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Betriebskostenabrechnung – Relevanz pauschaler Einwendungen

AG Hamburg, Az.: 49 C 6/16, Urteil vom 06.07.2016

1. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, so nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis zu 500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Mit der Klage begehrte die Klägerin zunächst die Zahlung einer offenen Betriebskostenabrechnung und nach Eingang einer entsprechenden Zahlung, die Feststellung der Erledigung in der Hauptsache.

Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten Mieter einer Wohnung belegen in. Nach Maßgabe des Mietvertrages ist über die umlegbaren Betriebskosten abzurechnen.

Betriebskostenabrechnung  - Relevanz pauschaler Einwendungen
Symbolfoto: Von Niyazz /Shutterstock.com

Mit Schreiben vom 25.06.2013 rechnete die Klägerin über die Betriebskosten für das Jahr 2012 ab. Die Abrechnung endete mit einem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 272,21 €, der nachfolgend durch zwei Korrekturen auf 204,81 € reduziert wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten der Abrechnung wird Bezug genommen auf die Anlage K 1, hinsichtlich der Korrekturen auf die Anlagen K 2 und K 3.

Mit Schreiben vom 28.11.2013 monierte der Mieterverein zu Hamburg u. a. für die Beklagten diverse Positionen der Betriebs- und Heizkostenabrechnungen der Jahre 2009 bis 2012. Dabei wurde für die Kostenposition „Hausreinigung“ Einsichtnahme in sämtliche zugrunde liegenden Verträge, Leistungsbeschreibungen und Rechnungen verlangt. Bei der Position „Strom“ und der Position „Gehwegreinigung Privatwege“ wurde ebenfalls Einsichtnahme in sämtliche Verträge, Leistungsbeschreibungen und Rechnungen gebeten. Schließlich wurde Einsichtnahme in die Fernwärmerechnung bei der Position „Heizkosten-Brennstoffkosten“ begehrt. Darüber hinaus gab es zahlreiche weitere Monierungen ohne ein entsprechendes Begehren. Es wird ergänzend Bezug genommen auf die Anlage B 1 (Bl. 59 ff d. A.).

Auf das Schreiben reagierte die Hausverwaltung der Klägerin mit Schreiben vom 17.07.2014, woraufhin der Mieterverein mit weiterem Schreiben vom 15.10.2014, Anlage B 9 (Bl. 116 ff d. A.) und vom 20.04.2015, Anlage B 2 (Bl. 61 ff d. A.) weitere Einwendungen gegen die Abrechnungen erhob. Letzteres Schreiben erfolgte nach Einsichtnahme in die Belege. Die Hausverwaltung der Klägerin wies wiederum mit Schreiben vom 04.06.2015, Anlage B 3 (Bl. 66 ff d. A.) die Einwendungen zurück.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den noch offenen Betrag in Höhe von 204,81 € schulden. Die Einwendungen der Beklagten seien der Sache nach unbegründet.

Die Klägerin hat den Rechtsstreit in der Hauptsache aufgrund der Zahlung für erledigt erklärt und beantragt hilfsweise, die Feststellung der Erledigung in der Hauptsache.

Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass sie rechtzeitig und hinreichend spezifizierte Einwendungen erhoben hätten. Einer Belegeinsicht bedürfe es insoweit nicht. Zudem sei eine solche bei verschiedenen Einzelpositionen und im Übrigen jedenfalls der Sache nach begehrt worden. Keinesfalls bedürfe es bei Einwendungen, die sich aus der Abrechnung oder selber bereits ergeben, einer Belegeinsicht. Dies treffe vorliegend den Verteilerschlüssel gegen die Warmwasserkosten.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die von beiden Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Rechtsstreit ist in der Hauptsache durch Zahlung der Hauptforderung erledigt worden. Der Zahlung zugrunde liegt ein Anspruch der Klägerin aus § 535 Abs. 2 BGB auf Zahlung des Mietzinses in Verbindung mit der Abrechnung und der mietvertraglich vereinbarten Verpflichtung zur Abrechnung.

Einwendungen sind von den Beklagten nicht in hinreichender Weise rechtzeitig geltend gemacht worden. Dies bestätigt bereits der Sinn und Zweck einer Betriebskostenabrechnung.

