kündigungen wegen Baurechtswidrigkeit. Im Spannungsfeld von Bauordnungsrecht, Wohnraummietrecht und Mieterschutz bestimmen Aspekte wie der Verkehrswert der Wohnung und Ansprüche aus baurechtswidrigem Zustand den Umgang mit Mieterrechten und Widersprüchen gegen Nutzungsuntersagungen.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall beleuchtet, der diese Zusammenhänge praxisnah veranschaulicht.

Der Fall vor Gericht


Gericht untersagt Nutzung von Wohnungen wegen Grenzabstandsverletzung

Baustelle eines Doppelhauses in Deutschland mit unzulässigem Abstand zur Nachbarimmobilie. Eigentümer beobachtet Arbeiten.
Nutzungsuntersagung wegen Baurechtswidrigkeit | Symbolbild: Flux gen.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat am 20. Januar 2025 die Beschwerde von drei Mietern gegen Nutzungsuntersagungen für ihre Wohnungen in A-Stadt zurückgewiesen. Die Mieter müssen ihre Wohnungen innerhalb von drei Monaten verlassen, da das Gebäude den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand zur Grundstücksgrenze unterschreitet.

Bauverstoß bei der Errichtung des Doppelhauses

Der Eigentümer hatte das Doppelhaus ab Juni 2022 errichtet, dabei jedoch von der erteilten Baugenehmigung vom 5. Mai 2020 abgewichen. Das Gebäude wurde bis zu 45 Zentimeter zu nah an die südliche Grundstücksgrenze gebaut und unterschreitet damit den vorgeschriebenen Mindestabstand von drei Metern. Auch ein Technikraum an der Südostecke des Hauses wurde teilweise im Bauwich – dem vorgeschriebenen Abstandsbereich zur Grundstücksgrenze – errichtet.

Bauaufsichtsbehörde ordnet Nutzungsverbot an

Nach erfolglosen Einigungsversuchen zwischen den Beteiligten erließ die Bauaufsichtsbehörde im Oktober 2024 Nutzungsuntersagungen gegen die betroffenen Mieter. Die Behörde setzte eine Räumungsfrist von drei Monaten fest. Die Mieter legten zwar Widerspruch ein, die aufschiebende Wirkung wurde jedoch nicht wiederhergestellt.

Gericht bestätigt Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und bewertete die Nutzungsuntersagungen als rechtmäßig. Das Gericht stufte die Grenzabstandsunterschreitung von bis zu 45 Zentimetern als gravierenden Verstoß gegen das Baurecht ein. Eine Beschränkung der Nutzungsuntersagung auf einzelne Wohnungsteile sei nicht möglich, da sich die Rechtswidrigkeit auf das gesamte Gebäude erstrecke. Die von den Mietern vorgebrachten Argumente – wie getätigte Investitionen in Mobiliar, Angewiesenheit auf kurze Arbeitswege und schwierige Wohnungssuche – rechtfertigten nach Auffassung des Gerichts keine längere Räumungsfrist. Die dreimonatige Frist entspreche der üblichen Kündigungsfrist im Mietrecht und sei daher angemessen.

Bauliche Mängel führen zu weitreichenden Konsequenzen

Die Richter betonten, dass die Grenzabstandsvorschriften im öffentlichen Interesse bestehen. Ein bauaufsichtliches Einschreiten war nach Ansicht des Gerichts nicht nur erlaubt, sondern aufgrund der Schwere des Verstoßes sogar geboten. Ein vom Eigentümer gestellter Antrag auf Ausnahmegenehmigung wurde von der Bauaufsichtsbehörde abgelehnt. Das Gericht bestätigte auch diese Entscheidung, da das Grenzabstandsrecht auch Freiflächen auf dem Nachbargrundstück schütze.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht bestätigt, dass Behörden die Nutzung von Wohnungen untersagen können, wenn das Gebäude gegen baurechtliche Vorschriften – hier den Mindestgrenzabstand – verstößt. Eine solche Nutzungsuntersagung ist auch dann zulässig, wenn nur Teile des Gebäudes betroffen sind und kann sich auf das gesamte Gebäude erstrecken. Die Behörde muss den Mietern dabei eine angemessene Räumungsfrist einräumen, die hier mit drei Monaten als ausreichend angesehen wurde. Ob der Verstoß versehentlich erfolgte, spielt für die Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung keine Rolle.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter müssen Sie damit rechnen, dass Sie zum Auszug verpflichtet werden können, wenn Ihr Wohngebäude nicht den baurechtlichen Vorschriften entspricht – auch wenn Sie selbst daran keine Schuld tragen. Prüfen Sie daher vor Abschluss eines Mietvertrags, ob für das Gebäude alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Im Falle einer Nutzungsuntersagung haben Sie Anspruch auf eine angemessene Räumungsfrist, die Ihnen Zeit für die Wohnungssuche gibt. Allerdings können Sie sich nicht darauf verlassen, dass kleinere Verstöße toleriert werden oder dass eine spätere Genehmigung die Nutzungsuntersagung verhindert.

