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Autowaschanlage: Betreiberhaftung bei Abriss eines Scheibenwischers während des Waschvorgangs

AG Bremen, Az.: 9 C 62/14

Urteil vom 30.10.2014

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 30,01 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2014 sowie EUR 83,54 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in gleicher Höhe seit dem 27.03.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatz nach Benutzung einer Autowaschanlage geltend.

Autowaschanlage: Betreiberhaftung bei Abriss eines Scheibenwischers während des Waschvorgangs
Symbolfoto: bren64/Bigstock

Der Kläger benutzte nach entsprechender Bezahlung am 17.08.2013 gegen 19:00 Uhr mit seinem Fahrzeug Renault Science, amtliches Kennzeichen HB-…, Baujahr 1997, die Autowaschanlage des Beklagten auf dem Gelände der S.-Tankstelle W… Während des Betriebs wurde der linke Scheibenwischer des Klägerfahrzeugs abgerissen. Für den Austausch des Wischerblatts und die Erneuerung der Windschutzscheibe zahlte der Kläger anschließend 653,33 €; auf den Inhalt der Rechnung Carglas vom 23.08.2013 (Bl. 6 d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Anwaltsschreiben vom 04.11.2013 wurde der Beklagte ergebnislos zur Zahlung aufgefordert.

Der Kläger trägt vor, dass die unsachgemäß arbeitende Anlage den ordnungsgemäß anliegenden Scheibenwischer abgerissen und gegen die Windschutzscheibe geschlagen habe. Hierdurch sei Scheibe gesprungen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 678,33 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie EUR 147,56 außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in gleicher Höhe seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass die Schadensursache nur aus dem Verantwortungsbereich des Klägers stammen könne. Insbesondere dürfte ein unzureichend befestigtes Wischerblatt schadensursächlich geworden sein.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen L. und die in Augenscheinsnahme eines Wischerblatts nebst Plastikschaumstoffs; auf den Inhalt der Terminprotokolle vom 19.06.2014 und 18.09.2014 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.

Ein Anspruch gemäß §§ 631, 280 I, 249 BGB besteht lediglich hinsichtlich des Wischerblatts, dessen Kosten gemäß Rechnung Carglas 26,06 € zzgl. MWSt betrugen:

1. Es ist unstreitig, dass der Wischer während des Betriebes der Anlage abgerissen wurde. Der Kläger präsentierte im Termin vom 19.06.2014 zudem die Bestandteile des Wischers und ein elastisches Stück Plastikschaumstoff, das als Teil der Waschbürste zugeordnet werden konnte. Das grüne Plastikstück, eines der Wischhaare der rotierenden Waschbürste, war an der Abrissstelle verjüngt. Offenbar verhakte es sich während der Waschvorgangs mit dem Wischer und riss diesen mit nicht unerheblicher Kraft heraus und dabei ab. Da also feststeht, dass der Wischer durch die rotierende Bürste beschädigt wurde, ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts die Pflichtverletzung, nämlich die Beschädigung fremden Eigentums im Zuge des Waschvorgangs (OLG Düsseldorf, NZV 2004, 405; vgl. Palandt, 73. A., § 280, Rn. 28) gegeben; hinsichtlich der Pflichtverletzung ist nicht auf die Fehlfunktion der Anlage abzustellen (so aber OLG Hamm NJW-RR 2002, 1459 m.w.N.). Auch eine ordnungsgemäß arbeitende Anlage darf – z.B. aufgrund eines Herstellerbedingten Konstruktionsdefizits oder wegen Verwirklichung des allgemeinen Restrisikos – fremdes Eigentum nicht beschädigen.

