Übersicht
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Komplexität von Darlehensverträgen: Ein wegweisendes Gerichtsurteil analysiert
- 3 Der Fall vor Gericht
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- 5.1 Ab wann beginnt die Verjährungsfrist bei einem gekündigten Darlehensvertrag?
- 5.2 Welche Maßnahmen hemmen die Verjährung einer Darlehensforderung?
- 5.3 Was bedeutet Verwirkung bei Darlehensforderungen?
- 5.4 Wie lange kann eine Bank Forderungen aus einem Darlehensvertrag geltend machen?
- 5.5 Welche Rechte hat der Darlehensnehmer nach längerer Untätigkeit der Bank?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Hanau
- Datum: 24.01.2024
- Aktenzeichen: 39 C 152/23
- Verfahrensart: Zivilverfahren
- Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Darlehensrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Bank als Darlehensgeberin, die versucht, einen ausstehenden Restbetrag aus einem Darlehensvertrag einzufordern. Die Klägerin argumentiert, dass der Betrag weder verjährt noch verwirkt ist, und sie setzt sich für die Zahlung ein, nachdem die Verzugszinsen aufgelaufen sind.
- Beklagter: Ein Verbraucher und Darlehensnehmer, der behauptet, dass der Anspruch der Klägerin verjährt und verwirkt sei. Er ging davon aus, dass die Forderung aufgrund der langen Untätigkeit der Klägerin nicht mehr geltend gemacht werde.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Es geht um die Beitreibung eines Restbetrags in Höhe von 3.195,55 € aus einem Darlehensvertrag, der 2016 im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Kfz abgeschlossen wurde. Der Beklagte hatte die Schlussrate nicht gezahlt und nach Mahnungen wurde der Darlehensvertrag gekündigt. Nach einer langen Untätigkeit seitens der Klägerin in Bezug auf die rechtliche Geltendmachung erhob der Beklagte Einwände der Verjährung und Verwirkung.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob der Anspruch auf Zahlung der ausstehenden Darlehensforderung verjährt und/oder verwirkt ist und ob die Klägerin berechtigt ist, diesen noch geltend zu machen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Klage der Klägerin wurde als begründet angesehen. Der Beklagte wurde zur Zahlung des Restbetrags von 3.195,55 €, einschließlich Zinsen und Mahnkosten, verurteilt.
- Begründung: Der Anspruch war nicht verjährt, da die Verjährung durch das Mahnverfahren gehemmt wurde. Weder das Zeit- noch das Umstandsmoment der Verwirkung waren erfüllt, da keine ausreichenden Umstände vorlagen, die das Vertrauen des Beklagten auf die Nichtverfolgung des Anspruchs gerechtfertigt hätten. Der Beginn des Mahnverfahrens zeigte die Absicht der Klägerin, ihre Forderungen durchzusetzen.
- Folgen: Der Beklagte muss die geforderte Summe nebst Zinsen an die Klägerin zahlen. Das Urteil klärt die Bedingungen der Verjährungshemmung im Rahmen eines Mahnverfahrens und die Anforderungen an das Vorliegen einer Verwirkung im Kontext von Darlehensforderungen.
Komplexität von Darlehensverträgen: Ein wegweisendes Gerichtsurteil analysiert
Darlehensverträge sind komplexe rechtliche Vereinbarungen zwischen Gläubigern und Schuldnern, die finanzielle Verpflichtungen und Ansprüche regeln. Die vertraglichen Grundlagen bestimmen nicht nur die Modalitäten der Kreditvergabe, sondern definieren auch die Rechte und Pflichten beider Parteien im Hinblick auf Rückzahlung und mögliche Konsequenzen bei Zahlungsverzug.
Zentrale Aspekte wie Verjährungsfristen und Verwirkung spielen dabei eine entscheidende Rolle im Vertragsrecht. Sie bestimmen, wie lange Forderungen rechtlich durchsetzbar sind und unter welchen Bedingungen vertragliche Ansprüche erlöschen können. Diese rechtlichen Mechanismen schützen sowohl den Darlehensgeber als auch den Darlehensnehmer vor unbilligen oder verjährten Ansprüchen.
