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Betriebskostenstreit – selbständigen Beweisverfahrens zur Wohnfläche zulässig

Mieter aufgepasst: Landgericht stärkt eure Rechte bei Betriebskostenabrechnungen! Selbst bei kleinen Abweichungen in der Wohnfläche könnt ihr jetzt ein Beweisverfahren anstrengen. Ein Fall aus Ä. zeigt, wie wichtig die genaue Ermittlung der Wohnfläche für eure Geldbörse sein kann.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Antragstellerin wollte die Wohnfläche ihrer Mietwohnung feststellen lassen, da sie Zweifel an der Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung hatte.
  • Es bestand Unstimmigkeit zwischen der angegebenen Wohnfläche des Vermieters und der von der Mieterin selbst erhobenen Messung.
  • Das Amtsgericht hatte den Antrag auf ein selbstständiges Beweisverfahren zunächst abgelehnt, da es kein relevantes rechtliches Interesse sah.
  • Der Beschluss wurde von der Antragstellerin angefochten, da selbst kleine Abweichungen in der Wohnfläche finanzielle Folgen haben können.
  • Das Gericht stellte fest, dass auch abweichende Aussagen zur Wohnfläche ein rechtliches Interesse begründen, das ein Beweisverfahren rechtfertigt.
  • Der Begriff des rechtlichen Interesses wurde als weit gefasst verstanden, was ermöglicht, dass in verschiedenen Kontexten Beweisanträge zulässig sind.
  • Die Entscheidung des Gerichts zeigt, dass die Überprüfung von Messungen durch ein Sachverständigengutachten sinnvoll sein kann, um Streitigkeiten zu vermeiden.
  • Das Gericht wies das Amtsgericht an, ein Gutachten zur Wohnfläche in Auftrag zu geben, um weitere Auseinandersetzungen zu klären.
  • Diese Entscheidung kann für Mieter von Bedeutung sein, die Unsicherheiten hinsichtlich ihrer Betriebskostenabrechnung haben und rechtliche Schritte einleiten wollen.
  • Die Möglichkeit, ein selbstständiges Beweisverfahren einzuleiten, stärkt die Position von Mietern in Fragen zur Vermessung und Abrechnung von Wohnflächen.

Gerichtsurteil beleuchtet Auseinandersetzungen um Wohnfläche und Betriebskosten

Im Zusammenhang mit Mietverträgen und den damit verbundenen Betriebskosten kommt es häufig zu Auseinandersetzungen zwischen Mietern und Vermietern. Ein zentraler Punkt in diesen Streitigkeiten ist die Klärung der tatsächlichen Wohnfläche, die für die Berechnung von Betriebskosten von entscheidender Bedeutung ist. Häufig sieht sich der Mieter mit der Herausforderung konfrontiert, dass die im Mietvertrag angegebene Fläche nicht mit der tatsächlichen Größe der Wohnung übereinstimmt. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Wohnfläche zulässig ist.

Das selbstständige Beweisverfahren erlaubt es, rechtliche Tatsachen zu klären, bevor es zu einem Hauptverfahren kommt. Es bietet den Parteien die Möglichkeit, Beweise schnell zu sichern und somit Klarheit über einen strittigen Punkt zu erlangen, ohne direkt in einen langwierigen Rechtsstreit einzutreten. Gerade im Kontext der Betriebskostenabrechnung kann dies eine wichtige Rolle spielen, da Fehleinschätzungen der Wohnfläche zu finanziellen Nachteilen für Mieter führen können.

Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet dieser Thematik näher und wird im Folgenden zusammengefasst und analysiert.

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Der Fall vor Gericht


Streit um Wohnfläche: Selbstständiges Beweisverfahren für Mieter zulässig

In einem kürzlich verhandelten Fall vor dem Landgericht Neubrandenburg ging es um die Frage, ob Mieter ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der tatsächlichen Wohnfläche ihrer Mietwohnung beantragen können.

Streit um Wohnfläche
Das Landgericht Neubrandenburg erlaubt Mietern, ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Wohnfläche zu beantragen, was ihre Rechte bei Betriebskostenabrechnungen stärkt. (Symbolfoto: morenaki – 123rf.com)

Die Entscheidung des Gerichts hat weitreichende Bedeutung für Mieter, die sich mit Betriebskostenabrechnungen auseinandersetzen müssen.

Der Weg zum Gericht

Eine Mieterin in Ä. zweifelte die Richtigkeit der von ihrer Vermieterin erstellten Betriebskostenabrechnung an. Der Hauptstreitpunkt war die der Abrechnung zugrunde gelegte Wohnfläche. Während die Vermieterin von 61 m² ausging, war die Mieterin der Auffassung, ihre Wohnung sei lediglich 59,45 m² groß. Ein von der Vermieterin beauftragter Sachverständiger ermittelte mit einem Zollstock eine Fläche von 60,91 m², wohingegen eine vom Deutschen Mieterbund durchgeführte Lasermessung auf 56,415 m² kam. Angesichts dieser Diskrepanzen beantragte die Mieterin beim Amtsgericht die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur genauen Feststellung der Wohnfläche.