Im Übrigen setzt der vorliegend ebenfalls einschlägige § 823 I BGB keine Pflichtverletzung, sondern lediglich eine Eigentumsverletzung, voraus. Diese ist vorliegend gegeben, da der Beklagte, über seine automatisierte Anlage handelnd, den Scheibenwischer beschädigt hat.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Abriss auf einer Obliegenheitsverletzung des Klägers beruht. Das Fahrzeugmodell des Klägers verfügt nicht über abgesenkte Scheibenwischer. Das Risiko, dass sich ein Wischstreifen an den in den Wischraum der Windschutzscheibe hineinragenden Scheibenwischeraufhängungen verfängt und diese abreißt, trägt die Beklagte. Für den pauschal ins Blaue aufgestellten Vortrag, die Wischer seien im Zeitpunkt des Einfahrens in die Waschanlage nicht ordnungsgemäß befestigt oder angelegt gewesen, bot die Beklagte keinen Beweis an. Das erkennende Gericht ist, in Abweichung zur wohl herrschenden Meinung (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1459 m.w.N; AG Dresden, NJW-RR 2005, 1578) der Auffassung, dass auch bei Beschädigung von Außenteilen eines PKW in einer Waschanlage der Geschädigte nicht beweisen muss, dass die Außenteile seines PKW ordnungsgemäß befestigt waren. Schließlich ist dieses der absolute Regelfall. Wenn – wie vorliegend – fest steht, dass sich ein rotierender Faden der Waschanlage an der Wischeraufhängung des PKW verfing, ist die Ursächlichkeit zwischen Handlung und Schadenserfolg zweifellos gegeben. Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen muss dann der Anlagenbetreiber darlegen und beweisen, dass der Abriss wegen Obliegenheitsverstoßes des Geschädigten erfolgte, dass also ein ordnungsgemäß befestigter bzw. angelegter Wischer im Zuge des Waschvorgangs nicht abgerissen worden wäre, die Ursächlichkeit des Abrisses also ausschließlich auf die Obliegenheitsverletzung des Kunden zurück zu führen ist. Mitursächlichkeit oder Gesamtkausalität unterbrechen den Zurechnungszusammenhang gerade nicht (vgl. Palandt, 73. A., Vorb v § 249, Rn. 34).

Auch angesichts des Missbrauchsrisikos ist entscheidend, dass vorliegend feststeht, dass der Schaden erst während des Anlagenbetriebs entstanden ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZV 2004, 405). Der Beklagte behauptete nicht, dass der Beklagte bereits mit abgerissenem Scheibenwischer in die Anlage hinein gefahren wäre.

Da der Beklagte nicht vortrug, dass die Waschbürsten der Anlage ordnungsgemäß befestigte Scheibenwischer niemals abreißen können (vgl. Schriftsatz vom 10.04.2014, S. 2) war hinsichtlich der Kausalität der angebotene Sachverständigenbeweis nicht einzuholen.

Das Verschulden des Anlagenbetreibers wird gemäß § 280 I 2 BGB vermutet.

Der Beklagte hat sich nicht exkulpiert. Er hätte vortragen müssen, ob und in welchen Intervallen die Anlage vor dem Vorfall vom 17.08.2013 gemäß den Herstellerangaben gewartet wurde und dass die technischen Überprüfungen die uneingeschränkte Funktionsfähigkeit der Anlage bestätigten (vgl. OLG Düsseldorf, NZV 2004, 405). Ob der sachverständige Zeuge G. die Anlage nachträglich – wegen Erneuerung einer Tauchpumpe – in Augenschein nahm und keine Fehlfunktionen feststellte (Beklagtenvortrag) oder aber das vom Kläger im Termin vorgelegte Antennenstück (!) in den Waschbürsten fand (Klägervortrag), ist unerheblich.

2. Im Hinblick auf den behaupteten Schaden an der Windschutzscheibe bleibt der insofern darlegungs- und beweispflichtige Kläger dagegen beweisfällig.

Denn der Beklagte bestritt, dass der Schaden durch den Abriss des Wischers verursacht wurde. Die Vernehmung des Zeugen L. war insofern unergiebig: „ Ich weiß nichts, ich habe nichts gesehen.“ Weitere Zeugen, die hätten bestätigen können, dass die Windschutzscheibe vor der Benutzung der Waschanlage unversehrt, nach der Benutzung jedoch beschädigt gewesen ist, bot der Kläger nicht an.

3. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind auf Basis eines Streitwerts in Höhe von 30,01 € erstattungsfähig (1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und MWSt).

4. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Da der Kläger hinsichtlich der Hauptforderung zu weniger als 1/10 obsiegte, war eine Kostenquote nicht angezeigt.

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