Die nachfolgende Analyse beleuchtet einen konkreten Gerichtsfall, der die komplexen rechtlichen Zusammenhänge von Darlehensverträgen exemplarisch aufzeigt.
Der Fall vor Gericht
Bank gewinnt Klage zur Rückzahlung von Restforderung aus Autokreditvertrag
Ein Bankkundenstreit um die Zahlung einer ausstehenden Restforderung aus einem Autokreditvertrag wurde vor dem Amtsgericht Hanau zugunsten des Kreditinstituts entschieden. Das Gericht verpflichtete den Kreditnehmer zur Zahlung von 3.195,55 Euro nebst Zinsen und Mahnkosten.
Schlussrate nicht gezahlt – Bank kündigte Darlehensvertrag
Der Darlehensvertrag wurde am 5. März 2016 zwischen der Bank als Darlehensgeberin und dem Kunden als Verbraucher abgeschlossen. Die Bank überwies den Darlehensbetrag von 20.489,90 Euro direkt an die Autoverkäuferin. Während der Kunde die vereinbarten Raten zunächst regelmäßig zahlte, kam er bei der am 23. März 2020 fälligen Schlussrate von 10.657,50 Euro seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach. Nach drei erfolglosen Mahnungen kündigte die Bank den Darlehensvertrag am 5. Juni 2020. Nach Verwertung des Fahrzeugs verblieb eine offene Restforderung von 3.195,55 Euro.
Gerichtliche Auseinandersetzung um Verjährung und Verwirkung
Die Bank leitete am 28. September 2020 ein Mahnverfahren ein. Der Kunde legte Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, der Anspruch sei aufgrund der dreijährigen Untätigkeit der Bank nach Einleitung des Mahnverfahrens sowohl verjährt als auch verwirkt. Als professionell agierende Bank hätte sie das Klageverfahren zeitnah durchführen müssen.
Gericht gibt Bank Recht – Keine Verjährung oder Verwirkung
Das Amtsgericht Hanau wies die Einwände des Kunden zurück. Die reguläre Verjährungsfrist von drei Jahren begann erst mit Ablauf des Jahres 2020 und wurde durch die Zustellung des Mahnbescheids gehemmt. Die erneute Aufnahme des Verfahrens durch die Bank im November 2023 erfolgte noch vor Ablauf der Verjährungsfrist.
Auch eine Verwirkung des Anspruchs verneinte das Gericht. Für eine Verwirkung müssen neben dem Zeitablauf besondere Umstände vorliegen, die beim Schuldner ein schutzwürdiges Vertrauen begründen, dass der Gläubiger sein Recht nicht mehr geltend machen wird. Die dreijährige Untätigkeit der Bank nach Einleitung des Mahnverfahrens reichte dafür nicht aus. Das Gericht verwies dabei auf die gesetzliche Regelung des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB, wonach die Verjährung von Darlehensrückzahlungsansprüchen für bis zu zehn Jahre gehemmt sein kann. Zudem hatte die Bank durch das Mahnverfahren und ein Schreiben vom Oktober 2020 ihren Durchsetzungswillen deutlich gemacht. Der Kunde konnte auch keine konkreten Vermögensdispositionen darlegen, die er im Vertrauen auf die Nichtdurchsetzung der Forderung getroffen hätte.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass eine Darlehensforderung nicht automatisch verwirkt ist, wenn der Gläubiger nach Einleitung des Mahnverfahrens längere Zeit untätig bleibt. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren wird durch die Zustellung eines Mahnbescheids gehemmt und kann durch Wiederaufnahme des Verfahrens vor Fristablauf erneut gehemmt werden. Entscheidend ist dabei, dass zumindest eine der Parteien das Verfahren aktiv weiterbetreibt.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Darlehensnehmer sollten Sie sich nicht darauf verlassen, dass eine Forderung automatisch erlischt, nur weil der Gläubiger nach Einleitung eines Mahnverfahrens zunächst untätig bleibt. Auch nach mehreren Jahren kann die Forderung noch durchgesetzt werden, solange die Verjährungsfrist nicht abgelaufen ist. Wenn Sie einen Mahnbescheid erhalten, ist es wichtig zu wissen, dass die Forderung auch Jahre später noch eingeklagt werden kann, sofern der Gläubiger das Verfahren vor Ablauf der Verjährungsfrist wieder aufnimmt. Im Zweifelsfall sollten Sie sich rechtlich beraten lassen, um Ihre Position einschätzen zu können.
