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Auffahrunfall in Anfahrtsphase bei Grünlicht und Abbremsen des Vorausfahrenden

Ein Auffahrunfall an einer Kreuzung in S. sorgt für gerichtlichen Streit um die Ampelschaltung und die Schuldfrage. Während das Landgericht die Schuld zunächst zu gleichen Teilen verteilte, sah das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein den Auffahrenden zu 80% verantwortlich. Entscheidend war dabei die unklare Ampelsituation und die Beweislast beim Auffahrenden.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin machte Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der durch ein Auffahren des Beklagtenfahrzeugs verursacht wurde.
  • Der Unfallhergang war zwischen den Parteien streitig, insbesondere über die Ampelschaltung und das Fahrverhalten der Zeugin K.
  • Das Landgericht entschied zunächst, dass beide Parteien zu gleichen Teilen für den Unfall verantwortlich seien.
  • Das Oberlandesgericht änderte dieses Urteil ab und sprach der Klägerin einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zu.
  • Der Anspruch umfasst Reparaturkosten sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
  • Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen Klägerin und Beklagten in unterschiedlichem Verhältnis geteilt.
  • Die Entscheidung des Oberlandesgerichts basiert auf dem Vorwurf, dass der Beklagte zu 2) den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hatte.
  • Die Klägerin trug teilweise zur Unfallursache bei, indem die Zeugin ihr Fahrzeug abrupt abgebremst hatte.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, d.h., die Klägerin kann zunächst ihre Ansprüche durchsetzen, auch wenn noch Rechtsmittel eingelegt werden könnten.

Gerichtsurteil zum Auffahrunfall: Rechtliche Konsequenzen in der Anfahrtsphase

Auffahrunfälle sind im Straßenverkehr eine häufige Ursache für Schäden und Verletzungen. Besonders in der Anfahrtsphase, wenn das grüne Licht für die Verkehrsteilnehmer signalisiert, dass sie sich in Bewegung setzen können, kann es zu gefährlichen Situationen kommen. Wenn das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich abgebremst wird, sind die nachfolgenden Fahrer oft nicht ausreichend auf diese unerwartete Situation vorbereitet. Die Rechtslage bei Auffahrunfällen kann dabei komplex sein und hängt maßgeblich von den Umstände der Verkehrssituation ab, einschließlich der Einhaltung von Verkehrsregeln und Fahrerpflichten.

Im Falle eines Auffahrunfalls gilt es zu klären, warum es zu der Kollision gekommen ist und welche Unfallursachen ausschlaggebend waren. Wurde das grüne Licht vor dem Unfall beachtet und wie verhielten sich die Fahrer? Fragen zur Unfallverhütung und zum Fahrverhalten spielen hierbei eine zentrale Rolle, ebenso wie die Sammlung von Beweisen wie Zeugenberichte und die Polizei- und Unfallaufnahme. Schadensersatzforderungen und mögliche Versicherungsansprüche sind häufig das Ergebnis dieser Nebeneinanderstellung der Umstände, die zum Unfall führten.

Ein aktuelles Gerichtsurteil bietet nun Einblicke in die rechtlichen Konsequenzen eines solchen Auffahrunfalls in der Anfahrtsphase und beleuchtet die entscheidenden Punkte, die die Haftung und die Ansprüche der Beteiligten betreffen.

Der Fall vor Gericht


Auffahrunfall an Kreuzung: Streit um Ampelschaltung und Haftung

An einer Kreuzung in S. ereignete sich am 10. April 2021 ein Verkehrsunfall zwischen zwei Fahrzeugen. Die Tochter der Klägerin, Zeugin K., fuhr mit dem BMW ihrer Mutter auf der E.-Straße in westlicher Richtung.

Auffahrunfall: Haftung und Verkehrsregeln
Ein Auffahrunfall an einer Kreuzung führte zu einer zunächst geteilten und später zu einer ungleichen Haftungsquote von 80% für den Auffahrenden, da keine Verkehrsverstöße der Vorausfahrenden festgestellt wurden. (Symbolfoto: Flux gen.)