Die erste Instanz

Das Amtsgericht Neubrandenburg lehnte den Antrag der Mieterin zunächst ab. Es argumentierte, es bestehe kein rechtliches Interesse an einem Sachverständigengutachten, da die Parteien die Messung gemeinsam wiederholen könnten, ohne dass dafür besonderer Sachverstand erforderlich sei. Zudem sei die Wohnfläche nur einer von mehreren strittigen Punkten der Betriebskostenabrechnung, weshalb das Beweisverfahren kaum zur Vermeidung eines Rechtsstreits beitragen würde.

Die Entscheidung des Landgerichts

Die Mieterin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, und das Landgericht Neubrandenburg gab ihr Recht. Das Gericht betonte, dass der Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne des § 485 ZPO weit auszulegen sei. Es sei nicht erforderlich, dass das Beweisverfahren zwingend einen Rechtsstreit vermeiden müsse. Vielmehr reiche es aus, wenn die Beweistatsache zur Begründung eines materiell-rechtlichen Anspruchs dienen könnte.

Das Landgericht widersprach der Auffassung des Amtsgerichts und stellte klar, dass selbst geringfügige Abweichungen in der Wohnfläche relevant sein können. Es verwies auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Betriebskosten nach den tatsächlichen Gegebenheiten abzurechnen sind und frühere Toleranzgrenzen von bis zu 10 Prozent nicht mehr gelten. Demnach sei das rechtliche Interesse an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens auch bei geringen Flächenabweichungen zu bejahen.

Konsequenzen für Mieter und Vermieter

Mit dieser Entscheidung stärkt das Landgericht Neubrandenburg die Rechte von Mietern bei der Überprüfung von Betriebskostenabrechnungen. Es ermöglicht ihnen, auch bei vermeintlich geringen Flächenabweichungen ein selbstständiges Beweisverfahren zu beantragen, um die tatsächliche Wohnfläche feststellen zu lassen. Dies kann für Mieter von großer Bedeutung sein, da selbst kleine Unterschiede in der Wohnfläche über Jahre hinweg zu erheblichen finanziellen Belastungen führen können.

Für Vermieter bedeutet das Urteil, dass sie bei der Erstellung von Betriebskostenabrechnungen besonders sorgfältig vorgehen müssen. Sie können sich nicht mehr darauf verlassen, dass geringfügige Abweichungen in der Wohnfläche unbeachtet bleiben. Vielmehr müssen sie damit rechnen, dass Mieter auch bei kleinen Differenzen ein Beweisverfahren anstreben können, um ihre Rechte zu wahren.

Das Landgericht betonte zudem, dass die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens auch dann sinnvoll sein kann, wenn neben der Wohnfläche weitere Aspekte der Betriebskostenabrechnung strittig sind. Es sah die Möglichkeit, dass eine Klärung dieses einen Punktes zu einer gütlichen Einigung der Parteien führen und somit einen umfangreicheren Rechtsstreit vermeiden könnte.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg stärkt die Rechte der Mieter erheblich. Es bekräftigt, dass selbst geringfügige Abweichungen in der Wohnfläche für Betriebskostenabrechnungen relevant sind und Mieter ein Recht auf ein selbstständiges Beweisverfahren zur genauen Feststellung haben. Dies unterstreicht die Notwendigkeit exakter Flächenangaben und ermöglicht Mietern, ihre finanziellen Interessen auch bei kleinen Differenzen effektiv zu schützen. Vermieter müssen künftig mit erhöhter Sorgfalt bei der Erstellung von Abrechnungen vorgehen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter haben Sie nun das Recht, auch bei geringen Zweifeln an der angegebenen Wohnfläche ein selbstständiges Beweisverfahren zu beantragen. Dies ermöglicht Ihnen, die tatsächliche Größe Ihrer Wohnung von einem unabhängigen Sachverständigen feststellen zu lassen, ohne einen aufwendigen Rechtsstreit zu führen. Selbst kleine Flächenabweichungen können über die Jahre zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Mit diesem Urteil können Sie Ihre Interessen effektiv schützen und ungerechtfertigte Betriebskostenabrechnungen anfechten. Es lohnt sich also, die angegebene Wohnfläche genau zu prüfen und bei Zweifeln aktiv zu werden, um möglicherweise zu viel gezahlte Beträge zurückzufordern.


FAQ – Häufige Fragen

Sie haben Fragen zur Streit um Wohnfläche? Unser Team von erfahrenen Juristen und Journalisten hat eine umfassende Sammlung an Antworten für Sie zusammengestellt. Hier finden Sie hilfreiche Informationen und Antworten auf Ihre Fragen.