Rechtssicherheit bei Darlehensforderungen
Das Urteil zeigt, wie komplex die Rechtslage rund um Verjährung und Verwirkung von Darlehensforderungen sein kann. Gerade bei langwierigen Verfahren ist es wichtig, die Fristen und rechtlichen Möglichkeiten genau zu kennen, um Ihre Interessen zu wahren. Wir unterstützen Sie gerne dabei, die Besonderheiten Ihres individuellen Falls zu analysieren und die bestmögliche Strategie zu entwickeln. Sowohl für Darlehensnehmer als auch für Darlehensgeber ist es ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um spätere Überraschungen und finanzielle Nachteile zu vermeiden.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab wann beginnt die Verjährungsfrist bei einem gekündigten Darlehensvertrag?
Die Verjährungsfrist bei einem gekündigten Darlehensvertrag beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Darlehensvertrag gekündigt wurde.
Grundsätzliche Verjährungsregelung
Der Rückzahlungsanspruch verjährt nach der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Wenn Sie beispielsweise im Juli 2023 Ihr Darlehen gekündigt haben, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2023 und endet am 31.12.2026.
Besonderheiten bei Verbraucherdarlehen
Bei Verbraucherdarlehen gilt eine wichtige Sonderregelung nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB: Die Verjährung der Ansprüche auf Darlehensrückzahlung und Zinsen ist vom Eintritt des Verzugs an für zehn Jahre gehemmt. Nach dieser zehnjährigen Hemmung beginnt erst die reguläre dreijährige Verjährungsfrist.
Praktische Beispiele für den Verjährungsbeginn
Bei einem normalen Darlehen: Wird ein Darlehen im März 2024 gekündigt, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2024. Die Forderung wäre dann am 31.12.2027 verjährt.
Bei einem Verbraucherdarlehen mit Verzug: Tritt der Verzug im März 2024 ein, ist die Verjährung zunächst bis 2034 gehemmt. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt dann erst am 31.12.2034, sodass die Forderung am 31.12.2037 verjährt.
Wichtige Besonderheiten
Die Verjährung wird unterbrochen durch:
- Anerkennung des Anspruchs durch Abschlagszahlung oder Zinszahlung
- Gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlungen
Bei unverzinslichen Darlehen kann der Darlehensnehmer jederzeit zurückzahlen, auch ohne Kündigung. Der Anspruch wird jedoch erst mit der Kündigung fällig.
Welche Maßnahmen hemmen die Verjährung einer Darlehensforderung?
Die Verjährung einer Darlehensforderung können Sie durch verschiedene rechtlich wirksame Maßnahmen hemmen oder einen Neubeginn der Verjährungsfrist bewirken.
Hemmung durch Verhandlungen
Wenn Sie mit dem Darlehensnehmer in Verhandlungen über die Forderung eintreten, wird die Verjährung gehemmt. Dies gilt etwa bei Gesprächen über Ratenzahlungsvereinbarungen oder die Modalitäten der Rückzahlung.
Maßnahmen des Schuldners
Der Darlehensnehmer kann die Verjährung durch folgende Handlungen neu beginnen lassen:
- Ausdrückliches Anerkenntnis der Schuld in nachweisbarer Form
- Teilzahlung oder Abschlagszahlung auf die Forderung
- Ratenzahlungsvereinbarung mit geleisteter erster Rate
Gerichtliche Maßnahmen
Mahnbescheid: Ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids hemmt die Verjährung, wenn dieser rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist beantragt wird. Die Forderung muss dabei exakt bezeichnet sein.
Titulierung: Nach erfolgreicher Titulierung der Forderung verlängert sich die Verjährungsfrist auf 30 Jahre.
Besonderheiten bei Verbraucherdarlehen
Bei Verbraucherdarlehen ist die Verjährung vom Eintritt des Verzugs an für 10 Jahre gehemmt. Erst danach beginnt die reguläre dreijährige Verjährungsfrist.