Benötigen Sie Hilfe?

Unsicherheit bei baurechtlichen Grenzabstandsfragen?

Wenn baurechtliche Vorschriften – etwa hinsichtlich des erforderlichen Mindestabstands – zu erheblichen Nutzungseinschränkungen führen, entstehen schnell komplexe rechtliche Fragestellungen. Insbesondere in Fällen, bei denen Grenzabstände und bauliche Maßnahmen miteinander kollidieren, kann sich die Situation als äußerst herausfordernd darstellen.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Lage sorgfältig zu analysieren und die bestehenden damit verbundenen Rechte und Pflichten präzise zu bewerten. Unsere Beratung zielt darauf ab, Ihnen Klarheit und Orientierung zu verschaffen, um gemeinsam einen sachlichen Lösungsansatz für Ihre individuelle Situation zu entwickeln.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist eine baurechtswidrige Nutzung und wann droht eine Nutzungsuntersagung?

Eine baurechtswidrige Nutzung liegt vor, wenn Sie ein Gebäude oder Räume anders nutzen als baurechtlich genehmigt. Die Bauaufsichtsbehörde kann in solchen Fällen eine Nutzungsuntersagung aussprechen.

Arten der Baurechtswidrigkeit

Formelle Baurechtswidrigkeit liegt in zwei Hauptfällen vor:

  • Wenn Sie eine genehmigungspflichtige Nutzung ohne erforderliche Baugenehmigung ausüben
  • Wenn Sie ein Gebäude anders nutzen als in der erteilten Baugenehmigung festgelegt

Materielle Baurechtswidrigkeit tritt ein, wenn die Nutzung gegen geltendes Baurecht verstößt und nicht genehmigungsfähig ist.

Konsequenz: Die Nutzungsuntersagung

Die Bauaufsichtsbehörde kann bereits bei formeller Baurechtswidrigkeit eine Nutzungsuntersagung aussprechen. Dies bedeutet, dass Sie die nicht genehmigte Nutzung sofort einstellen müssen.

Besondere Fallkonstellationen

Vermietung und Eigentum: Wenn Sie als Eigentümer Räume vermieten, haften Sie auch für baurechtswidrige Nutzungen durch Ihre Mieter. Die Bauaufsichtsbehörde kann von Ihnen verlangen, das Mietverhältnis zu kündigen und eine Neuvermietung für baurechtswidrige Nutzungen zu unterlassen.

Verhältnismäßigkeit: Eine Nutzungsuntersagung darf ausnahmsweise nicht ausgesprochen werden, wenn die Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist und Sie bereits einen Bauantrag gestellt haben. Dies gilt besonders, wenn die Untersagung unverhältnismäßige wirtschaftliche Folgen hätte, etwa bei einem drohenden Insolvenzrisiko für einen eingerichteten Gewerbebetrieb.

Praktische Beispiele für baurechtswidrige Nutzungen sind:

  • Die Nutzung eines Wohnhauses als Spielhalle
  • Der Betrieb eines Hotels in einem genehmigten Wohngebäude
  • Die gewerbliche Nutzung von Wohnräumen ohne entsprechende Genehmigung

Durchsetzung: Die Bauaufsichtsbehörde kann ihre Anordnungen mit Zwangsmitteln durchsetzen. Dazu gehören Zwangsgelder oder die Versiegelung der Räume.


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Welche Rechte haben Mieter bei einer Nutzungsuntersagung durch die Baubehörde?