An der Kreuzung zur S.-Straße hielt sie als erstes Fahrzeug an der Ampel. Nach kurzem Anfahren und erneutem Abbremsen wurde ihr Fahrzeug von hinten durch einen Mercedes gerammt, der vom Beklagten zu 2) gefahren wurde.

Unklare Ampelschaltung und strittiger Unfallhergang

Die genauen Umstände des Unfalls blieben vor Gericht umstritten. Insbesondere die Ampelschaltung zum Unfallzeitpunkt konnte nicht eindeutig geklärt werden. Die Klägerin behauptete, ihre Tochter sei kurz angefahren und habe dann wieder gebremst, da die Ampel noch „rot“ gewesen sei. Etwa 4 bis 5 Sekunden später sei der Auffahrunfall geschehen.

Erstinstanzliches Urteil: Geteilte Schuld

Das Landgericht Flensburg hatte in erster Instanz eine Haftungsquote von 50 zu 50 festgelegt. Es ging davon aus, dass die Fahrerin des BMW aufgrund eines Grünlichts angefahren, dann aber wegen eines Zurufs abrupt gebremst habe. Darin sah das Gericht einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Dem Fahrer des Mercedes wurde vorgeworfen, den nötigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten zu haben.

Berufungsurteil: Höhere Haftung für Auffahrenden

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein kam in der Berufungsverhandlung zu einer anderen Einschätzung. Es sah eine Verschuldensquote von 80% beim Beklagten und nur 20% bei der Klägerin als angemessen an. Das Gericht betonte, dass bei Auffahrunfällen grundsätzlich ein Anscheinsbeweis zu Lasten des Auffahrenden spricht. Dieser könne nur durch den Nachweis eines atypischen Verlaufs entkräftet werden, was hier nicht gelungen sei.

Keine Feststellung eines Verkehrsverstoßes der Vorausfahrenden

Das Oberlandesgericht konnte keinen eindeutigen Verkehrsverstoß der BMW-Fahrerin feststellen. Es sah weder einen Verstoß gegen das Haltegebot bei Rotlicht noch ein unzulässig starkes Abbremsen als erwiesen an. Lediglich die allgemeine Betriebsgefahr des vorausfahrenden Fahrzeugs wurde berücksichtigt.

Schadensersatz und Kostenverteilung

Basierend auf der neuen Haftungsquote verurteilte das Gericht die Beklagten zur Zahlung von 6.649 Euro nebst Zinsen an die Klägerin. Zusätzlich müssen sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 713,76 Euro übernehmen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden im ersten Rechtszug zu 30% der Klägerin und zu 70% den Beklagten auferlegt. Für die Berufung tragen die Klägerin 40% und die Beklagten 60% der Kosten.


Die Schlüsselerkenntnisse


Diese Entscheidung bekräftigt den Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen zu Lasten des Auffahrenden. Ohne Nachweis eines atypischen Verlaufs trägt der Auffahrende die Hauptschuld, selbst bei unklaren Umständen. Die Betriebsgefahr des Vorausfahrenden wird zwar berücksichtigt, rechtfertigt aber keine Gleichverteilung der Haftung. Dies stärkt die Position des Vorausfahrenden und betont die Bedeutung des Sicherheitsabstands im Straßenverkehr.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil stärkt die Position von Vorausfahrenden bei Auffahrunfällen erheblich. Wenn Sie in einen solchen Unfall verwickelt werden, haben Sie gute Chancen auf eine höhere Entschädigung, selbst wenn die genauen Umstände unklar sind. Der Auffahrende muss beweisen, dass ein außergewöhnlicher Grund vorlag – ein normales Bremsen reicht dafür nicht aus. Allerdings werden Sie als Vorausfahrender nicht komplett von der Haftung befreit. Ein kleiner Teil des Schadens (hier 20%) kann Ihnen wegen der allgemeinen Betriebsgefahr Ihres Fahrzeugs zugerechnet werden. Wichtig ist, dass Sie nach einem Unfall alle Details genau dokumentieren, um Ihre Position zu stärken.