Aus Sicht des Vermieters sollte die dem Mieter jeweils innerhalb der Jahresfrist zu übermittelnde Abrechnung nicht überfrachtet werden und sich der insoweit zu leistende Verwaltungsaufwand in vertretbaren Grenzen halten. Auch der Mieter hat grundsätzlich ein Interesse daran, dass die ihm erteilte Abrechnung möglichst übersichtlich gestaltet ist und nicht mit Details versehen wird, die für ihn regelmäßig nicht mit einem wesentlichen Erkenntniswert verbunden sind (vgl. BGH NZM 2016, 192). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Mieter ein Anspruch auf Einsicht in die Abrechnungsunterlagen im Übrigen zusteht und er auf diese Weise, sofern im Einzelfall ein entsprechendes Interesse besteht, weitere Einzelheiten in Erfahrung bringen kann.

Grundsätzlich wird dabei das Abrechnungssaldo mit Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung fällig. Der Mieter ist nach § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB ein Jahr nach Zugang der Abrechnung berechtigt, Einwendungen zu erheben, soweit die Abrechnung formell wirksam ist (vgl. BGH, Beschluss v. 15.03.2011 zur Geschäfts-Nr.: VIII ZR 234/10 im Anschluss an VIII ZR 27/10). Ansonsten wird die Abrechnung nach Ablauf der Jahresfrist nach Zugang der Abrechnung für den Mieter selbst unverbindlich, wenn sie fehlerhaft erfolgt ist, etwa weil sie mietvertraglich nicht umlagefähige Kosten enthalten hat (vgl. BGH NJW 2008, 1521 und 283; BGH, Urteil v. 11.05.2016 zum Az.: VIII ZR 209/15).

Dabei bedarf es regelmäßig einer Prüfung der Abrechnungsbelege, bevor Einwendungen erhoben werden. Im Ausgangspunkt ist der Mieter zwar nicht per se gehalten, zur Erhebung einer Einwendung Belegeinsicht zu nehmen, indes muss diese jedenfalls dann vorab wahrgenommen werden, wenn die Belegeinsicht eine Klärung der offenen Fragen ermöglicht (vgl. OLG Düsseldorf ZMR 2003, 57; AG Wedding GE 2014, 945; AG Wetzlar GE 2012, 1235; AG Hanau, Urteil v. 11.04.2012 zum Az.: 37 C 244/10 bei juris; AG Tempelhof-Kreuzberg GE 2010, 1351).

Im Übrigen kann der Mieter nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass bei Monierungen einzelner Positionen ohne eine entsprechende Belegeinsicht diese ohne weitere Nachfrage gewährt wird (vgl. etwa AG Wedding GE 2014, 945).

Vorliegend ist von den Beklagten innerhalb der Prüfungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB am 28.11.2013 eine Belegeinsicht hinsichtlich der Hausreinigungskosten, der Fernwärmerechnung sowie der Verträge, Leistungsbeschreibungen und Rechnungen für Strom begehrt worden. In der nachfolgenden Monierung nach Einsichtnahme in die Belege vom 20.04.2015 vermögen diese Positionen jedoch eine Herabsetzung des Nachzahlungsanspruches der Klägerin nicht zu begründen. Bei der Position „Hausreinigung“ bzw. „Reinigung der Laubengänge“ kommt der Mieterverein letztlich nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis, dass die eingestellten Kosten laut Abrechnung unter Berücksichtigung der Anzahl der Treppenhäuser sowie Laubengänge nachvollziehbar sind. Je Treppenhaus und Woche würden 26,75 € fällig. Insoweit überlässt es der Mieterverein seinen Mitgliedern und damit auch den Beklagten, zu beanstanden, wenn die tatsächlich ausgeführten Arbeiten nicht den veranschlagten Löhnen zu Gute kommen sollten. Eine entsprechende weitere Einwendung ist vorliegend jedoch nicht erfolgt. Die Position „Strom“ (vgl. S. 3 der Abrechnung, Bl. 25 d. A.) wird wiederum im Schreiben vom 20.04.2015, anders als der „Aufzugstrom“ (vgl. die S. 1, Bl. 23 d. A.), nicht weiter moniert. Auch soweit hinsichtlich der Gehwegreinigung der Privatwege Einsicht in Verträge, Leistungsbeschreibungen und Rechnungen begehrt worden ist, ist dies nachfolgend nicht weiter aufrechterhalten worden.

Hinsichtlich der Fernwärmekosten wird lediglich moniert, dass die abgerechneten Kosten möglicherweise auf einer unzulässigen Kopplung des Versorgers beruhen. Zutreffend weisen insoweit die Beklagten über den Mieterverein darauf hin, dass hier ggf. ein Rückforderungsanspruch besteht. Dennoch ist es unter Berücksichtigung der gesetzlich bestehenden Zahlungspflichten gegenüber Versorgern selbst bei Streitigkeiten über die Abrechnung der Sache nach nicht zu beanstanden, dass die Klägerin diesen Betrag zunächst bezahlt hat. § 30 der AVBFernwärme sieht insoweit vor, dass nur bei einem offensichtlichen Fehlern Einwendungen gegen Rechnungen möglich sind. Ein solcher offensichtlicher Fehler liegt jedoch bei Streitigkeiten über die Wirksamkeit entsprechender Preisanpassungsklauseln nicht vor.

