LG Stuttgart – Az.: 30 O 19/18 – Urteil vom 22.06.2018
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.565,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.11.2017 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird auf 15.565,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Provisionszahlung und Schadensersatz aus einem Maklervertrag in Anspruch.
Die Beklagte erteilte der Klägerin im Oktober 2016 einen Alleinverkaufsauftrag für ihre Eigentumswohnung in (…).
Im dem Alleinverkaufsauftrag vom 25./28.10.2016 heißt es in Ziffer 1) u.a.:
„… Der Auftraggeber wird keinen anderen Makler einschalten. …“
In Ziffer 2) heißt es:
„Der Auftrag ist zunächst auf 6 Monate befristet und verlängert sich jeweils um weitere 3 Monate, falls er nicht gekündigt wird.“
In Ziffer 3) heißt es:
„Wird das Objekt auf Vermittlung der Kreissparkasse oder an einen von ihr nachgewiesenen Kaufinteressenten verkauft, wird der Auftraggeber der Kreissparkasse eine bei Kaufvertragsabschluss fällige Provision von 1,785 % inkl. ges. MwSt. des Kaufpreises bezahlen.“
Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
Die Wohnung wurde von der Beklagten am 18.7.2017 für 283.000 € an Frau (…) verkauft, die der Beklagten am 1.6.2017 von der Firma (…) AG benannt worden war und die am 2.6.2017 die Wohnung besichtigt hatte. Sowohl die Beklagte als auch Frau (…) bezahlten an die (…) AG die mit dieser vereinbarte Provision.
Die Klägerin trägt vor, sie habe der Beklagten die Kaufinteressentin Frau (…) nachgewiesen und daher einen Anspruch auf Zahlung von Verkäuferprovision in Höhe von 4.245 €. Hilfsweise mache sie diesen Anspruch im Wege des Schadensersatzes geltend. Die Beklagte habe ihre Pflicht aus dem Alleinverkaufsauftrag, keinen anderen Makler einzuschalten, vorsätzlich verletzt, indem sie in Kenntnis des Bestehens der vertraglichen Vereinbarung mit der Klägerin zusätzlich zur Klägerin die (…) AG als Maklerin beauftragt habe. Der Klägerin sei hierdurch ein Schaden entstanden. Ihr sei sowohl die Provision der Käuferin als auch der Verkäuferin entgangen. Sie habe die Wohnung fortlaufend im Internet inseriert und in ihr gedrucktes Gesamtangebot aufgenommen. Frau (…) habe sich zunächst mit ernsthaftem Interesse bezüglich der von der Klägerin zu vermakelnden Wohnung am 6.6.2017 telefonisch an diese gewandt. Die Klägerin habe dieser ein Exposé der Wohnung übermittelt, in welchem ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages von dem Käufer eine Provision in Höhe von 4,76 % inkl. ges. MwSt. des Kaufpreises zu bezahlen sei. Mit Schreiben vom 14.6.2017 habe sie der Beklagten Frau (…) als Interessentin benannt. Ohne Einschaltung der (…) AG hätte die Klägerin auch den Abschluss des notariellen Kaufvertrags über diese Wohnung zwischen Frau (…) und der Beklagten vermittelt. Dies hätte zur Folge gehabt, dass der Klägerin sowohl gegenüber der Käuferin als auch der Verkäuferin ein Anspruch auf Zahlung der jeweiligen Provision – Verkäuferprovision in Höhe von 4.245 € und Käuferprovision in Höhe von 11.320 € – entstanden wäre, wobei sie nur Nettobeträge geltend mache. Die Laufzeitklausel in Ziffer 2 des Alleinauftrages sei nicht zu beanstanden. Die Bindung der Parteien an den Makleralleinauftrag im Sommer 2017 sei daher nicht entfallen.