Eine Nutzungsuntersagung durch die Baubehörde berechtigt Sie als Mieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Nutzungsuntersagung sofort vollziehbar ist und die Gründe für die Untersagung außerhalb Ihres Einwirkungsbereichs als Mieter liegen.

Widerspruchsmöglichkeiten gegen die Nutzungsuntersagung

Sie können innerhalb eines Monats nach Zustellung der Nutzungsuntersagung Widerspruch einlegen. Da der Widerspruch allein die Vollziehung nicht aufhält, können Sie zusätzlich einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht stellen.

Mietrechtliche Konsequenzen

Bei einer Nutzungsuntersagung entstehen folgende Rechte:

  • Die Nutzungsuntersagung stellt einen Mietmangel dar, der Sie zur sofortigen Mietminderung berechtigt.
  • Sie müssen sich nicht auf einen Verwaltungsrechtsstreit mit ungewissem Ausgang einlassen.
  • Wenn die Nutzungsuntersagung auf baulichen Mängeln basiert, die der Vermieter zu vertreten hat, können Schadensersatzansprüche entstehen.

Räumungsfristen und Vollzug

Die Behörde muss bei der Nutzungsuntersagung berücksichtigen, dass Sie als Mieter andere Voraussetzungen haben als ein Eigentümer. Dies bedeutet:

  • Die Behörde muss Ihnen eine angemessene Räumungsfrist einräumen.
  • Die Frist muss Ihre persönlichen Umstände und die Möglichkeit der Wohnungssuche berücksichtigen.
  • Während der gewährten Räumungsfrist dürfen Sie die Wohnung weiter nutzen.

Die Nutzungsuntersagung richtet sich als behördliche Verfügung direkt an Sie als Mieter, da Sie die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Räume haben. Der Vermieter bleibt jedoch weiterhin verpflichtet, auf eine rechtmäßige Nutzung seines Gebäudes hinzuwirken.


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Wie lange ist die Räumungsfrist bei einer Nutzungsuntersagung?

Die Räumungsfrist bei einer Nutzungsuntersagung wird individuell von der Bauaufsichtsbehörde festgelegt und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Grundsätzliche Fristbemessung

Bei der Festlegung der Räumungsfrist muss die Behörde alle relevanten Umstände des Einzelfalls ermitteln und berücksichtigen. Sofern keine akuten Sicherheitsrisiken bestehen, muss dem Mieter eine angemessene Frist zur Auswahl einer neuen Wohnung und für den Umzug eingeräumt werden.

Einflussfaktoren auf die Fristlänge

Die Länge der Räumungsfrist hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters
  • Die Situation des örtlichen Wohnungsmarktes
  • Sicherheitsaspekte wie Brandschutz oder Standsicherheit

Besondere Situationen

Bei akuten Gefahren, etwa bei erheblichen Brandschutzmängeln oder fehlender Standsicherheit, kann die Behörde eine sofortige Räumung anordnen. In weniger dringenden Fällen werden üblicherweise Fristen von mehreren Wochen bis Monaten gewährt.

Wenn Sie von einer Nutzungsuntersagung betroffen sind, können die persönlichen Umstände wie Alter, Gesundheitszustand oder die Verfügbarkeit alternativen Wohnraums bei der Fristbemessung berücksichtigt werden. Die Bauaufsichtsbehörde muss diese Aspekte in ihrer Ermessensentscheidung abwägen.

Bei formeller Illegalität ohne Sicherheitsrisiken ist eine längere Räumungsfrist üblich, da der Mieter anders als der Eigentümer die formelle Illegalität nicht selbst beheben kann.


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Welche Behörden sind bei einer Nutzungsuntersagung zuständig?

Die Bauaufsichtsbehörden sind die primär zuständigen Stellen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung. In der Regel sind dies die Bauämter der Landkreise und kreisfreien Städte.

Konkrete Zuständigkeitsverteilung

Der Antrag für eine Baugenehmigung wird zunächst bei der zuständigen Kommune (Gemeinde oder Stadt) eingereicht. Diese leitet den Antrag nach ihrer Prüfung an die zuständige Genehmigungsbehörde weiter.

