AG Braunschweig – Az.: 112 C 43/19 – Urteil vom 06.07.2020
1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 471,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.01.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Herausgabe eines überbauten Grundstücksteils und Duldung dessen Abrisses.
Die Klägerin ist seit 2018 Eigentümerin des Grundstücks Sstr., B. Sie beabsichtigt, das Grundstück mit einem neu zu errichtenden Mehrfamilienhaus zu bebauen. Die derzeitigen Wohnungseigentümer sind seit 1993 Mitglieder der Wohnungseigentumsgemeinschaft des Nachbargrundstücks Sstr.
Im Jahr 1990 wurde durch die vormaligen Wohnungseigentümer, den Eltern der heutigen Wohnungseigentümer, an dem Gebäude Sstr. in Richtung des Grundstücks Sstr. ein Anbau als Windfang mit Glasfront errichtet. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Baugenehmigung vom 11.06.1990, Anlage B7 (Bl. 139-143 d. A.), und die zur Akte gereichten Lichtbilder, insbesondere Anlagen K5 und B1 (Bl. 26, 27, 72 d. A.), Bezug genommen. Zu dieser Zeit war H. K. Eigentümerin des letztgenannten Grundstücks, die dort mit ihrem Ehemann wohnte. Am 31.05.1990 wurde eine Baulast in die jeweiligen Baulastverzeichnisse der beiden Grundstücke eingetragen. Der Verlauf der Grundstücksgrenze war weder durch einen Grenzstein markiert, noch wurde vor Errichtung des Anbaus die Grenze förmlich vermessen. Aufgrund einer im Rahmen des Verfahrens von der Klägerin beantragten förmlichen Grenzfeststellung ist unstreitig, dass der Anbau die Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück um 0,2-0,3 m überbaut. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die im Rahmen des öffentlichen Grenzfeststellungsverfahrens angefertigte Skizze, Anlage K 13 (Bl. 123 d. A.), Bezug genommen. Für die förmliche Grenzfeststellung sind der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 2.357,87 EUR entstanden. Mit Anwaltsschreiben vom 22.09.2019, Anlage K17 (Bl. 171 f. d. A.), forderte die Klägerin die Beklagte zum Ausgleich von 25 % dieses Betrages unter Fristsetzung bis zum 07.10.2019 auf. An der Grenzfeststellung waren fünf Eigentümer bzw. Wohnungseigentumsgemeinschaften beteiligt.
Die Klägerin meint, mangels damaliger Grenzfeststellung habe sie den Überbau nicht zu dulden. Hieran würde auch eine – bestrittene – Vereinbarung zwischen den damaligen Nachbarn, den Herren K. und B., nichts ändern, zumal W. K. nicht Eigentümer des Grundstücks Sstr war. Darüber hinaus behauptet sie, der Anbau werde baurechtswidrig als Wartezimmer genutzt. Zudem entspreche der Anbau den erforderlichen Brandschutzvorschriften nicht. Sie meint, auch aus diesen Gründen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass zur Erfüllung der Anbaulast eine Brandschutzwand zu errichten wäre, sei der Überbau nicht zu dulden, da eine über den Überbau hinausgehende Beeinträchtigung vorläge.
Die Klägerin hat zunächst nur beantragt, die Beklagten zur Herausgabe des überbauten Grundstücksteils und zur Duldung dessen Abrisses zu verurteilen. Nach Durchführung des förmlichen Grenzfeststellungsverfahrens begehrt sie auch die Erstattung von 20 % der hierdurch verursachten Kosten.
Sie beantragt nunmehr,
1. die Beklagte bestehend aus den mitbeklagten Wohnungseigentümern Dr. C.-R. B., U. B.-M. und Dr. T. B. zu verurteilen, den mit Gemeinschaftseigentum überbauten Grundstücksteil des Grundstücks Sstr, namentlich die westliche Fassade eines Anbaus, an die Klägerin herauszugeben und dabei zu dulden, dass die Klägerin den auf ihr Grundstück auf der Sstr überragenden Baukörper der Beklagten abreißt;
2. die Beklagte bestehend aus den mitbeklagten Wohnungseigentümern Dr. C.-R. B., U. B.-M. und Dr. T. B. zu verurteilen, an die Klägerin 471,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2019 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, bei Errichtung des Anbaus sei es nicht beabsichtigt gewesen, die Grundstücksgrenze zu überbauen. Vielmehr habe vor Errichtung des Anbaus ein Gespräch zwischen dem damaligen Miteigentümer Dr. med. R. B. und dem Nachbarn W. K. zur Festlegung des Verlaufs der Grundstücksgrenze stattgefunden, an welchem der Architekt H. teilgenommen habe. Sie seien sich einig gewesen, dass vor dem Grundstück stehend die Außenkante des Torpfostens auf dem Grundstück Sstr die Grundstücksgrenze sei. Dies sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass die Außenkante des Torpfostens mit der Außenkante der Garage eine optische Linie bildet. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die beklagtenseits ergänzte Skizze aus dem Grenzfeststellungsverfahren, Anlage B8 (Bl. 185 d. A.), wird Bezug genommen. Der Nachbar habe entsprechend der Abstimmung dem Bauantrag ausdrücklich handschriftlich zugestimmt.
