Was Besitzer von VW und Audi Dieselfahrzeugen jetzt wissen sollten!
Der Skandal um manipulierte Abgasmessungen beim Volkswagen-Konzern zieht immer weitere Kreise. Mittlerweile sind sowohl Manipulationen bei den Stickoxid- als auch bei den CO2-Messungen bekannt geworden. Rund 2,5 Millionen Diesel-Autos von VW, Seat, Skoda und Audi in Deutschland haben im Fahrbetrieb mehr Stickoxid ausgestoßen als zulässig. Betroffene Kunden fragen sich, welche Rechte Ihnen zustehen und wie Sie diese am besten geltend machen. Die Rechtsanwaltskanzlei Kotz hat die passenden Antworten.
I. Rechte aus dem Kaufvertrag
Durch den Einsatz einer gegen EU-Recht verstoßenden eingebauten und aktivierten Manipulationssoftware entspricht das Fahrzeug weder der üblichen Beschaffenheit noch ist es für die gewöhnliche Verwendung geeignet. Somit liegt der Sachmangel nach § 434 I S. 2 Nr. 2 BGB in der aktivierten Manipulationssoftware. Dem Käufer stehen somit grundsätzlich die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zu. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich die Ansprüche im Regelfall gegen den konkreten Vertragspartner – also den Händler – und nicht etwa gegen VW selbst richten. Zu nennen ist – in erster Linie – das Recht auf Nacherfüllung, d.h. das Fahrzeug muss entweder repariert oder direkt ausgetauscht werden. Unter gewissen Voraussetzungen (z.B. im Falle des Fehlschlagens der Nacherfüllung oder bei fruchtlosem Fristablauf zur Nachbesserung) können Betroffene auch vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Die Ansprüche gegen die Händler verjähren in zwei Jahren nach Ablieferung des Autos.
Zwar hat der Volkswagen-Konzern allen Händlern empfohlen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, wenn Kunden Forderungen wegen des VW-Skandals geltend machen. Wirksam ist dieser Einredeverzicht in der Praxis jedoch nur dann, wenn der konkrete Händler ihn gegenüber dem Kunden erklärt hat. Direkte Ansprüche gegen VW bestehen jedoch nicht.
II. Rechte aus dem Garantievertrag
Als Herstellerin des Fahrzeugs hat die VW AG jedoch freiwillig eine vertragliche Neuwagengarantie übernommen, die üblicherweise auf zwei Jahre befristet war. In ihrem Umfang orientiert sich diese Garantie an den gesetzlichen Gewährleistungsrechten, so dass sich hieraus durchaus direkte Ansprüche gegenüber VW ergeben können.
III. Der Widerrufsjoker
Den sog. Widerrufsjoker kennt man mitunter bereits aus dem Bereich des Immobilienrechts (Widerruf von Darlehensverträgen). Dort führte die Ausübung des Widerrufsrechts aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrung zu einer Welle von Vertragsrückabwicklungen. So sollen fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in den Finanzierungsverträgen – unter anderem von VW – zu einem (zeitlich unbeschränkten) Widerrufsrecht führen. Dies hätte zur Folge, dass Verbraucher, die ihren Wagen nach dem 10. Juni 2010 mit einem vom Autohändler vermittelten Kredit finanziert haben, diesen zeitlich unbeschränkt widerrufen dürfen. Noch interessanter wird es für diejenigen, die ihren Kreditvertrag ab dem 13. Juni 2014 abgeschlossen haben, da sie ihr Auto dann aufgrund einer verbraucherfreundlichen Gesetzesänderung bei Widerruf nahezu vollständig kostenlos genutzt hätten (von den – meist geringen – Kreditzinsen einmal abgesehen) und noch nicht einmal Nutzungsersatz leisten müssten. Und da ein Unglück bekanntlich selten alleine kommt, bietet der „Widerrufsjoker“ manch einem vom Abgasskandal betroffenen Verbraucher die Möglichkeit, anstatt einer Sachmangel- oder Schadensersatzklage durch die Ausübung des Widerrufsrechts (weitaus einfacher) zu seinem Recht zu kommen.
IV. Die Anfechtung
In Betracht käme theoretisch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Hierbei ist allerdings wieder der Vertragspartner entscheidend (s.o.): der Vertragspartner wird im Regelfall nicht VW direkt sein, sondern der lokale Autohändler. Es ist aber davon auszugehen, dass die Autohäuser beim Verkauf nichts von der fehlenden Abgaskonformität wussten, so dass eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung letztlich nicht in Betracht kommt (für eine Zurechnung des Konzernwissens: AG München, Urt. v. 14. April 2016 – Az. 23 O 23033/15).
V. Falsche CO2-Werte und die möglichen Folgen
Zum Dieselskandal kommt noch ein anderes Problem: Ende 2015 hatte Volkswagen zugegeben, Autos auch mit falschen Verbrauchsangaben bei der Typzulassung angemeldet zu haben. Dabei geht es um einen völlig neuen Sachverhalt. Der Konzern hat Autos mit falschen CO2-Abgaswerten unter anderem von TÜV-Prüfstellen abnehmen lassen. Da die Kfz-Steuer sich bei Erstzulassung des Autos ab 1. Juli 2009 auch nach dem CO2-Ausstoß richtet, könnte dies zur Folge haben, dass sie zu niedrig angesetzt wurde. Allerdings hat VW zugesichert, Mehrkosten bei den Steuern zu übernehmen.
VI. Die Rechtsschutzversicherungen
Immer wieder taucht die Frage auf, ob die Rechtsschutzversicherung im Abgasskandal eine Deckungszusage erteilen muss. Hierzu ist zunächst einmal festzuhalten, dass sämtliche Vorgänge rund um den Autokauf in die Rubrik Verkehrsrechtsschutz fallen. Bestand also zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder des Erwerbs eines PKW mit Manipulationssoftware eine solche Rechtsschutzversicherung oder wurde Vertragsrechtsschutz mitversichert, so hat die Rechtsschutzversicherung im VW-Abgasskandal eine Deckungszusage zu erteilen, wenn die Klage Aussicht auf Erfolg hat. Zwar ist aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar, das die Versicherungen die hohen Kosten zunächst einmal scheuen, dies ändert aber nichts an ihren versicherungsvertraglichen Pflichten, da man als Kunde u.a. für genau solche Fallkonstellationen eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hat. In diesem Zusammenhang liegt bereits eine ganze Reihe von Urteilen gegen Rechtsschutzversicherungen vor, wonach die Versicherer VW-Skandal-Klagen gegen den Autohersteller und die Autohändler finanzieren müssen. Wird aus solchen Gründen eine anwaltliche Beratung gar nicht oder aber (zu) spät eingeholt und droht auf diese Weise gar eine wichtige Frist versäumt zu werden, so kann dies weitreichende Konsequenzen haben. So hat VW beispielsweise erklärt, nur bis zum 31. Dezember 2017 auf die Verjährungseinrede zu verzichten. Betroffenen, die bisher noch nichts unternommen haben, läuft also buchstäblich die Zeit davon!
Zögern Sie also nicht, eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu Rate zu ziehen. Gerne ist Ihnen die Rechtsanwaltskanzlei Kotz bei der Geltendmachung Ihrer Rechte behilflich.