Die Klägerin beantragt: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.565,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8.11.2017 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Klägerin stehe kein Provisionsanspruch zu. Die Klägerin habe der Beklagten die Käuferin (…) weder nachgewiesen noch vermittelt. Die Beklagte habe Vorkenntnis von der Kaufinteressentin gehabt. Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch zu. Die Klägerin habe mit dem auf unbeschränkte Zeit eingegangenen Makleralleinauftrag die Entscheidungsfreiheit der Beklagten in nicht hinnehmbarer Weise eingeschränkt. Ohne Kündigung laufe der Maklervertrag unendlich, was elementaren Grundsätzen im Maklerrecht widerspreche. Mit der rechtswidrigen Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Beklagten habe die Klägerin ihre Privilegierung, nämlich dass die Beklagte andere Makler nicht einschalten dürfe, verloren mit der Rechtsfolge, dass die Beklagte, ohne eine Pflichtverletzung zu begehen, auch andere Makler einschalten durfte. Die Beklagte habe auch nicht die Firma (…) AG eingeschaltet, sondern diese habe der Beklagten ihre Dienste – zunächst ohne Provisionsverlangen – angeboten und die Immobilie zum Verkauf gebracht. Der Klägerin sei kein kausaler Schaden entstanden. Es werde bestritten, dass Frau (…) die streitige Immobilie tatsächlich über die Klägerin gekauft hätte. Denn die Klägerin habe dieser gegenüber keine Tätigkeit entfaltet. Es werde bestritten, dass die geltend gemachte Forderung einen Netto-Gewinn darstelle.
Hinsichtlich des weitergehenden Parteivortrags wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll des Termins vom 14.5.2018 (Bl. 41/44 d. A.) verwiesen, in dem die Beklagte angehört wurde.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Ein Anspruch der Klägerin aus § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Verkäuferprovision in Höhe von 4.245 € besteht zwar nicht, da die Wohnung tatsächlich über die Firma (…) AG vermittelt wurde. Die Mitteilung der Klägerin an die Beklagte, dass Frau (…) ein Exposé erhalten habe (vgl. Anlage K 6), datiert nach dem Vortrag der Klägerin vom 14.6.2017, somit nachdem Frau (…) bereits über die Firma (…) AG Kenntnis von der Wohnung erhalten und diese am 2.6.2017 besichtigt hatte. Die Tätigkeit der Klägerin war daher wegen der bereits vorhandenen Kenntnis der Beklagten von der Kaufinteressentin nicht ursächlich für den Kaufvertragsabschluss.
2. Der Klägerin steht jedoch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 15.565 € zu. Die Klägerin hat gegen ihre Verpflichtung aus Ziffer 1 des Alleinverkaufsauftrags verstoßen und ist daher der Klägerin nach § 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig.
a) An die Verpflichtung, keinen anderen Makler einzuschalten, war die Beklagte auch in der Zeit von Ende April 2017 bis zum Verkauf der Wohnung an Frau (…) im Juli 2017 gebunden, da der Auftrag nach der Regelung in Ziffer 2 des Alleinverkaufsauftrages in diesem Zeitraum noch nicht beendet war. Der von der Beklagten erteilte Auftrag war danach zunächst bis zum 28.4.2017 befristet (6 Monate nach der Auftragserteilung durch die Beklagte am 28.10.2016) und hatte sich, da eine Kündigung durch die Beklagte nicht erfolgt ist, anschließend um weitere 3 Monate, somit bis 28.7.2017, verlängert.
b) Die Regelung in Ziffer 2 des Alleinverkaufsauftrages vom 25./28.10.2016 (Anlage K 1) ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Auftrag gerade nicht unbefristet, sondern vielmehr auf 6 Monate befristet. Eine Frist von lediglich 6 Monaten bewirkt keine unangemessen lange Bindung der Beklagten an den Alleinauftrag, die ihre Entscheidungsfreiheit in nicht hinnehmbarer Weise einschränken würde (vgl. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 652 Rn. 233). Dies gilt zumal der Beklagten nur die Einschaltung eines anderen Maklers untersagt war, sie dagegen nicht verpflichtet war, ihr auf sonstige Weise bekannt gewordene Kaufinteressenten an die Klägerin zu verweisen, es sich somit nicht um einen sog. erweiterten Alleinauftrag handelte (vgl. zu einem solchen Fall BGH, Urteil vom 2.2.1994, IV ZR 24/93 – juris).