Weiterführende Informationen


Häufig gestellte Fragen (FAQ)



Welche Rolle spielt der Anscheinsbeweis bei einem Auffahrunfall, und wie kann dieser entkräftet werden?

Der Anscheinsbeweis spielt bei Auffahrunfällen eine zentrale Rolle in der rechtlichen Beurteilung. Er besagt, dass in der Regel der Auffahrende die Schuld am Unfall trägt. Diese Annahme basiert auf der Lebenserfahrung, dass solche Unfälle typischerweise durch mangelnden Sicherheitsabstand, zu hohe Geschwindigkeit oder unzureichende Aufmerksamkeit des hinteren Fahrers verursacht werden.

Bedeutung des Anscheinsbeweises

Wenn Sie in einen Auffahrunfall verwickelt sind, wird zunächst davon ausgegangen, dass Sie als Auffahrender nicht die erforderliche Sorgfalt walten ließen. Dies erleichtert dem Geschädigten die Beweisführung erheblich. Der Anscheinsbeweis gilt jedoch nicht als unumstößlich und kann unter bestimmten Umständen entkräftet werden.

Möglichkeiten zur Entkräftung

Um den Anscheinsbeweis zu erschüttern, müssen Sie als Auffahrender konkrete Tatsachen darlegen und beweisen, die einen atypischen Geschehensablauf zumindest ernsthaft möglich erscheinen lassen. Hierzu gehören beispielsweise:

  • Ein plötzlicher, unvorhersehbarer Spurwechsel des Vorausfahrenden
  • Ein abruptes Bremsmanöver ohne erkennbaren Grund
  • Technische Defekte am eigenen Fahrzeug, die nicht vorhersehbar waren

Es reicht nicht aus, lediglich Behauptungen aufzustellen. Sie müssen stichhaltige Beweise vorlegen, die Ihre Version des Unfallhergangs unterstützen.

Besonderheiten bei Auffahrunfällen in der Anfahrtsphase

In der von Ihnen beschriebenen Situation eines Auffahrunfalls in der Anfahrtsphase bei Grünlicht und Abbremsen des Vorausfahrenden ist die Beweislage komplexer. Hier könnte argumentiert werden, dass das Verhalten des Vorausfahrenden atypisch war, da normalerweise bei Grünlicht mit einem zügigen Anfahren zu rechnen ist.

Dennoch müssen Sie als Auffahrender nachweisen, dass Sie trotz gebotener Aufmerksamkeit nicht in der Lage waren, rechtzeitig zu bremsen. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung darauf hingewiesen, bei der Anwendung des Anscheinsbeweises zurückhaltend vorzugehen, insbesondere wenn besondere Umstände vorliegen.

Bedeutung der Beweisführung

Für Sie als Betroffenen ist es entscheidend, unmittelbar nach dem Unfall alle relevanten Beweise zu sichern. Dazu gehören:

  • Fotos von der Unfallstelle und den Fahrzeugpositionen
  • Kontaktdaten von Zeugen
  • Detaillierte Aufzeichnungen zum Unfallhergang

Je mehr Beweise Sie vorlegen können, die einen atypischen Verlauf belegen, desto höher sind Ihre Chancen, den Anscheinsbeweis zu entkräften und eine faire Beurteilung des Unfalls zu erreichen.


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Wie beeinflusst die Ampelschaltung die Haftungsfrage bei einem Auffahrunfall an einer Kreuzung?

Die Ampelschaltung spielt eine entscheidende Rolle bei der Haftungsverteilung nach einem Auffahrunfall an einer Kreuzung. Bei Grünlicht gelten besondere Regeln, die die übliche Haftungsvermutung zu Lasten des Auffahrenden modifizieren können.

Grundsätzliche Haftungsvermutung

Normalerweise spricht bei einem Auffahrunfall der sogenannte Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden. Es wird vermutet, dass er entweder den Sicherheitsabstand nicht eingehalten oder unaufmerksam gefahren ist.