Letztlich sind auch Einwendungen gegen den Verteilerschlüssel der Warmwasserkosten vorliegend erst dann substantiiert möglich, wenn eine Belegeinsicht erfolgt ist. Zwar ist mit der Anlage B 1 moniert worden, dass diese Kosten voll umfänglich nach Verbrauch hätten abgerechnet werden müssen und nicht auf den Verteilerschlüssel der Heizkosten. Allerdings fallen die Kosten der Wassererwärmung nicht unter die Wasserkosten nach § 2 Betriebskostenverordnung. Eine Umlage entsprechend der Heizkostenverordnung steht zudem mit dem Ziel der Energieeinsparung im Einklang. Dementsprechend gilt § 12 HeizKV dem Wortlaut nach auch für die Kosten der Wassererwärmung. Durch die Pflicht zur verbrauchsabhängigen Abrechnung soll das Nutzerverhalten bei der Raumheizung sowie Warmwasserverbrauch, um den es hier geht, mit dem Ziel der Energieeinsparung beeinflusst werden (vgl. BGH NZM 2006, 652, Rn. 14). Daher hätte es letztlich auch bei der Frage des Verteilerschlüssels einer Belegeinsicht erfordert, da zu klären gewesen wäre, ob nur die Wassererwärmungskosten oder auch die Verbrauchskosten nach der HeizKV umgelegt worden sind. Dies entspricht im Übrigen vorliegend der Prüfung anlässlich der 2015 nach Ablauf der Einwendungsfrist vorgenommenen Belegeinsicht, wie die Ausführungen in der Duplik vom 08.02.2016 belegen.

Auch die weiteren in der Anlage B 1 vom 28.11.2013 binnen der Jahresfrist erhobenen Einwendungen der Beklagten sind eine Klärung durch Belegeinsicht ohne Weiteres zugänglich gewesen. Insofern wird etwa beim Aufzugsnottelefon der Verteilerschlüssel moniert, beim Strom Aufzug ebenfalls die Verteilungsgröße Fläche, bei der Wartung des Aufzuges wird vermutet, dass Kleinreparaturen enthalten seien, bei Schädlingsbekämpfung und Grünanlagenpflege wird ein Kostennachweis erbeten, bei der Schnee- und Eisbeseitigung pauschal die Umlagefähigkeit der Gesamtkosten und die Richtigkeit des Vorwegabzuges bestritten sowie bei den Stromaußenanlagen eine Erläuterung der Entstehung der Kosten erbeten. Bei den Versicherungen wird die Umlagefähigkeit der Haftpflichtversicherung und der Wohngebäudeversicherung beanstandet. Letztlich handelt es sich hier jeweils um Einwendungen, wie sie typischerweise im Rahmen der Belegeinsicht ausgeräumt werden können.

Es ist insoweit Sache des Mieters binnen der Abrechnungsprüfungsfrist eine entsprechende Klarstellung herbeizuführen. Soweit der Vermieter eine Belegeinsicht verweigert, besteht im Übrigen die Möglichkeit, den Nachzahlungsanspruch im Wege des Zurückbehaltungsrechtes entgegenzutreten, wobei nach Gewährung der Belegeinsicht Einwendungen regelmäßig binnen einer Frist von 3 Monaten zu erheben sind (vgl. AG Wedding GE 2014, 945; AG Elmshorn, Teilurteil v. 17.12.2015 zum Az.: 51 C 146/15, n.v.; LG Krefeld WuM 2010, 361).

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 a, 100 Abs. 4 ZPO, die Vollstreckbarkeitsentscheidung aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung wird zugelassen, da die hier entscheidungserhebliche Frage der Konkretisierung von Einwendungen aufgrund einer Belegeinsicht vom BGH jedenfalls ausdrücklich so noch nicht im Sinne der hiesigen Entscheidung bestätigt worden ist. Zudem handelt es sich bei der Pflicht zur Belegeinsicht zur Spezifizierung von damit ggf. aufklärbaren Einwendungen um eine Rechtsfrage von erheblichen praktischer und letztlich auch grundsätzlicher Bedeutung.

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