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Telekommunikationsunternehmen – Rücklastschriftgebühr zulässig?

OLG Koblenz, Az.: 2 U 780/15, Urteil vom 14.07.2016

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz – Einzelrichterin – vom 18.6.2015, Az. 10 O 183/14, wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III. Dieses und das in Ziffer I genannte Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung der Beklagten im Zusammenhang mit der Erhebung von Rücklastschriftgebühren.

Telekommunikationsunternehmen – Rücklastschriftgebühr zulässig?

Telekommunikationsunternehmen – Rücklastschriftgebühr zulässig?
Symbolfoto: Von Dean Drobot /Shutterstock.com

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte bietet Telefon- und Internetdienstleistungen an, unter der Marke „…“ insbesondere E-Mail-, Fax-, SMS- und Web-Hosting-Dienstleistungen. Die „AGB …de, Stand 1/2013“, wie sie noch am 4.09.2013 und 13.05.2014 auf der Internetseite der Beklagten abrufbar waren, enthielten u. a. folgende Klausel:

Preise und Zahlung

Bei Zahlung der Entgelte durch Lastschrifteinzug berechnet …  6,95 € pro Rücklastschrift, wenn der Kunde die Rücklastschrift zu vertreten hat, es sei denn, der Kunde weist nach, dass ein Schaden überhaupt nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist.

Der Kläger forderte die Beklagte mit Abmahnschreiben vom 4.09.2013 zur Unterlassung der Verwendung dieser Klausel und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dem kam die Beklagte nicht nach.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Klausel sei wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam, da die erhobene Pauschale überhöht sei. Er hat dazu im Wesentlichen vorgetragen, zu berücksichtigen seien im Rücklastschriftfall nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge lediglich Bankkosten, welche der Beklagten von ihrer Hausbank für die Rücklastschrift in Rechnung gestellt würden; diese seien auf max. 3,00 € zu beziffern. Weitere Kosten für die erforderliche Benachrichtigung der Kunden fielen allenfalls in Höhe von insgesamt 0,67 € für Briefporto und Materialaufwendungen an.

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, aufgrund der Anwendbarkeit des § 312 a Abs. 4 BGB seien vorliegend bei der Berechnung der zulässigen Rücklastschriftgebühr auch die ihr entstandenen Vorhalte- und Bearbeitungskosten, insbesondere Personalkosten, zu berücksichtigen. Sie hat vorgetragen, der Betrag von 6,95 € sei bereits durch die im Rücklastschriftfall entstehenden externen Kosten gerechtfertigt. Tatsächlich stelle die Hausbank der Beklagten dieser die Gebühren in Rechnung, die bei Rückgabe einer Lastschrift durch das kontoführende Institut des Kunden an die Hausbank der Beklagten berechnet würden. Beispielhaft sei auf Rücklastschriftkosten in 5 Fällen in einer Höhe zwischen 4,20 € und 10,37 € zu verweisen. Hinzu kämen die jeweils in Rechnung gestellten Gebühren der eigenen Bank, so dass die entstehenden Kosten deutlich über dem von dem Kläger angenommenen Betrag von 3,00 € lägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten und Formulierung der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angegriffenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage – mit Ausnahme der beantragten Veröffentlichungsbefugnis – stattgegeben und die Beklagte zur Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel bei Meldung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, sowie zur Zahlung von 145,00 € Abmahnkosten zuzüglich Zinsen verurteilt.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, § 312 a Abs. 4 BGB finde vorliegend keine Anwendung, da es sich nicht um die Zahlung von Entgelt, sondern um eine Schadensersatzpauschale handele. Die streitgegenständliche Klausel sei gemäß § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam, da die verlangte Pauschale höher sei als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden. Der Kläger habe zur Höhe des gewöhnlich zu erwartenden Schadens substantiiert vorgetragen, die Beklagte habe demgegenüber der ihr zumindest obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt. Weder habe die Beklagte ausreichend substantiiert dargelegt, welche durchschnittlichen Kosten ihr konkret im Falle einer Rücklast entstünden, noch habe sie dargetan, welcher branchentypische Durchschnittsschaden im Fall von Rücklastschriften anzunehmen sei. Ihr lediglich pauschal gehaltener Vortrag und Beweisantritt sei als nicht ausreichend anzusehen; nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Beklagte ihre Behauptung eines branchentypischen Schadens nicht durch Einholung einer entsprechenden Auskunft eines Verbandes konkretisiert habe.

Gegen das ihr am 19.06.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15.07.2015 Berufung eingelegt, weiche am 21.09.2015 nach Fristverlängerung begründet wurde.