Behördliche Aufgabenverteilung

Die Bauaufsichtsbehörde kann eine Nutzungsuntersagung aussprechen, wenn Sie feststellt, dass eine bauliche Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Wenn Sie von einer Nutzungsuntersagung betroffen sind, ist Ihr erster Ansprechpartner die örtliche Bauaufsichtsbehörde.

Weitere beteiligte Behörden

Je nach Sachverhalt können auch andere Behörden involviert sein:

  • Das Umweltamt bei umweltrechtlichen Belangen
  • Das Denkmalamt bei denkmalgeschützten Gebäuden
  • Die Brandschutzbehörde bei Fragen der Brandsicherheit

Die Behörden arbeiten dabei eng zusammen, um eine rechtmäßige Nutzung sicherzustellen. Wenn Sie beispielsweise eine Nutzungsänderung planen, prüft die Bauaufsichtsbehörde auch die Stellungnahmen dieser Fachbehörden.


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Welche Folgen hat eine Nutzungsuntersagung für den Mietvertrag?

Außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters

Eine behördliche Nutzungsuntersagung berechtigt den Mieter zur sofortigen außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Nutzungsuntersagung wegen Eigenschaften der Mietsache erfolgt, die nicht im Einwirkungsbereich des Mieters liegen.

Keine Pflicht zur Rechtsmitteleinlegung

Der Mieter muss nicht gegen die behördliche Nutzungsuntersagung vorgehen, wenn:

  • Die Behörde eine sofort vollziehbare Nutzungsuntersagung verfügt hat
  • Der Grund für die Untersagung außerhalb des Einwirkungsbereichs des Mieters liegt

Schadensersatzansprüche des Mieters

Bei einer fristlosen Kündigung aufgrund einer Nutzungsuntersagung können dem Mieter Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter zustehen. Diese umfassen beispielsweise:

  • Umzugskosten
  • Mehrkosten für eine Ersatzanmietung
  • Weitere durch die Nutzungsuntersagung entstandene Schäden

Mietzahlungspflicht

Mit Wirksamkeit der Nutzungsuntersagung liegt ein Mangel der Mietsache vor. Der Mieter muss keine Miete mehr zahlen, wenn die Nutzung vollständig untersagt wurde. Bei einer teilweisen Nutzungsuntersagung kann die Miete entsprechend gemindert werden.

Die Nutzungsuntersagung berechtigt zur fristlosen Kündigung, auch wenn:

  • Die Nutzungsuntersagung noch nicht bestandskräftig ist
  • Die Behörde Zwangsmaßnahmen erst zu einem späteren Zeitpunkt androht

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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Baurechtswidrige Wohnung

Eine Wohnung, die gegen baurechtliche Vorschriften verstößt, entweder weil sie ohne erforderliche Genehmigung errichtet wurde (formell rechtswidrig) oder weil sie nicht den baulichen Anforderungen entspricht (materiell rechtswidrig). Dies kann beispielsweise Abstände, Brandschutz oder Statik betreffen. Grundlage sind die Landesbauordnungen und das öffentliche Baurecht.

Beispiel: Eine ohne Baugenehmigung errichtete Einliegerwohnung im Keller oder eine genehmigte Wohnung, die den vorgeschriebenen Mindestabstand zum Nachbargrundstück unterschreitet.


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Nutzungsuntersagung

Eine behördliche Anordnung, die die weitere Nutzung eines Gebäudes oder einer Wohnung verbietet. Sie wird von der Bauaufsichtsbehörde erlassen, wenn eine rechtswidrige Nutzung vorliegt oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit bestehen. Basiert auf § 80 der jeweiligen Landesbauordnung.

Beispiel: Die Behörde untersagt die Wohnnutzung, weil das Gebäude ohne Baugenehmigung errichtet wurde oder wesentliche Sicherheitsvorschriften verletzt.


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Bauordnungsrecht

Das öffentlich-rechtliche Regelwerk, das die grundlegenden Anforderungen an die Errichtung, Änderung und Nutzung von baulichen Anlagen festlegt. Es umfasst insbesondere Vorschriften zur Sicherheit, zum Brandschutz und zu Abstandsflächen. Geregelt in den Landesbauordnungen der Bundesländer.