Zwar verlängert sich ohne vorherige Kündigung der Beklagten der Vertrag um jeweils 3 Monate. Ob es dazu kommt, hängt allerdings allein von der Beklagten ab. Diese kann nach der Regelung, ohne dass sie hierfür irgendeinen Grund benennen müsste, durch eine Kündigungserklärung den Alleinverkaufsauftrag bereits nach 6 Monaten beenden. Sie muss lediglich eine solche Erklärung abgeben, was ihr ohne Weiteres zumutbar ist. Dies unterscheidet die vorliegende Regelung von denjenigen, die Gegenstand der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28.5.1998, III ZR 98/97 (veröffentlicht u.a. bei juris), waren, die gerade keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit und keine bestimmte Laufzeit bzw. ein Vertragsende erst mit erfolgtem Verkauf vorsahen.
c) Die Beklagte hat nach ihren eigenen Angaben Ende April 2017 einen Anruf von der Firma (…) AG erhalten, die Interesse geäußert habe, ihre Eigentumswohnung zu veräußern, und war mit deren Tätigwerden einverstanden. Sie hat somit entgegen der ihr bekannten Regelung in Ziffer 1 des Vertrags mit der Klägerin einen anderen Makler eingeschaltet und damit ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt. Eine „Einschaltung“ liegt nicht nur dann vor, wenn der Auftraggeber sich aus eigenem Antrieb heraus an einen Makler wendet, sondern auch dann, wenn zwar die Initiative vom Makler ausgeht, der Auftraggeber sich aber damit einverstanden erklärt, dass dieser für ihn tätig wird.
Nach der eindeutigen Regelung in Ziffer 2 des Vertrags konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, dass sich der Vertrag mit der Klägerin erledigt gehabt hätte. Sollte sie mit der Leistung der Klägerin unzufrieden gewesen sein, hätte sie dies zum Anlass nehmen können, die Kündigung des Vertrags zu erklären, was sie indessen nicht getan hat.
d) Die Klägerin kann ihren entgangenen Gewinn in Höhe von 15.565 € als Schaden von der Beklagten verlangen.
aa) Nach § 252 Satz 2 BGB kommen der Klägerin insoweit Beweiserleichterungen zugute, als nicht völlige Gewissheit hinsichtlich eines entsprechenden Gewinns bestehen muss, sondern es ausreicht, dass nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, dass ein entsprechender Gewinn von ihr erzielt worden wäre.
bb) Zur Überzeugung des Gerichts wäre, ohne die Einschaltung eines anderen Maklers nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge die Wohnung der Beklagten wahrscheinlich über einen von der Klägerin vermittelten Kaufinteressenten verkauft worden.
Tatsächlich wurde die Wohnung der Beklagten an Frau (…) verkauft. Der Kontakt der Beklagten zu Frau (…) kam dabei über einen Makler, die Firma (…) AG, zustande und Frau (…) war unstreitig bereit, eine Maklerprovision zu bezahlen. Es handelte sich nicht um eine Vertragsanbahnung ohne Einschaltung eines Maklers, etwa über private Kontakte, die der Beklagten nach dem Vertrag mit der Klägerin auch weiterhin möglich gewesen wäre.