Welche Rechte haben Mieter bei der Feststellung der tatsächlichen Wohnfläche ihrer Wohnung?

Mieter haben das Recht, die tatsächliche Wohnfläche ihrer gemieteten Wohnung festzustellen. Dies ist besonders relevant, da die Wohnfläche oft Grundlage für die Berechnung der Miete und der Betriebskosten ist.

Grundsätzlich können Mieter vom Vermieter verlangen, dass dieser ihnen die genaue Wohnfläche mitteilt. Der Vermieter ist verpflichtet, diese Information zur Verfügung zu stellen, sofern er über sie verfügt. Sollte der Vermieter keine genauen Angaben machen können oder wollen, haben Mieter weitere Möglichkeiten.

Ein wichtiges Recht der Mieter ist die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens. Dieses gerichtliche Verfahren ermöglicht es, die tatsächliche Wohnfläche durch einen unabhängigen Sachverständigen feststellen zu lassen. Das selbstständige Beweisverfahren kann auch dann eingeleitet werden, wenn noch kein konkreter Rechtsstreit besteht. Es dient der Beweissicherung und kann später in einem möglichen Hauptverfahren verwendet werden.

Die rechtliche Grundlage für das selbstständige Beweisverfahren findet sich in den §§ 485 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO). Um ein solches Verfahren einzuleiten, müssen Mieter einen Antrag beim zuständigen Amtsgericht stellen. Wichtig ist, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Wohnfläche vorliegen muss. Dies ist in der Regel gegeben, wenn die Wohnfläche für die Berechnung der Miete oder der Betriebskosten relevant ist.

Mieter haben auch das Recht, die Wohnung selbst auszumessen oder einen Sachverständigen damit zu beauftragen. Hierfür ist jedoch die Zustimmung des Vermieters erforderlich, da es sich um einen Eingriff in dessen Eigentumsrechte handelt. Der Vermieter darf diese Zustimmung nur aus triftigen Gründen verweigern.

Bei erheblichen Abweichungen zwischen der tatsächlichen und der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche können Mieter verschiedene Rechte geltend machen. Als erheblich gilt in der Regel eine Abweichung von mehr als 10%. In solchen Fällen können Mieter eine Mietminderung verlangen oder sogar den Mietvertrag anfechten, wenn die falsche Wohnflächenangabe für den Vertragsabschluss kausal war.

Zudem haben Mieter das Recht auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete, wenn die tatsächliche Wohnfläche geringer ist als angegeben. Dies gilt rückwirkend für die letzten drei Jahre, sofern die Verjährungsfrist nicht unterbrochen wurde. Bei der Berechnung von Betriebskosten kann eine zu große angegebene Wohnfläche ebenfalls zu Rückzahlungsansprüchen führen.

Es ist zu beachten, dass die genaue Berechnung der Wohnfläche komplex sein kann und verschiedene Faktoren berücksichtigt werden müssen. So werden beispielsweise Balkone, Terrassen und Dachschrägen oft nur anteilig zur Wohnfläche gerechnet. Die maßgebliche Berechnungsgrundlage ist in der Regel die Wohnflächenverordnung (WoFlV).

In Streitfällen über die Wohnfläche, insbesondere wenn es um Betriebskostenabrechnungen geht, kann das selbstständige Beweisverfahren eine effektive Möglichkeit sein, Klarheit zu schaffen. Es bietet Mietern die Chance, ihre Rechte frühzeitig zu sichern und potenzielle Konflikte mit dem Vermieter auf einer fundierten Faktenbasis zu lösen.

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Wie beantragt man ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Wohnfläche?

Ein selbstständiges Beweisverfahren zur Feststellung der Wohnfläche kann bei dem zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Der Antrag muss schriftlich eingereicht werden und sollte folgende Elemente enthalten:

1. Bezeichnung der Parteien: Der Antragsteller (in der Regel der Mieter) und der Antragsgegner (üblicherweise der Vermieter) müssen mit vollständigem Namen und Anschrift angegeben werden.

2. Genaue Bezeichnung des Mietobjekts: Die betreffende Wohnung muss eindeutig identifiziert werden, einschließlich der vollständigen Adresse und gegebenenfalls der Wohnungsnummer.

3. Darlegung des Sachverhalts: Es ist wichtig, kurz und präzise zu erläutern, warum die Feststellung der Wohnfläche erforderlich ist. Hier können beispielsweise Zweifel an der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche oder Unstimmigkeiten bei der Betriebskostenabrechnung angeführt werden.

4. Beweisthema: Der konkrete Beweisgegenstand muss formuliert werden, also die Feststellung der tatsächlichen Wohnfläche durch einen Sachverständigen.