Die Beklagten meinen, sie habe die Kosten für die Grenzfeststellungen nicht anteilig zu tragen, da sie hierzu keinen Anlass gegeben hätte.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 26.02.2020 (Bl. 190 f. d. A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.05.2020 verwiesen. Die Klageerweiterung ist der Beklagten ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. 177 d. A.) am 13.01.2020 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
I.
Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig folgt aus § 39 Satz 1 ZPO. Mit Beschluss vom 16.06.2020 hat das Gericht auf seine fehlende sachliche Zuständigkeit gemäß § 23 Nr. 1, 2c GVG hingewiesen und die Beklagten über die Folgen eines rügelosen Verhandelns gemäß § 504 ZPO belehrt. Die Beklagten haben im folgenden rügelos mündlich zur Hauptsache verhandelt. Denn die Einlassung im Rahmen eines schriftlichen Verfahrens gemäß § 128 Abs. 2 ZPO steht einem mündlichen Verhandeln im Sinne des § 39 Satz 1 ZPO gleich (Vgl. BGH, Urteil vom 10. 11. 1969 – VIII ZR 251/67, NJW 1970, 198, beck-online.).
Die Wohnungseigentumsgemeinschaft ist aufgrund ihrer anerkannten Teilrechtsfähigkeit auch parteifähig nach § 10 Abs. 6 Satz 5 WEG. Ihre Prozessführungsbefugnis folgt aus § 10 Abs. 5 Satz 3 (Vgl. Bärmann/Suilmann, 14. Aufl. 2018, WEG § 10 Rn. 310 f.). Es ist auch zulässig, die Wohnungseigentumsgemeinschaft und die einzelnen Wohnungseigentümer gemeinsam in Anspruch zu nehmen. Es bestehen insoweit keine Bedenken hinsichtlich der passiven Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümer. Anders als bei der Ausübung von Rechten der Wohnungseigentümer, bleiben die einzelnen Wohnungseigentümer auch bei Wahrnehmung von Pflichten durch die Wohnungseigentumsgemeinschaft einzeln verpflichtet (Vgl. Hügel/Elzer, 2. Aufl. 2018, WEG § 10.).
II.
Der Klage war nur hinsichtlich des Zahlungsantrags statt zu geben.
1.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Herausgabe des überbauten Grundstücksteils und Duldung des Abrisses durch die Klägerin gemäß § 985 BGB.
a)
Die Klägerin hat den Überbau entsprechend § 912 Abs. 1 BGB zu dulden. Hiernach hat der Nachbar den Überbau zu dulden, wenn der Eigentümer eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut hat, ohne dass ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, es sei denn, dass der Nachbar vor oder sofort nach der Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat. Diese Vorschrift ist entsprechend anzuwenden bei nachträglichem Überbau, etwa durch Errichtung eines Anbaus (Vgl. MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl. 2020, BGB § 912 Rn. 47.). Grobe Fahrlässigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang jedes besonders unsorgfältige Verhalten, das in irgendeiner Weise für die Grenzüberschreitung kausal war. Sie ist grundsätzlich anzunehmen, wenn der Überbauer in der Nähe der Grenze gebaut und den Grenzverlauf nicht zuverlässig, gegebenenfalls durch Hinzuziehung eines Vermessungsingenieurs ermittelt (Vgl. Palandt/Herrler § 912 Rn. 9.). Eine solche förmliche Grenzfeststellung ist vor Errichtung des Anbaus unstreitig nicht erfolgt. Ausnahmsweise kann der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit jedoch aufgrund besonderer Umstände entfallen (Vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 31. März 2011,5 O 45/09, BeckRS 2011,7497.). Zwar ist es rechtlich nicht möglich, dass Nachbarn den Grenzverlauf zwischen zwei benachbarten Grundstücken mit öffentlich-rechtlicher Wirkung verbindlich festlegen. Eine solche Vereinbarung zwischen Nachbarn vor Beginn einer baulichen Maßnahme kann jedoch im Einzelfall eine grobe Fahrlässigkeit des Überbauers ausschließen, wenn – wie hier – der Grenzverlauf anhand von objektiv nachvollziehbaren Kriterien zwischen den Nachbarn festgelegt wird, welche sich aus den baulichen Gegebenheiten beider Grundstücke zueinander ergeben. Insoweit ist es auch unerheblich, wenn eine derartige Vereinbarung nicht mit der Eigentümerin selbst, sondern mit ihrem Ehemann getroffen wird.