Besonderheiten bei Grünlicht

Wenn die Ampel auf Grün schaltet, ändert sich die Situation. Der vorausfahrende Verkehrsteilnehmer ist verpflichtet, die Grünphase auszunutzen, um einen ungehinderten Verkehrsfluss zu gewährleisten. Bremst er während der Grünphase ohne zwingenden Grund stark ab, kann dies als Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO gewertet werden.

In einem solchen Fall kann der gegen den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis erschüttert werden. Das bedeutet, dass die Schuld nicht mehr automatisch beim Auffahrenden liegt.

Haftungsverteilung bei ungerechtfertigtem Bremsen

Wenn Sie als vorausfahrender Fahrer bei Grünlicht ohne triftigen Grund stark bremsen und es kommt zu einem Auffahrunfall, können Sie mit einer erheblichen Mithaftung rechnen. In manchen Fällen kann die Haftung sogar zu Ihren Ungunsten verteilt werden, beispielsweise im Verhältnis von 2/3 zu 1/3 zu Lasten des Bremsenden.

Pflichten des nachfolgenden Fahrers

Trotz der besonderen Situation bei Grünlicht sind Sie als nachfolgender Fahrer nicht von allen Pflichten entbunden. Auch wenn beim Anfahren bei Grün die Pflicht zur Einhaltung des Mindestabstands gelockert ist, müssen Sie besonders aufmerksam sein und eine erhöhte Bremsbereitschaft zeigen.

Beweislast und Schadensregulierung

Bei Unfällen an ampelgeregelten Kreuzungen kann die Beweislage komplex sein. Oft lässt sich nicht eindeutig klären, welche Ampelschaltung zum Unfallzeitpunkt vorlag. In solchen Fällen kann es zu einer Schadensteilung kommen, häufig im Verhältnis 50:50.

Wenn Sie in einen solchen Unfall verwickelt sind, ist es wichtig, möglichst viele Beweise zu sichern. Notieren Sie sich die Ampelschaltung zum Unfallzeitpunkt und suchen Sie nach Zeugen, die Ihre Wahrnehmung bestätigen können.


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Welche Konsequenzen hat ein Mitverschulden bei einem Auffahrunfall auf den Schadensersatz?

Ein Mitverschulden bei einem Auffahrunfall kann erhebliche Auswirkungen auf den Schadensersatzanspruch haben. Grundsätzlich wird der Anspruch auf Schadensersatz entsprechend der Haftungsquoten zwischen den Unfallbeteiligten aufgeteilt.

Aufteilung der Haftungsquoten

Bei einem Auffahrunfall wird zunächst vom Anscheinsbeweis ausgegangen, dass der Auffahrende die Schuld trägt. Dieser Anscheinsbeweis kann jedoch widerlegt werden, wenn der Vordermann ohne triftigen Grund abrupt gebremst hat. In solchen Fällen kann es zu einer Aufteilung der Haftung kommen.

Wenn Sie beispielsweise als Auffahrender 40% Mitschuld tragen und der Vordermann 60%, bedeutet dies für den Schadensersatz:

  • Sie können 60% Ihres Schadens vom Unfallgegner ersetzt bekommen.
  • Sie müssen 40% des Schadens am gegnerischen Fahrzeug übernehmen.

Besonderheiten bei Auffahrunfällen in der Anfahrtsphase

Bei Auffahrunfällen in der Anfahrtsphase an einer Ampel gelten besondere Regeln. Wenn der Vordermann bei Grünlicht anfährt und dann ohne erkennbaren Grund abrupt abbremst, kann ihn die volle Haftung treffen. Das Amtsgericht München entschied in einem solchen Fall, dass im Großstadtverkehr ein geringer Abstand beim Anfahren an der Ampel zulässig sei, um die Grünphase effektiv zu nutzen.

Einfluss der Betriebsgefahr

Selbst wenn einem Unfallbeteiligten kein direktes Fehlverhalten nachgewiesen werden kann, kann die Betriebsgefahr des Fahrzeugs zu einer Mithaftung führen. Dies bedeutet, dass allein durch die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug eine gewisse Gefahr geschaffen wird, die bei der Schadensregulierung berücksichtigt werden muss.