Verzicht auf Verjährungseinrede
Der Darlehensnehmer kann einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklären. Dieser Verzicht verhindert, dass sich der Schuldner später auf die eingetretene Verjährung berufen kann.
Bei laufenden Darlehen ist eine Verjährung des Rückzahlungsanspruchs grundsätzlich ausgeschlossen. Die dreijährige Verjährungsfrist für Darlehensraten und Zinsen beginnt erst mit Ende des Jahres zu laufen, in dem der Darlehensvertrag beendet wird.
Was bedeutet Verwirkung bei Darlehensforderungen?
Die Verwirkung stellt einen besonderen Erlöschungsgrund für Rechte und Ansprüche aus Darlehensverträgen dar. Sie basiert auf dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB.
Voraussetzungen der Verwirkung
Zwei zentrale Elemente müssen für eine Verwirkung zusammenkommen:
Das Zeitmoment bedeutet, dass seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen sein muss. Bei laufenden Darlehensverträgen, die weniger als 10 Jahre alt sind, ist das Zeitmoment in der Regel nicht erfüllt.
Das Umstandsmoment erfordert besondere Umstände, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Der Schuldner muss sich darauf eingerichtet haben, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird.
Unterschied zur Verjährung
Die Verwirkung unterscheidet sich wesentlich von der Verjährung. Während die Verjährung nach fest definierten Fristen eintritt, ist die Verwirkung eine Einzelfallentscheidung. Bei Darlehensforderungen gilt: Fällig gestellte Forderungen verjähren nicht nach der regulären dreijährigen Frist, sondern erst nach 10 Jahren gemäß § 497 Abs. 3 BGB.
Praktische Bedeutung bei Darlehen
Bei noch laufenden Darlehensverträgen ist eine Verwirkung nur schwer zu rechtfertigen. Der Darlehensgeber muss während der Vertragslaufzeit stets damit rechnen, dass der Darlehensnehmer seine Rechte geltend macht.
Besondere Konstellation: Bei bereits abgelösten Darlehensverträgen kann eine Verwirkung eher eintreten, insbesondere wenn:
- der Vertrag einverständlich beendet wurde
- ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde
- der Darlehensnehmer bewusst auf weitere Ansprüche verzichtet hat
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen bestätigt, dass die Verwirkung ein eng begrenzter Ausnahmefall bleiben muss. Die bloße Rückführung eines Darlehens oder ein Aufhebungsvertrag allein rechtfertigen noch keine Verwirkung.
Wie lange kann eine Bank Forderungen aus einem Darlehensvertrag geltend machen?
Bei Darlehensverträgen gelten besondere Verjährungsregeln, die sich je nach Art des Darlehens unterscheiden.
Grundsätzliche Verjährungsfristen
Die reguläre Verjährungsfrist für Forderungen aus Darlehensverträgen beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Diese Frist gilt jedoch nur für normale Darlehen ohne Verbraucherbezug.
Besonderheiten bei Verbraucherdarlehen
Bei Verbraucherdarlehen greift eine wichtige Sonderregelung: Nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB ist die Verjährung ab dem Eintritt des Verzugs für die Dauer von zehn Jahren gehemmt. Diese Hemmung gilt für:
- Die vereinbarten Tilgungsraten
- Die vertraglichen Zinsen
- Die gesamte Restdarlehenssumme nach einer Kündigung
Praktische Bedeutung der Verjährungshemmung
Wenn Sie ein Verbraucherdarlehen haben und in Verzug geraten, bedeutet dies konkret: Die Bank kann ihre Forderungen für einen deutlich längeren Zeitraum geltend machen. Die Gesamtdauer setzt sich zusammen aus:
- Der zehnjährigen Hemmungsfrist
- Der sich anschließenden dreijährigen regulären Verjährungsfrist
Wichtig: Die Forderungen aus einem gekündigten Verbraucherdarlehen verjähren damit erst nach mindestens 13 Jahren. Diese lange Frist gilt allerdings nur, wenn die Bank Sie wirksam in Verzug gesetzt hat. Fehlt eine wirksame Verzugsetzung, greift die normale dreijährige Verjährungsfrist.