Beispiel: Vorschriften über Mindestabstände zu Nachbargrundstücken, Brandschutzauflagen oder Anforderungen an Fluchtwege.


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Bauwich

Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand zwischen einem Gebäude und der Grundstücksgrenze. Er dient der Belichtung, Belüftung, dem Brandschutz sowie der städtebaulichen Gestaltung. Die genauen Abstände sind in den Landesbauordnungen geregelt.

Beispiel: Ein vorgeschriebener Mindestabstand von 3 Metern zur seitlichen Grundstücksgrenze bei einem Einfamilienhaus.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 68 Abs. 3 Satz 3 Niedersächsische Bauordnung (NBauO): Diese Vorschrift regelt die Präklusion im baurechtlichen Verfahren, d.h., den Ausschluss von Ansprüchen nach Ablauf bestimmter Fristen. Sie stellt sicher, dass bauaufsichtliche Maßnahmen zeitnah ergriffen werden, um die Einhaltung der Bauvorschriften zu gewährleisten. Die Regelung verhindert, dass Verstöße unentdeckt bleiben und unterstreicht die Notwendigkeit eines zügigen Verfahrens.

    Im vorliegenden Fall wurde die Norm herangezogen, um darzulegen, dass keine Genehmigungssituation vorlag und die Präklusion daher nicht greift. Dadurch konnte das Verwaltungsgericht die Nutzungsuntersagung aufrechterhalten, da die baurechtlichen Verstöße rechtzeitig und ordnungsgemäß festgestellt wurden.

  • § 56 Satz 3 Niedersächsische Bauordnung (NBauO): Diese Vorschrift bestimmt, dass bauaufsichtliche Anordnungen an die betroffenen Parteien adressiert werden müssen, um wirksam zu sein. Sie stellt sicher, dass die Betroffenen ordnungsgemäß über Verstöße informiert werden und die Möglichkeit haben, darauf zu reagieren.

    In dem vorliegenden Fall wurde die Nutzungsuntersagung gemäß § 56 Satz 3 NBauO direkt an die Antragsteller adressiert. Dadurch erfüllte die Behörde die formellen Voraussetzungen für eine wirksame Anordnung, was zur Aufrechterhaltung der Nutzungsuntersagung führte.

  • Niedersächsische Bauordnung (NBauO) – Bauwichregelungen: Die Bauordnung legt fest, welche Mindestabstände von Grundstücksgrenzen eingehalten werden müssen, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Verstöße gegen diese Regelungen können zu Maßnahmen wie Nutzungsuntersagungen oder Rückbauanordnungen führen.

    Das im Fall vorliegende Gebäude überschritt den vorgeschriebenen Mindestgrenzabstand um bis zu 45 cm und wies mehrere Abweichungen auf. Aufgrund dieser Verstöße erließ die Behörde die Nutzungsuntersagung, um die Einhaltung der Bauvorschriften sicherzustellen.

  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) – Kostenentscheidung (§ 49 VwGO): Diese Bestimmung regelt die Kostentragung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Sie legt fest, welche Partei die Gerichtskosten und Prozesskosten tragen muss, abhängig vom Ausgang des Verfahrens.

    Im vorliegenden Beschluss wurde entschieden, dass die Antragsteller zu 1. und 2. jeweils ein Viertel der Prozesskosten tragen und der Antragsteller zu 3. die Kosten zur Hälfte übernimmt. Diese Entscheidung basiert auf den Regelungen der VwGO zur Verteilung der Kosten nach dem Verfahrensverlauf.

  • Baurechtliche Durchsetzung von Nutzungsuntersagungen: Das Baurecht ermöglicht es den Behörden, Nutzungsuntersagungen zu verhängen, um die Einhaltung von Bauvorschriften sicherzustellen. Solche Maßnahmen dienen dem Schutz der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit im Bauwesen.

    In diesem Fall wurden den Antragstellern aufgrund baurechtlicher Verstöße die Nutzung ihrer Wohnungen untersagt. Das Verwaltungsgericht bestätigte diese Maßnahme, da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt und die Nutzungsuntersagung als geeignet angesehen wurde, den Verstoß gegen das Bauordnungsrecht zu beheben.


Das vorliegende Urteil


OVG Lüneburg – Az.: 1 ME 158/24 – Beschluss vom 20.01.2025


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