Finanzielle Auswirkungen

Die Aufteilung der Haftung hat direkte finanzielle Konsequenzen. Wenn Sie eine Vollkaskoversicherung haben, kann diese den Restschaden an Ihrem Fahrzeug regulieren. Eine Teilkaskoversicherung greift in solchen Fällen jedoch nicht. Zudem müssen Sie bei einer Schadensmeldung in der Regel mit einer Höherstufung Ihres Versicherungsbeitrags rechnen, unabhängig von der Schuldfrage.

Wenn Sie in einen Auffahrunfall verwickelt sind, ist es ratsam, die Unfallstelle sorgfältig zu dokumentieren, Fotos zu machen und Zeugen zu notieren. Diese Informationen können bei der späteren Klärung der Schuldfrage und der Festlegung der Haftungsquoten von entscheidender Bedeutung sein.


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Welche Beweise sind entscheidend, um den Unfallhergang bei einem Auffahrunfall zu klären?

Bei einem Auffahrunfall in der Anfahrtsphase bei Grünlicht sind mehrere Beweismittel entscheidend, um den genauen Unfallhergang zu klären:

Zeugenaussagen

Aussagen unbeteiligter Zeugen haben vor Gericht besonderes Gewicht. Wenn Sie in einen Auffahrunfall verwickelt werden, sollten Sie umgehend nach möglichen Zeugen Ausschau halten und deren Kontaktdaten notieren. Zeugen können bestätigen, ob der Vorausfahrende plötzlich und unerwartet gebremst hat oder ob der Auffahrende zu dicht aufgefahren ist.

Fotodokumentation

Detaillierte Fotos der Unfallstelle sind äußerst wichtig. Fotografieren Sie die Endposition der Fahrzeuge, die Beschädigungen und die Verkehrssituation (z.B. Ampelanlage, Fahrbahnmarkierungen). Diese Bilder können später helfen, den genauen Ablauf zu rekonstruieren.

Polizeibericht

Der Polizeibericht enthält wichtige Informationen wie Unfallskizzen, Aussagen der Beteiligten direkt nach dem Unfall und mögliche Hinweise auf Bremsmanöver. Fordern Sie eine Kopie des Berichts an, sobald dieser verfügbar ist.

Technische Gutachten

In komplexeren Fällen kann ein technisches Gutachten erforderlich sein. Ein Sachverständiger untersucht dabei die Fahrzeuge und die Unfallstelle, um Rückschlüsse auf Geschwindigkeiten, Bremswege und den genauen Ablauf zu ziehen.

Dashcam-Aufnahmen

Falls vorhanden, können Aufnahmen von Dashcams wertvolle Beweise liefern. Beachten Sie jedoch, dass die Verwendung solcher Aufnahmen vor Gericht unter Umständen datenschutzrechtliche Fragen aufwerfen kann.

Elektronische Fahrzeugdaten

Moderne Fahrzeuge speichern oft Daten zu Geschwindigkeit, Bremsverhalten und anderen Parametern. Diese können in manchen Fällen ausgelesen werden und als Beweismittel dienen.

Bei einem Auffahrunfall in der Anfahrtsphase bei Grünlicht ist es besonders wichtig, das Bremsverhalten des Vorausfahrenden zu dokumentieren. Wenn Sie als Auffahrender beweisen können, dass der Vordermann unerwartet und ohne triftigen Grund stark gebremst hat, kann dies Ihre Position deutlich stärken. Umgekehrt müssen Sie als Vorausfahrender nachweisen, dass Sie nicht grundlos gebremst haben oder dass der Auffahrende zu dicht aufgefahren ist.


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Wie werden die Kosten eines Rechtsstreits nach einem Verkehrsunfall verteilt?

Die Verteilung der Kosten eines Rechtsstreits nach einem Verkehrsunfall richtet sich in der Regel nach der festgestellten Haftungsquote. Wenn Sie in einen Verkehrsunfall verwickelt waren und es zu einem Gerichtsverfahren kommt, werden die Prozesskosten entsprechend dem Grad des Unterliegens der Parteien aufgeteilt.