5. Beweismittel: Es sollte beantragt werden, dass das Gericht einen Sachverständigen zur Vermessung der Wohnung bestellt.

6. Begründung der Dringlichkeit: Falls vorhanden, sollten Gründe angeführt werden, die eine zeitnahe Beweiserhebung erforderlich machen, etwa eine drohende Verjährung von Ansprüchen.

Dem Antrag sind relevante Unterlagen beizufügen, wie der Mietvertrag, Betriebskostenabrechnungen oder sonstige Dokumente, die die Notwendigkeit des Verfahrens belegen.

Die Kosten für ein selbstständiges Beweisverfahren richten sich nach dem Streitwert, der sich in der Regel nach der Jahresmiete bemisst. Der Antragsteller muss zunächst einen Kostenvorschuss leisten. Die endgültige Kostenverteilung hängt vom Ausgang des Verfahrens ab.

Es ist ratsam, vor Antragstellung zu prüfen, ob eine gütliche Einigung mit dem Vermieter möglich ist, da ein selbstständiges Beweisverfahren das Mietverhältnis belasten kann. In komplexen Fällen oder bei Unsicherheiten bezüglich der Antragstellung kann die Konsultation eines Fachanwalts für Mietrecht hilfreich sein.

Das selbstständige Beweisverfahren kann eine effektive Methode sein, um Klarheit über die tatsächliche Wohnfläche zu erlangen und potenzielle Streitigkeiten, etwa über die Höhe der Betriebskosten, auf einer fundierten Basis zu klären.

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Welche Rolle spielen Gutachten bei der Feststellung der Wohnfläche?

Gutachten nehmen eine zentrale Rolle bei der Feststellung der Wohnfläche ein. Sie dienen als objektive und fachkundige Bewertungsgrundlage, um die tatsächliche Größe einer Wohnung präzise zu ermitteln. Dies ist besonders relevant, wenn Diskrepanzen zwischen der im Mietvertrag angegebenen und der tatsächlichen Wohnfläche auftreten.

Im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens werden Gutachten als anerkanntes Beweismittel herangezogen. Dieses Verfahren ermöglicht es, frühzeitig und außerhalb eines Hauptprozesses Beweise zu sichern und Tatsachen festzustellen. Bei Streitigkeiten über die Wohnfläche, insbesondere im Kontext von Betriebskostenabrechnungen, kann ein solches Verfahren eingeleitet werden, um eine fundierte Grundlage für weitere rechtliche Schritte zu schaffen.

Für die Erstellung eines Gutachtens zur Wohnflächenermittlung werden in der Regel öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Sachgebiet Immobilienbewertung oder speziell für Wohnflächenberechnung beauftragt. Diese Experten verfügen über die notwendige Fachkenntnis und Erfahrung, um eine genaue und rechtlich anerkannte Messung durchzuführen.

Die Methoden zur Messung der Wohnfläche folgen standardisierten Verfahren, die in der Wohnflächenverordnung (WoFlV) festgelegt sind. Gutachter verwenden präzise Messinstrumente wie Laser-Distanzmessgeräte oder digitale Messräder, um die Flächen exakt zu erfassen. Sie berücksichtigen dabei spezifische Regelungen, wie die Anrechnung von Balkonen, Loggien oder Dachschrägen, die nur anteilig in die Wohnfläche einbezogen werden.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Erstellung von Gutachten ist die Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung zur Wohnflächenberechnung. Gutachter müssen aktuelle Gerichtsentscheidungen kennen und anwenden, um rechtssichere Ergebnisse zu liefern. Dies ist besonders wichtig, da die Rechtsprechung in diesem Bereich dynamisch ist und sich stetig weiterentwickelt.

Die Bedeutung von Gutachten zeigt sich auch darin, dass sie als Grundlage für Mietminderungen oder Anpassungen von Betriebskostenabrechnungen dienen können. Wenn ein Gutachten eine erhebliche Abweichung von der im Mietvertrag angegebenen Wohnfläche feststellt, kann dies weitreichende Konsequenzen für das Mietverhältnis haben. Eine Abweichung von mehr als 10% wird in der Regel als erheblich angesehen und kann zu einer entsprechenden Mietminderung berechtigen.

Für Mieter ist es wichtig zu wissen, dass sie das Recht haben, die Erstellung eines Gutachtens zu beantragen, wenn begründete Zweifel an der angegebenen Wohnfläche bestehen. Die Kosten für ein solches Gutachten im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens trägt zunächst der Antragsteller, also in der Regel der Mieter. Allerdings können diese Kosten bei erfolgreicher Feststellung einer erheblichen Flächenabweichung oft vom Vermieter zurückgefordert werden.