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass vor dem Beginn der Bauarbeiten im Jahre 1990 noch in der Planungsphase ein Gespräch zwischen Dr. med. R. B. und W. K. stattgefunden hat, in welchem diese den Grenzverlauf für sich verbindlich festlegten, um auf diese Weise Streitigkeiten hierüber nach Errichtung des geplanten Anbaus für die Zukunft auszuschließen. Dies hat der Zeuge H. glaubhaft ausgesagt. Bei dem Gespräch seien jedenfalls die beiden Herren unter seiner Anwesenheit beteiligt gewesen. Hierbei hätten sich die beiden die Gegebenheiten vor Ort angeschaut und festgestellt, dass die Außenkante des neu auf dem Grundstück Sstr. errichteten linken Pfostens mit der Außenkante der sich ebenfalls auf diesem Grundstück dahinter befindlichen Garage eine optische Linie bildete. Die Garage sei zu diesem Zeitpunkt schon errichtet gewesen. Diese vom Zeugen geschilderte Ausrichtung des Pfostens und der Garage zueinander ist auch für das Gericht anhand der eingereichten Lichtbilder und Skizzen aus dem Vermessungsverfahren nachzuvollziehen. Die beiden Herren seien sich einig gewesen, dass aufgrund dieser Ausrichtung die Grenze zwischen den Grundstücken entlang dieser gedachten Linie verläuft, da gerade Garagen üblicherweise unmittelbar entlang der Grenze gebaut würden. Aufgrund der Verortung des Pfostens seien sie dann nicht davon ausgegangen, dass die Garage mit Abstand zur Grenze errichtet worden sei. Auch seien beide sich einig gewesen, dass eine förmliche Vermessung nicht durchgeführt werden solle, um die Messungskosten in Höhe von ca. 1.000,- oder 1.500,- DM einzusparen. Die beiden Herren seien sich so sicher gewesen, dass dort der Grenzverlauf zu verorten sei, dass sie eine mögliche Abweichung gar nicht in Betracht gezogen hätten. Auch die Maße des Anbaus seien dann abgesprochen worden. Der Anbau habe nicht ganz bis an die festgelegte Grenze heranreichen sollen. Wie besprochen hätte Walter Körner dann auch dem Bauantrag auf diesem handschriftlich zugestimmt. Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage bestehen nicht. Der Zeuge sagte detailliert und lebhaft aus und gab Erinnerungslücken unumwunden zu. So sagte er zum Beispiel aus, dass die beiden Gesprächspartner zu Beginn wenig aufgeschlossen, am Ende des Gesprächs jedoch wie Freunde auseinandergegangen seien. Er hat auch entgegen der klägerischen Ansicht nachvollziehbar dargelegt, warum er sich an diesen Vorgang vor 30 Jahren noch so gut erinnert. In diesem Zusammenhang gab er an, das Gespräch sei auf sein Hinwirken als Architekt geführt worden. Er habe auf die Führung eines solchen Gesprächs bestanden, da er aufgrund seiner Erfahrung wisse, dass eine vorherige Klärung zwischen den Nachbarn wichtig für ein positives Nachbarschaftsverhältnis sei und etwaige zukünftige Streitigkeiten verhindere. Auch spricht es nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage, soweit der Zeuge angegeben hat, die Eintragung einer Baulast sei nicht gefordert worden. Nach 30 Jahren ist es nachvollziehbar, wenn der Zeuge sich nicht an alle Einzelheiten erinnert. Anhaltspunkte die gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen sprechen könnten, liegen entgegen der klägerischen Ansicht ebenfalls nicht vor. Einseitige Belastungstendenzen hat das Gericht nicht erkannt. Insbesondere sind die vom Zeugen geäußerten Meinungen zum Grund der Auseinandersetzung von ihm als solche kenntlich und unabhängig von seiner übrigen Aussage gemacht worden. Allein die Tatsache, dass ein Zeuge eine persönliche Meinung hat und diese kundtut führt nicht ohne weiteres dazu, dass Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit angebrachte wären. Umstände, die solche begründen würden, liegen hier nicht vor, vielmehr unterstreichen sie die Authentizität seiner Aussage.