Gerichtskosten und Anwaltsgebühren

Die Gerichtskosten und die Anwaltsgebühren werden prozentual entsprechend der Haftungsquote verteilt. Stellen Sie sich vor, das Gericht stellt eine Haftungsquote von 70:30 zu Ihren Gunsten fest. In diesem Fall müssten Sie 30% der Gesamtkosten tragen, während die Gegenseite für 70% aufkommen muss.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten werden ebenfalls nach der Haftungsquote erstattet. Wenn Sie beispielsweise zu 25% für den Unfall verantwortlich sind, können Sie 75% Ihrer Anwaltskosten von der Gegenseite zurückfordern. Die restlichen 25% müssen Sie selbst tragen.

Kostenvorschuss und Prozesskostenvorschuss

Zu Beginn des Verfahrens müssen Sie einen Gerichtskostenvorschuss leisten. Dieser wird am Ende des Prozesses entsprechend der Haftungsquote verrechnet. In bestimmten Fällen können Sie auch einen Prozesskostenvorschuss von Ihrer Rechtsschutzversicherung erhalten, falls Sie eine solche abgeschlossen haben.

Besonderheiten bei Bagatellschäden

Bei Bagatellschäden unter 1.000 Euro gelten besondere Regelungen. In solchen Fällen werden die Anwaltskosten oft nicht vollständig erstattet, da das Gericht die Einschaltung eines Anwalts als nicht notwendig erachten kann.

Kostentragung bei Vergleich

Einigen sich die Parteien auf einen Vergleich, wird häufig eine Regelung zur Kostentragung mit vereinbart. Oft werden die Kosten in diesem Fall geteilt, unabhängig von der tatsächlichen Schuldfrage.

Die genaue Kostenverteilung hängt immer vom Einzelfall ab und wird vom Gericht festgelegt. Dabei spielen Faktoren wie die Beweislage, das Verhalten der Parteien während des Prozesses und die Komplexität des Falls eine Rolle. Eine präzise Einschätzung der zu erwartenden Kosten ist daher im Vorfeld oft schwierig.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Anscheinsbeweis

Der Anscheinsbeweis ist ein juristisches Konzept, das besagt, dass bei bestimmten typischen Unfallkonstellationen (z.B. Auffahrunfällen) eine Vermutung besteht, dass der Auffahrende die Schuld trägt, solange nichts Gegenteiliges bewiesen wird. Er wird angewendet, wenn der genaue Unfallhergang unklar ist, aber aufgrund von typischen Erfahrungen die Schuldvermutung naheliegt. Um diesen zu entkräften, muss der Auffahrende nachweisen, dass der Unfall unter außergewöhnlichen Umständen entstanden ist.

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Haftungsquote

Die Haftungsquote gibt an, wie die Schuld bei einem Unfall zwischen den beteiligten Parteien prozentual aufgeteilt wird. Sie beeinflusst, wie die Kosten für Schäden und Verletzungen durch die Parteien getragen werden müssen. Bei einer Haftungsquote von 80 zu 20 bedeutet dies, dass der eine Unfallbeteiligte 80% und der andere 20% des Schadens übernimmt. Die Quote wird durch das Gericht anhand von Verschuldens- und Verursachungsanteil festgelegt.

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Betriebsgefahr

Betriebsgefahr bezeichnet die allgemeine Gefährdung, die von einem Fahrzeug im Straßenverkehr ausgeht, unabhängig von Verschulden oder Fehlverhalten. Auch wenn ein Fahrer keinen Verkehrsverstoß begeht, kann die Betriebsgefahr zu einer Teilschuld beitragen, da Fahrzeuge immer ein gewisses Risiko darstellen. Im Fall des Unfalls bedeutet dies, dass auch der Fahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs einen Teil der Haftung übernehmen muss, selbst wenn er keine konkrete Schuld trägt.