Gutachten zur Wohnflächenfeststellung müssen bestimmte formale und inhaltliche Anforderungen erfüllen, um vor Gericht Bestand zu haben. Sie sollten eine detaillierte Beschreibung der angewandten Messmethoden, eine nachvollziehbare Berechnung der Flächen und eine klare Darstellung der Ergebnisse enthalten. Zudem ist es wichtig, dass der Gutachter seine Qualifikation und Unabhängigkeit nachweist.

Die Ergebnisse eines Gutachtens können erhebliche Auswirkungen auf die Rechte und Pflichten beider Mietparteien haben. Sie können nicht nur die Grundlage für Mietanpassungen bilden, sondern auch für die Neuberechnung von Betriebskosten herangezogen werden. In einigen Fällen können sie sogar zu einer rückwirkenden Korrektur von Abrechnungen führen.

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Welche Auswirkungen haben Abweichungen in der Wohnfläche auf die Betriebskostenabrechnung?

Abweichungen in der Wohnfläche können erhebliche Auswirkungen auf die Betriebskostenabrechnung haben. Die Wohnfläche dient als Grundlage für die Verteilung vieler Betriebskosten, insbesondere wenn diese nach Quadratmetern umgelegt werden. Eine falsch berechnete Wohnfläche führt daher oft zu einer fehlerhaften Kostenverteilung.

Bei einer zu groß angesetzten Wohnfläche zahlt der Mieter in der Regel zu viel, da ihm ein größerer Anteil der Gesamtkosten zugerechnet wird. Umgekehrt führt eine zu klein berechnete Wohnfläche dazu, dass der Mieter weniger als seinen fairen Anteil an den Betriebskosten trägt. Selbst kleine Abweichungen können über die Zeit zu beträchtlichen finanziellen Differenzen führen.

Die Berechnung der Betriebskosten erfolgt üblicherweise anteilig nach der Wohnfläche. Dabei wird der Gesamtbetrag einer Kostenart durch die Gesamtwohnfläche des Hauses geteilt und dann mit der Wohnfläche der einzelnen Wohnung multipliziert. Eine Korrektur der Wohnfläche wirkt sich somit direkt proportional auf den zu zahlenden Betrag aus.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Angenommen, die Heizkosten für ein Mehrfamilienhaus betragen 10.000 Euro pro Jahr, und die Gesamtwohnfläche beträgt 1.000 Quadratmeter. Wurde die Wohnfläche einer 80-Quadratmeter-Wohnung fälschlicherweise mit 85 Quadratmetern angegeben, würde der Mieter 850 Euro statt 800 Euro für die Heizung zahlen müssen – eine Differenz von 50 Euro pro Jahr allein für diesen Kostenpunkt.

Bei Feststellung einer Wohnflächenabweichung haben Mieter das Recht, eine Korrektur der Betriebskostenabrechnung zu verlangen. Dies kann rückwirkend für die letzten drei Jahre geschehen, sofern die Abrechnungen noch nicht bestandskräftig geworden sind. In einigen Fällen kann sogar eine längere Rückwirkung möglich sein, wenn der Vermieter die falsche Wohnfläche bewusst falsch angegeben hat.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht jede Abweichung automatisch zu einer Anpassung führt. Gerichte haben in der Vergangenheit entschieden, dass Abweichungen bis zu 10% in der Regel noch als unerheblich gelten. Bei größeren Differenzen oder wenn die Abweichung zu einer spürbaren finanziellen Belastung führt, können Mieter jedoch eine Anpassung der Betriebskostenabrechnung fordern.

Für Mieter ist es ratsam, die angegebene Wohnfläche zu überprüfen und bei Verdacht auf Abweichungen eine genaue Vermessung durchführen zu lassen. Im Streitfall kann ein selbstständiges Beweisverfahren zur genauen Ermittlung der Wohnfläche beantragt werden. Dies ermöglicht eine rechtssichere Feststellung der tatsächlichen Wohnfläche und bildet die Grundlage für eventuelle Korrekturen der Betriebskostenabrechnungen.

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Wann lohnt sich ein selbstständiges Beweisverfahren für Mieter?

Ein selbstständiges Beweisverfahren kann für Mieter in verschiedenen Situationen vorteilhaft sein. Dieses Verfahren eignet sich besonders, wenn Beweise gesichert werden müssen, die sonst verloren gehen könnten. Typische Anwendungsfälle sind Streitigkeiten über Mängel in der Wohnung, Schäden am Mietobjekt oder Unstimmigkeiten bezüglich des Zustands bei der Wohnungsübergabe.