Voraussetzungen für die lange Verjährungsfrist
Damit die Bank sich auf die verlängerte Verjährungsfrist berufen kann, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:
- Es muss sich um ein Verbraucherdarlehen handeln
- Sie müssen als Darlehensnehmer wirksam in Verzug gesetzt worden sein
Die Verzugssetzung ist dabei der entscheidende Punkt. Wenn die Bank zwar die Forderung fällig gestellt, Sie aber nicht wirksam in Verzug gesetzt hat, gilt nur die reguläre dreijährige Verjährungsfrist.
Welche Rechte hat der Darlehensnehmer nach längerer Untätigkeit der Bank?
Unterscheidung zwischen Verjährung und Verwirkung
Bei längerer Untätigkeit der Bank können Sie sich auf zwei wichtige Rechtsinstitute berufen: Die Verjährung tritt durch bloßen Zeitablauf ein und beträgt in der Regel 3 Jahre. Die Verwirkung hingegen kann bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist eintreten und erfordert zusätzliche Umstände.
Voraussetzungen der Verwirkung
Eine Verwirkung des Bankanspruchs setzt zwei Elemente voraus:
Das Zeitmoment: Ein längerer Zeitraum der Untätigkeit der Bank muss vergangen sein. Je nach Einzelfall kann bereits eine Untätigkeit von mehr als einem Jahr ausreichen.
Das Umstandsmoment: Sie müssen sich aufgrund besonderer Umstände darauf eingerichtet haben, dass die Bank ihre Forderung nicht mehr geltend macht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Bank nach einer Kündigung jahrelang untätig bleibt.
Besonderheiten bei Verbraucherdarlehen
Bei Verbraucherdarlehen gelten spezielle Regelungen: Die Verjährung ist während des Verzugs gehemmt. Dies bedeutet aber nicht, dass eine Verwirkung ausgeschlossen ist. Auch während der Hemmung der Verjährung kann eine Verwirkung eintreten, wenn die besonderen Voraussetzungen vorliegen.
Praktische Bedeutung
Wenn Sie sich auf Verwirkung berufen, müssen Sie die konkreten Umstände darlegen, die Ihr Vertrauen begründet haben. Ein bloßes Schweigen der Bank reicht dafür nicht aus. Besonders relevant wird die Verwirkung, wenn die Bank nach jahrelanger Untätigkeit plötzlich Forderungen geltend macht. In solchen Fällen können Sie der Bank entgegenhalten, dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verjährung
Eine gesetzliche Frist, nach deren Ablauf ein Anspruch zwar weiter besteht, aber nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden kann. Die reguläre Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse wie Mahnbescheide oder Klagen gehemmt (unterbrochen) werden. Bei Darlehensverträgen kann die Verjährung nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB sogar bis zu zehn Jahre gehemmt sein. Beispiel: Eine Forderung aus 2023 verjährt ohne Hemmung regulär am 31.12.2026.
Verwirkung
Ein Rechtsverlust, der eintritt, wenn ein Gläubiger sein Recht längere Zeit nicht ausübt und der Schuldner sich darauf eingestellt hat. Nach § 242 BGB (Treu und Glauben) müssen dafür zwei Elemente vorliegen: Ein Zeitmoment (längere Untätigkeit) und ein Umstandsmoment (berechtigtes Vertrauen des Schuldners). Anders als bei der Verjährung gibt es keine festen Fristen. Beispiel: Ein Vermieter fordert jahrelang keine Nebenkostenabrechnung und der Mieter geht davon aus, dass keine Nachzahlung mehr verlangt wird.
Mahnverfahren
Ein vereinfachtes gerichtliches Verfahren zur schnellen Durchsetzung von Geldforderungen nach §§ 688 ff. ZPO. Der Gläubiger beantragt einen Mahnbescheid, dem der Schuldner widersprechen kann. Ohne Widerspruch wird ein vollstreckbarer Titel erlassen. Das Verfahren ist kostengünstiger und schneller als eine normale Klage. Bei Widerspruch geht es in das streitige Verfahren über. Beispiel: Eine Bank beantragt einen Mahnbescheid wegen nicht gezahlter Kreditraten.