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Verschuldensquote

Die Verschuldensquote bezieht sich auf den Anteil, den ein Beteiligter an der Verursachung des Unfalls trägt. Sie ist entscheidend für die Bestimmung der Haftungsquote und gibt an, wie stark das Verhalten eines Fahrers zur Entstehung des Unfalls beigetragen hat. In einem Urteil analysiert das Gericht das Verhalten der Fahrer und legt fest, wer in welchem Maß zur Unfallverursachung beigetragen hat, was dann die Schadensverteilung beeinflusst.

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Sicherheitsabstand

Der Sicherheitsabstand ist die gesetzlich vorgeschriebene Mindestdistanz, die ein Fahrzeugführer zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten muss, um bei plötzlichem Bremsen rechtzeitig reagieren zu können (§ 4 Abs. 1 S. 2 StVO). Im Kontext des Unfalls war der fehlende Sicherheitsabstand des Auffahrenden zum vorausfahrenden BMW ein entscheidender Punkt bei der Schuldfrage. Ein unzureichender Abstand kann ein Beweis für das Verschulden des Auffahrenden sein.

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Mitverschulden

Mitverschulden liegt vor, wenn der Geschädigte selbst in irgendeiner Weise zur Entstehung eines Schadens beigetragen hat und deshalb einen Teil der Verantwortung trägt (§ 254 BGB). Im Falle eines Unfalls wird das Mitverschulden bei der Berechnung der Haftungsquote berücksichtigt. Dadurch kann die Entschädigungsleistung verringert werden, die der Geschädigte vom Schädiger erhält, wenn er selbst eine rechtliche oder moralische Pflicht verletzt hat, die zur Entstehung des Schadens führte.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 4 Abs. 1 S. 2 StVO: Diese Vorschrift regelt die Pflicht zur Einhaltung des Sicherheitsabstands zwischen Fahrzeugen im Straßenverkehr. Sie besagt, dass der Fahrer eines Fahrzeugs den nötigen Abstand zum Vorausfahrenden einhalten muss, um bei einer plötzlichen Bremsung rechtzeitig reagieren zu können. Im vorliegenden Fall wird dieser Paragraph relevant, da der Beklagte zu 2) in der Argumentation des Landgerichts für ein unzureichendes Einhalten des Sicherheitsabstands verantwortlich gemacht wird, was zum Auffahren auf das Klägerfahrzeug führte.
  • § 2 Abs. 1 StVO: Diese Grundnorm der Straßenverkehrsordnung legt fest, dass jeder Verkehrsteilnehmer sich so verhalten muss, dass ein anderer nicht gefährdet oder mehr als nach den Umständen notwendig behindert wird. Dies ist zentral für die Haftungsfrage im Unfallverlauf, da die Entscheidung des Landgerichts auf der Überlegung beruhte, dass sowohl die Klägerin als auch der Beklagte gegen diese Vorschrift verstoßen haben, was die Haftungsquote beeinflusst.
  • § 17 StVG: Dieser Paragraph sieht die Haftung für Schäden im Straßenverkehr vor und regelt die Voraussetzungen für die Verteilung von Schadensersatzansprüchen bei Verschulden. Die Anwendung des § 17 im vorliegenden Fall ist relevant, weil die Haftungsquote (hier 50 zu 50) aufgrund von gegenseitigen Verstößen ermittelt wurde und somit die Schadensverteilung bestimmt.
  • § 249 BGB: Dieser Paragraph legt fest, dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er ohne die schädigende Handlung stehen würde. Dies ist wichtig im Hinblick auf die Höhe des Schadensersatzes, den die Klägerin geltend macht. In diesem Fall geht es um den gesamten Schaden, den die Klägerin durch den Unfall erlitten hat, einschließlich Reparaturkosten und Nutzungsausfall.
  • § 863 BGB: Diese Regelungen betreffen die vorgerichtlichen Kosten und deren Erstattungsanspruch. Im aktuellen Verfahren hat die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend gemacht, die sie von den Beklagten einfordert. Die rechtliche Grundlage dafür ist wichtig, um die Ansprüche der Klägerin gegenüber den Beklagten effektiv durchzusetzen.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 82/23 – Urteil vom 19.03.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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