In dem Absehen von der Einholung eines förmlichen Gutachtens zur Grenzfeststellung sieht das Gericht aufgrund der Gesamtumstände allenfalls eine leichte Fahrlässigkeit. Ein besonders unsorgfältiges Verhalten kann den damaligen Eigentümern jedoch nicht vorgeworfen werden. Im Lichte des von den Beklagten bewiesenen Gesprächs noch vor Beantragung der Baugenehmigung, in welchem der Grenzverlauf zwischen den Nachbarn eindeutig und zweifelsfrei vereinbart worden war, erfolgte die Nichteinholung aus nachvollziehbaren Gründen in dem Glauben daran, der Grenzverlauf sei übereinstimmend abgeklärt. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass eine handschriftliche Zustimmung der Nachbarn auf dem Bauantrag erfolgte. Zwar dürfte von dem Bauherrn, welcher in der Nähe der Grenze beabsichtigt zu bauen, auch dann erwartet werden, dass er die Grenze förmlich feststellen lässt, wenn der Nachbar und er übereingekommen sind, wo die Grenze aus ihrer Sicht verläuft. Ein Verstoß hiergegen ist jedoch anders, als wenn ein solches Gespräch nicht stattgefunden hat nicht als grob fahrlässig zu werten.
b)
Die Duldungspflicht der Klägerin entfällt auch nicht aufgrund einer etwaigen Baurechtswidrigkeit des Anbaus. Zwar kann eine über die Grenzverletzung hinausgehende Beeinträchtigung des überbauten Grundstücks einer Duldungspflicht entgegenstehen (Vgl. BGH Urteil vom 19.09.2008, V ZR 152/07, NJW-RR 2009, 24 ff.). Eine solche liegt jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin weder in einer etwaigen baurechtswidrigen Nutzung des Windfangs als Warteraum, noch einer etwaigen Unvereinbarkeit mit Brandschutzvorschriften im Fall eines Anbaus an den bestehenden Windfang aufgrund der Verglasung und der dann erforderlichen Errichtung einer Brandschutzwand zwischen den Gebäuden. Nicht jeder baurechtswidrige (zukünftige) Zustand stellt eine solche Beeinträchtigung dar. Vielmehr ist erforderlich, dass eine Beeinträchtigung insoweit vorliegt, als der gegenwärtige Zustand aus rechtlichen Gründen ohnehin nicht aufrechterhalten werden kann. Eine etwaige baurechtswidrige Nutzung hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Nachbargrundstück und würde auch aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht zu einer Verpflichtung zum Abriss führen, da insoweit die Nutzungsuntersagung milderes Mittel wäre. Soweit im Fall des Anbaus an den Windfang eine Brandschutzwand erforderlich würde, handelt es sich um eine diesem Verfahren nachgelagerte Frage. Die Beklagten haben ohnehin bereits mitgeteilt, dass der Errichtung einer solchen Brandschutzwand erforderlichenfalls zugestimmt würde. Im derzeitigen Zustand, welcher für die Beurteilung entscheidend ist, besteht aufgrund des erheblichen Abstands zwischen dem abzureißenden Gebäude auf dem Grundstück Sstr. und dem Anbau keine unmittelbare erhebliche Beeinträchtigung aufgrund eines Verstoßes gegen Brandschutzvorschriften. Aus diesem Grund war auch den klägerseits angebotenen Beweisen nicht nachzugehen.
c)
Ein Widerspruch des damaligen Nachbars entsprechend des § 912 Abs. 1 BGB wurde klägerseits nicht behauptet. Die Duldungspflicht ist auch auf die Klägerin mit Eigentumserwerb übergegangen. Nach § 96 BGB ist diese mit dem Eigentum am Grundstück untrennbar verbunden und teilt als wesentlicher Bestandteil zwingend das rechtliche Schicksal des Grundstücks (Vgl. MüKo/Brückner, § 912 Rn. 26.).
2.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der anteiligen Kosten für die förmliche Grenzfeststellung aus § 919 Abs. 3 BGB und § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG in Höhe von 471,57 EUR. Die Kosten der Abmarkung sind hiernach von den betroffenen Grundstückseigentümern zu gleichen Teilen zu tragen, sofern nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis sich ein anderes ergibt. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, wer die Abmarkung veranlasst hat und warum diese notwendig geworden ist (BeckOGK/Vollkommer, 1.4.2020, BGB § 919 Rn. 11). Eine abweichende Kostenverteilung kann aufgrund ausdrücklicher Vereinbarung oder etwa bei schuldhafter Versetzung eines Grenzsteins durch einen Nachbarn erfolgen. Entsprechende Umstände wurden von keiner Seite vorgetragen.
3.
Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung. Soweit Zinsen bereits ab dem 08.10.2019 aus Verzug geltend gemacht wurden, sind die Verzugsvoraussetzungen nicht dargelegt worden. Die erstmalige Zahlungsaufforderung in Verbindung mit einer Fristsetzung ersetzt nicht die gemäß § 286 Abs. 1 BGB erforderliche Mahnung. Umstände, die gemäß § 286 Abs. 2 BGB eine Mahnung entbehrlich machen würden, sind nicht vorgetragen worden. Das Gericht musste hierauf auch gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht hinweisen.
II.
Die Kosten des Verfahrens waren analog § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen, da das unterliegen der Beklagten nur geringfügig ist.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.