Hätte die Beklagte nicht die Firma (…) AG eingeschaltet, hätte Frau (…) nicht über diese von der Wohnung Kenntnis erlangt und der letzten Endes abgeschlossene Kaufvertrag wäre nicht von dieser vermittelt worden. Frau (…) war aber offensichtlich auf der Suche nach einer Wohnung mit den Eigenschaften der Wohnung der Beklagten und hat insoweit auch im Internet recherchiert, so dass es nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge wahrscheinlich ist, dass Frau (…) auch ohne den vorherigen Kontakt zur Firma (…) AG dann auf das im Internet durch die Klägerin eingestellte Angebot der Klägerin gestoßen wäre, zumal es sich bei der Klägerin um einen großen und bekannten Anbieter von Immobilien in (…) handelt. Soweit die Beklagte schriftsätzlich zunächst bestritten hat, dass die Klägerin das Objekt laufend im Internet inseriere und in Kontakt zu Frau (…) gestanden habe, hat sie im Termin schließlich selbst erklärt, dass sich Frau (…) nach erfolgter Wohnungsbesichtigung im Internet näher über die Wohnung erkundigt habe und hierbei auf das von der Klägerin eingestellte Angebot gestoßen und daraufhin das Exposé bei der Klägerin angefordert habe.
Da sich Frau (…) schließlich zum Kauf dieser Wohnung entschieden hat und auch bereit war, Maklerprovision zu bezahlen, spricht nichts dafür, weshalb Frau (…), hätte sie die Kenntnis von der Wohnung nur über das Angebot der Klägerin und deren Exposé erlangt, nicht bei der Klägerin um einen Besichtigungstermin gebeten hätte und dann von der Klägerin vermittelt den Kaufvertrag mit der Beklagten abgeschlossen hätte und statt an die Firma (…) AG an die Klägerin Maklerprovision entrichtet hätte.
cc) Wäre der Wohnungsverkauf von der Klägerin vermittelt zustande gekommen, hätte sie eine Provision sowohl von der Beklagten als Auftraggeberin als auch von der Käuferin erhalten.
Dies ergibt sich hinsichtlich der Beklagten aus Ziffer 3 des Alleinverkaufsauftrags (Anlage K 1). Die Klägerin hätte somit 1,785 % des Kaufpreises von 283.000 € verlangen können. Dies sind unter Abzug der Umsatzsteuer 4.245 €.
Hinsichtlich der Käuferin ergibt sich zum Einen aus Ziffer 5 des genannten Vertrags, dass die Klägerin auch für einen Kaufinteressenten entgeltlich tätig sein kann. Zum Anderen schließt sie mit Kaufinteressenten entsprechende Vereinbarungen; bevor ein Exposé an Interessenten versandt wird, müssen diese danach auf der Internetseite die Vertragsbedingungen akzeptieren, wozu auch das Akzeptieren von Grund und Höhe eines Provisionsanspruchs gehört (vgl. Seite 3 des Terminsprotokolls vom 14.5.2018). Da Frau (…) im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnung der Beklagten bereit war, Maklerprovision zu bezahlen, ist nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge wahrscheinlich, dass sie dies auch gegenüber einem anderen Makler als der Firma (…) AG getan hätte, hätte sie über diesen anstelle der Firma (…) AG Kenntnis von der Wohnung erlangt. Die Klägerin hätte somit die von ihr geltend gemachte Provision in Höhe von 4,76 % des Kaufpreises von der Käuferin verlangen können. Dies sind unter Abzug der Umsatzsteuer 11.320 €.
Diese Provisionsansprüche von insgesamt 15.565 € sind der Klägerin durch das vertragswidrige Verhalten der Beklagten entgangen, wobei es sich lediglich um Nettobeträge handelt, die Umsatzsteuer von der Klägerin gerade nicht geltend gemacht wird.
3. Der Anspruch auf Zinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 25.10.2017 unter Fristsetzung von 2 Wochen ab Datum dieses Schreibens, somit bis zum 8.11.2017, zur Zahlung aufgefordert (Anlage K 5). In Verzug befindet sich die Beklagte daher ab 9.11.2017.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
5. Die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Parteien geben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.