Die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens lohnt sich für Mieter vor allem dann, wenn erhebliche finanzielle Interessen auf dem Spiel stehen. Dies kann beispielsweise bei umfangreichen Schäden oder bei Streitigkeiten über hohe Nebenkostennachzahlungen der Fall sein. Auch bei komplexen technischen Fragestellungen, die eine neutrale Begutachtung erfordern, kann dieses Verfahren sinnvoll sein.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Dringlichkeit der Beweissicherung. Wenn Mängel oder Schäden schnell beseitigt werden müssen oder sich der Zustand rasch verändern könnte, ist ein selbstständiges Beweisverfahren oft die beste Wahl. Es ermöglicht eine zeitnahe und gerichtlich verwertbare Dokumentation des aktuellen Zustands.

Die Erfolgsaussichten eines späteren Hauptverfahrens spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle. Wenn das selbstständige Beweisverfahren die Position des Mieters voraussichtlich stärkt und die Chancen auf einen positiven Ausgang eines möglichen Rechtsstreits erhöht, kann es sich als lohnende Investition erweisen.

Mieter sollten auch die Kostenaspekte sorgfältig abwägen. Die Kosten für ein selbstständiges Beweisverfahren sind in der Regel niedriger als die eines vollständigen Gerichtsverfahrens. Dennoch können sie je nach Umfang und Komplexität der zu klärenden Fragen erheblich sein. Es ist ratsam, diese Kosten mit dem potenziellen Nutzen und den möglichen Einsparungen durch eine außergerichtliche Einigung zu vergleichen.

Ein selbstständiges Beweisverfahren kann zudem dazu beitragen, Streitigkeiten frühzeitig beizulegen. Die neutralen Feststellungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen können beide Parteien zu einer realistischen Einschätzung der Situation bewegen und so eine gütliche Einigung fördern.

In Fällen, in denen es um die Feststellung der korrekten Wohnfläche geht, kann ein selbstständiges Beweisverfahren ebenfalls sinnvoll sein. Dies ist besonders relevant, wenn die Wohnfläche Auswirkungen auf die Betriebskostenabrechnung oder die Miethöhe hat. Eine gerichtlich anerkannte Flächenermittlung kann in solchen Fällen Klarheit schaffen und als Grundlage für weitere rechtliche Schritte dienen.

Mieter sollten vor der Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens sorgfältig prüfen, ob weniger aufwendige Alternativen zur Verfügung stehen. In manchen Fällen kann eine außergerichtliche Einigung oder eine gemeinsam beauftragte Begutachtung ausreichend sein. Die Entscheidung für oder gegen ein selbstständiges Beweisverfahren sollte stets unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Einzelfalls getroffen werden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Betriebskostenabrechnung: Eine jährliche Aufstellung aller Kosten, die dem Vermieter für das Gebäude entstanden sind (z. B. Heizung, Wasser, Müllabfuhr). Diese Kosten werden anteilig auf die Mieter umgelegt, oft basierend auf der Wohnfläche.
  • Sachverständigengutachten: Ein schriftliches Gutachten eines Experten zu einer bestimmten Frage, das bei Gericht oder außergerichtlich eingeholt werden kann. Im vorliegenden Fall geht es um die Bestimmung der Wohnfläche durch einen Sachverständigen.
  • Amtsgericht: Das Gericht der ersten Instanz, das für kleinere Zivil- und Strafsachen zuständig ist. Im Text lehnte das Amtsgericht den Antrag der Mieterin auf ein selbstständiges Beweisverfahren zunächst ab.
  • Landgericht: Das Gericht der zweiten Instanz, das über Berufungen gegen Urteile des Amtsgerichts entscheidet. Im vorliegenden Fall gab das Landgericht der Mieterin Recht und hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf.
  • Rechtliches Interesse: Eine Voraussetzung für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens. Es bedeutet, dass die Feststellung der Beweistatsache für die Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung von Bedeutung sein muss. Im konkreten Fall hat die Mieterin ein rechtliches Interesse, da die Wohnfläche die Grundlage für die Betriebskostenabrechnung ist.
  • Selbstständiges Beweisverfahren: Ein gerichtliches Verfahren, das vor einem möglichen Hauptverfahren durchgeführt werden kann, um Beweise zu sichern und rechtliche Tatsachen zu klären. Im vorliegenden Fall möchte die Mieterin die tatsächliche Wohnfläche ihrer Mietwohnung durch einen Sachverständigen feststellen lassen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 485 ZPO (Selbstständiges Beweisverfahren): Das selbstständige Beweisverfahren ermöglicht es einer Partei, vor einem möglichen Rechtsstreit die Begutachtung durch einen Sachverständigen zu beantragen, wenn ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Zustands oder Werts einer Sache besteht. Im vorliegenden Fall nutzt die Mieterin dieses Verfahren, um die tatsächliche Wohnfläche ihrer Mietwohnung feststellen zu lassen, da Unstimmigkeiten über die Größe bestehen und dies Auswirkungen auf die Betriebskostenabrechnung hat.
  • § 556a BGB (Umlage von Betriebskosten): Dieser Paragraph regelt die Umlage von Betriebskosten in Mietverhältnissen. Er besagt, dass Betriebskosten, soweit sie sich nach der Wohnfläche richten, nach den tatsächlichen Gegebenheiten abzurechnen sind. Im konkreten Fall ist die genaue Bestimmung der Wohnfläche entscheidend für die korrekte Berechnung der Betriebskosten und somit für die finanzielle Gerechtigkeit zwischen Mieter und Vermieter.
  • § 91 ZPO (Sachverständigenbeweis): Dieser Paragraph regelt den Beweis durch Sachverständige im Zivilprozess. Im selbstständigen Beweisverfahren kann ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um Tatsachen festzustellen, die spezielles Fachwissen erfordern. Im vorliegenden Fall ist die genaue Messung der Wohnfläche eine solche Tatsache, für die ein Sachverständiger hinzugezogen wird, um eine objektive und verlässliche Feststellung zu treffen.
  • Rechtliches Interesse (§ 485 ZPO): Das rechtliche Interesse ist eine Voraussetzung für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens. Es bedeutet, dass die Feststellung der Beweistatsache für die Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung von Bedeutung sein muss. Im vorliegenden Fall hat die Mieterin ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Wohnfläche, da diese die Grundlage für die Betriebskostenabrechnung bildet und somit ihre finanziellen Interessen berührt.
  • BGH-Rechtsprechung zur Wohnflächenabweichung: Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat sich dahingehend entwickelt, dass auch geringfügige Abweichungen in der Wohnfläche relevant sein können und zu einer Neuberechnung der Betriebskosten führen können. Diese Rechtsprechung stärkt die Position der Mieter und unterstreicht die Bedeutung einer genauen Wohnflächenbestimmung im vorliegenden Fall.