Verzug
Ein Schuldner kommt in Verzug, wenn er trotz Fälligkeit und Mahnung nicht leistet (§ 286 BGB). Der Verzug hat wichtige rechtliche Folgen: Der Schuldner muss Verzugszinsen zahlen, Mahnkosten erstatten und weiteren Verzugsschaden ersetzen. Bei Darlehen kann Verzug zur Kündigung berechtigen. Beispiel: Ein Kreditnehmer zahlt trotz mehrfacher Mahnung seine fällige Rate nicht.
Darlehensvertrag
Ein Vertrag nach §§ 488 ff. BGB, bei dem der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer Geld zur Verfügung stellt, das später mit Zinsen zurückgezahlt werden muss. Bei Verbraucherdarlehen gelten besondere Schutzvorschriften (§§ 491 ff. BGB). Der Vertrag regelt Zinssatz, Laufzeit, Rückzahlungsmodalitäten und Sicherheiten. Beispiel: Eine Bank gewährt einem Kunden einen Autokredit über 20.000 Euro mit 48 monatlichen Raten.
Kündigung
Eine einseitige Erklärung, die das Vertragsverhältnis für die Zukunft beendet (§§ 314, 490, 498 BGB bei Darlehen). Bei Zahlungsverzug muss der Darlehensgeber vorher erfolglos mahnen und eine Nachfrist setzen. Nach wirksamer Kündigung wird die gesamte Restschuld sofort fällig. Beispiel: Eine Bank kündigt nach drei erfolglosen Mahnungen den Kreditvertrag wegen ausbleibender Ratenzahlungen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB: Dieser Paragraph regelt die Leistungspflichten aus einem Darlehensvertrag. Der Darlehensgeber ist verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, während der Darlehensnehmer zur Rückzahlung des geliehenen Betrags verpflichtet ist. Zudem können Zinsen für die Nutzung des Geldes vereinbart werden.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin als Darlehensgeberin einen Betrag von 20.489,90 € an die Verkäuferin des Kfz überwiesen, und der Beklagte als Darlehensnehmer versprach die Rückzahlung in Raten. Die ausstehende Schlussrate bildet die Grundlage für die gerichtliche Forderung der Klägerin. - § 195 BGB: Dieser Paragraph bestimmt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren für Ansprüche. Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Im vorliegenden Fall war die Schlussrate des Darlehensvertrags im Jahr 2020 fällig, wodurch die Verjährungsfrist am 31.12.2023 endete. Die Klägerin argumentiert, dass die Forderung noch nicht verjährt sei, was durch die gerichtliche Geltendmachung innerhalb dieser Frist unterstützt wird. - § 199 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph legt fest, wann die Verjährungsfrist beginnt. Sie startet mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Im vorliegenden Fall begann die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2020, in dem die Schlussrate fällig war und die Klägerin den Darlehensvertrag kündigte. Da die Klage innerhalb der Verjährungsfrist eingereicht wurde, bleibt der Anspruch der Klägerin bestehen. - § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB: Dieser Paragraph regelt die Hemmung der Verjährung durch die Zustellung eines Mahnbescheides im Mahnverfahren. Während der Zeit, in der der Mahnbescheid zugestellt ist und die Verjährungsfrist gehemmt wird, läuft die Frist nicht weiter.
In diesem Fall hat die Klägerin einen Mahnbescheid erwirkt, der die Verjährung der Forderung gehemmt hat. Dies bedeutet, dass die Verjährungsfrist während des Mahnverfahrens nicht weiterläuft, wodurch die Klage rechtzeitig eingereicht wurde. - § 288 BGB: Dieser Paragraph bestimmt die Höhe der Verzugszinsen bei Schuldverhältnissen. Im Allgemeinen beträgt der Verzugszins fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz für Verbraucher. Bei Rechtsgeschäften zwischen Unternehmen kann der Verzugszins sogar höher ausfallen.
Die Klägerin verlangt im Urteil neben der Hauptforderung auch Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.06.2020. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben zur Berechnung von Verzugszinsen gemäß § 288 BGB.
Das vorliegende Urteil
AG Hanau – Az.: 39 C 152/23 – Urteil vom 24.01.2024
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