Das vorliegende Urteil

LG Neubrandenburg – Az.: 1 T 176/22 – Beschluss vom 10.03.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 20.08.2022, Az. 102 H 6/22, aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über folgende Frage Beweis zu erheben:

Wie groß ist die Wohnfläche der Wohnung der Antragstellerin?

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Wohnfläche einer Wohnung.

Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung in der … in Ä. Die Antragsgegnerin ist die Vermieterin der Wohnung. Die Parteien streiten über die Richtigkeit der von der Antragsgegnerin erstellten Betriebskostenabrechnung. Die Antragstellerin wendet insbesondere ein, dass die der Abrechnung zugrundeliegende Wohnfläche unrichtig berechnet worden sei. In den Betriebskostenabrechnungen ist die Wohnfläche jeweils mit 61 m² angegeben. Die Antragstellerin war hingegen der Auffassung, dass die Wohnung eine Fläche von 59,45 m² aufweise.

Ein vorgerichtlich durch die Antragsgegnerin eingeholtes Sachverständigengutachten gelangt zu einer Wohnfläche von 60,91 m². Die Vermessung erfolgte mittels eines Gliedergelenkmaßstabes (Zollstock). Die daraufhin von der Antragstellerin beauftragte Vermessung durch einen Vertreter des Deutschen Mieterbundes kommt zu einer Wohnfläche von 56,415 m². Die Messung wurde durch ein Laserdistanzmesser vorgenommen.

Mit Beschluss vom 20.08.2022 hat das Amtsgericht den Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens abgelehnt. Zur Begründung führt das Amtsgericht im Wesentlichen aus, dass an der Feststellung der Wohnfläche durch ein Sachverständigengutachten kein rechtliches Interesse i.S.v. §. 485 ZPO bestehe. Die Messung könne durch die Parteien, soweit sie den Streit nicht durch Annahme eines Mittelwertes beilegen wollten, gemeinsam wiederholt werden. Hierzu bedürfe es keines besonderen Sachverstands. Zudem betreffe die Wohnfläche nur einen Punkt einer Reihe von Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung. Es sei daher nicht zu erwarten, dass das Beweisverfahren der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen könne.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 05.09.2022 und trägt im Wesentlichen vor, dass auch eine geringfügige Abweichung der Wohnfläche eine ungerechtfertigte Besser- bzw. Schlechterstellung einer Partei bedeuten würde. Im Übrigen bestehe zwischen den Parteien bereits hinsichtlich der anzuwendenden Messmethode keine Einigkeit. Folglich sei von einem rechtlichen Interesse i.S.v. § 485 ZPO auszugehen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 18.09.2022 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.

II.

Die nach S. 567 Abs. 1 ZPO zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Antrag auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens ist gem. § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO stattzugeben. Danach kann eine Partei, sofern ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass der Zustand oder Wert einer Sache festgestellt wird. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Der Begriff des rechtlichen Interesses i.S.d. § 485 Abs. 2 ZPO ist grundsätzlich weit zu verstehen (OLG Hamburg, Beschluss vom 16.12.2014 – 1 W 102/14). Nach der gesetzlichen Fiktion liegt dieses vor, wenn das Beweisverfahren der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Dies ist jedoch nur als gesondert herausgehobener Fall eines rechtlichen Interesses zu verstehen, so dass dieses auch unter anderen Gesichtspunkten in Betracht kommen kann (LG Köln BeckRS 2015, 4102). Insbesondere können mit dem selbstständigen Beweisverfahren auch andere Rechtsinteressen verfolgt werden (OLG Hamm BeckRS 2015, 06406; OLG Celle BeckRS 1996, 13050; OLG Zweibrücken BeckRS 1992, 307; OLG Frankfurt a. M. MDR 1991, 989). Das Erfordernis eines rechtlichen Interesses darf insoweit nicht zum Einfallstor einer Prüfung der Beweiserheblichkeit für den Hauptprozess oder gar der Erfolgsaussichten des Hauptprozesses gemacht werden, welche im selbstständigen Beweisverfahren gerade nicht stattfindet (OLG Hamburg, Beschluss vom 16.12.2014 – 1 W 102/14). Ein rechtliches Interesse liegt daher auch dann vor, wenn die Beweistatsache zur Begründung eines materiell-rechtlichen Anspruchs des Antragstellers dienen könnte (OLG Celle BeckRS 2004, 998, LG Köln BeckRS 2015, 4102).

Im Umkehrschluss ist das Verfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO nur dann unzulässig, wenn evident ist, dass ein Anspruch des Antragstellers unter gar keinen Umständen bestehen kann (BGH BeckRS 2004, 9361), sein Rechtsschutzbegehren also offensichtlich aussichtslos (OLG Brandenburg BeckRS 2009, 27956) und die Beweiserhebung deshalb ohne jeden Zweifel nutzlos (Musielak/Voit/Huber Rn. 7) ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch eindeutig nicht ersichtlich sind (BGH NJW-RR 2006, 1454; NJW 2004, 3488) oder das Beweismittel von vorneherein und unter allen Umständen ungeeignet ist, um die streitige Tatsache zu beweisen (OLG Jena BeckRS 2008, 10302).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

Zwar sind die Abweichungen der festgestellten Wohnraumfläche nur gering. Betriebskosten sind jedoch, sofern und soweit sie sich nach der Wohnfläche richten, nach den tatsächlichen Gegebenheiten abzurechnen (vgl. BGH, Urteil v. 18.11.2015 – VIII ZR 266/14, NJW 2016, 239). Soweit der BGH in seiner früheren Rechtsprechung Abweichungen von bis zu 10 Prozent zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Wohnfläche auch im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung als unbeachtlich angesehen hat, hält er an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest (BGH, Urteil v. 18.11.2015 – VIII ZR 266/14, NJW 2016, 239). Im Geltungsbereich des § 556a Abs. 1 S. 1 BGB ist für die Umlage der Betriebskosten einer preisgebundenen Wohnung auf die tatsächlichen Flächenverhältnisse abzustellen (BGH, Urteil v. 16.01.2019 – VIII ZR 173/17, NJW-RR 2019, 787). Folglich ist das rechtliche Interesse an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens nicht bereits aufgrund der geringen Abweichung der festgestellten Wohnraumfläche zu verneinen. Dies gilt auch dann, wenn der Messfehler unter Umständen ebenfalls bei den übrigen Wohneinheiten vorliegt und sich das Verhältnis der Wohnungsflächen zueinander damit im Ergebnis gegebenenfalls nicht ändert.

Soweit die Antragstellerin neben der zugrundeliegenden Wohnraumfläche weitere Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung geltend macht, steht auch dies dem rechtlichen Interesse nicht entgegen.

Entsprechend der weiten Auslegung des Begriffs des rechtlichen Interesses ist auch die Eignung des Beweisverfahrens zur Vermeidung eines Rechtsstreites im weitesten Sinne zu verstehen. Ungeachtet der weiteren Einwendungen ist es nicht auszuschließen, dass die Parteien bei einer eindeutigen Klärung einer prozesserheblichen Tatsache von der Führung eines Rechtsstreites insgesamt Abstand nehmen und sich gütlich einigen (vgl. i.E. LG Köln BeckRS 2015, 4102). Ein rechtliches Interesse ist daher auch dann anzunehmen, wenn möglichenweise eine abschließende Klärung durch das einzuholende Sachverständigengutachten nicht möglich ist und weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen (BGH, Beschluss v. 21.01. 2003 – VI ZB 51/02, NJW 2003,1741). Wie bereits ausgeführt, wird die Erheblichkeit des Beweisthemas insoweit grundsätzlich nicht geprüft.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die durch die Beschwerde entstandenen Kosten sind Teil der Gesamtkosten des Rechtsstreits (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 09.04.2015- 13 W 18/15, Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 97 Rn. 9).


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