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe zu Unrecht ihren Beweisantritt für die Behauptung, es entstünden im Branchendurchschnitt bereits reine Bankkosten für eine vom Kunden verschuldete Rücklastschrift in Höhe von mindestens 6,95 übergangen. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht stattdessen die Beklagte vor die Entscheidung gestellt, entweder Betriebsinterna offen zu legen oder selbsttätig ein Sachverständigengutachten oder eine Verbandsauskunft über den branchentypischen Schaden bei Rücklastschriften vorzulegen. Damit habe das Landgericht die Anforderungen an die Substantiierung des Sachvortrags der Beklagten überspannt. Außerdem habe das Landgericht ihr rechtliches Gehör verletzt, da nach dem Hinweis in der mündlichen Verhandlung nicht erkennbar gewesen sei, dass das Gericht nicht nur den Vortrag zu „einzelnen“ Lastschriftrückgabeentgelten, sondern auch den Vortrag allgemeiner Lastschriftrückgabeentgelte für nicht beweiswürdig halten würde. Außerdem habe das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast im hier vorliegenden Verbandsklageprozess verkannt und diese zu Unrecht bei der Beklagten gesehen. Im Übrigen handele es sich bei den Kosten einer Rücklastschrift um ein Entgelt für die Vereinbarung eines besonderen – nämlich für den Verbraucher regelmäßig besonders günstigen – Zahlungsmittels. Die streitgegenständliche Klausel sei daher nicht als AGB, sondern als Preisvereinbarung i. S. des § 312 a Abs. 4 BGB einzuordnen.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 18.06.2015, Az. 10 O 183/14, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Koblenz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Hinweis darauf, dass die Beklagte zu ihrer Behauptung, die Höhe des gewöhnlichen Rücklastschriftschadens erreiche die Höhe der von ihr in Rechnung gesteiften Pauschale, weder ausreichend vorgetragen noch Beweis angeboten habe, so dass das Landgericht unter Beachtung der Beweislastverteilung zu Recht keinen der angebotenen Beweise erhoben habe. So habe die Beklagte hinsichtlich des anzunehmenden branchentypischen Schadens lediglich ins Blaue hinein behauptet, die Höhe der entstehenden Bankkosten erreiche die Höhe der Rücklastschriftgebühr, ohne dies näher zu substantiieren. Da die Beklagte keine konkreten Zahlen zu dem bei ihr individuell entstandenen Schaden vorlegen wolle, sei davon auszugehen, dass ihre eigenen Kosten tatsächlich unter der Pauschale lägen. Die angeblich entstehenden Personalkosten seien nach der Rechtsprechung ohnehin nicht ersatzfähig.

Wegen des Vorbringens im übrigen wird auf die bei den Akten befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten bezüglich der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel sowie einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten bejaht.

Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 1 UKlaG i.V.m. § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB die Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel verlangen.

1. Der Kläger ist prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG, da er in der Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 1 UKlaG geführt wird.

Die streitgegenständliche Klausel, die eine Rücklastschriftgebühr in Höhe von 6,95 € pro von dem Kunden veranlasster Rücklastschrift bei Zahlung der Entgelte durch Lastschrifteinzug vorsieht, stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB dar und ist nicht etwa als kontrollfreie Preisvereinbarung im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen (vgl. BGH, NJW-RR 2015, 690 – zitiert nach juris: Rn. 16 ff.; BGH, NJW 2009, 3570 – juris: Rn. 10; OLG Schleswig MMR 2013, 579 – juris: Rn. 120 ff.).

Zu Recht hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Berufung die streitgegenständliche Klausel nicht im Anwendungsbereich des § 312 a Abs. 4 BGB gesehen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Klausel selbst ergibt, die ausdrücklich den Nachweis eines geringeren Schadens vorsieht, handelt es sich um eine pauschalierte Schadensersatzklausel (vgl. BGH, NJW-RR 2015, 690, – juris: Rn. 18). Die Vorschrift des § 312 a Abs. 4 BGB regelt ausschließlich die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Unternehmer von Verbrauchern für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels ein gesondertes Entgelt verlangen kann. Die Vorschrift trifft gerade keine Regelung über fehlgeschlagene Zahlungsvorgänge, die von der hier zu beurteilenden Klausel umfasst werden.

Die Wirksamkeit der Klausel ist demnach nicht an § 312 a Abs. 4 BGB zu messen, sondern nach §§ 307 ff. BGB zu beurteilen.

 

2. Die Klausel ist nach § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB unwirksam, weil die vorgesehene Rücklastschriftpauschale in Höhe von 6,95 € höher ist als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden bei der Beklagten.

a) Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.2.2015 (NJW-RR 2015, 690 – juris: Rn. 22) klargestellt hat, trägt die Beweislast für einen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden in Höhe der Pauschale der Klauselverwender; dieser hat nachzuweisen, dass der vereinbarte Betrag dem typischen Schadensumfang entspricht. Eine entsprechende Auffassung wurde vom Bundesgerichtshof bereits in einer älteren Entscheidung (NJW 1977, 381 = BGHZ 67, 313 – juris: Rn. 20) vertreten. Dies entsprach im Übrigen auch der ganz herrschenden Auffassung in der Literatur sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. MüKo, BGB/Wurmnest § 309 Rn. 16 m.w.N.; Schleswig Holsteinisches Oberlandesgericht, MMR 2013, 579 – juris: Rn. 128 m.w.N.) und wurde auch vom Senat bereits so entschieden (Beschluss vom 19.2.2014, 2 U 246/13 = VuR 2014, 439). Da die zitierte neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.2.2015 in einem Verbandsklageprozess ergangen ist, bestehen entgegen der Auffassung der Beklagten keine Zweifel, dass die dort angenommene Beweislastverteilung derjenigen im Individualprozess entspricht.

Der Senat folgt der dargelegten höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung dahingehend, dass die Beklagte als Verwenderin der Allgemeinen Geschäftsbedingung für die Höhe des von ihr in der streitgegenständlichen Klausel pauschalierten Schadensersatzes darlegungs- und beweispflichtig ist. Soweit die Beklagte demgegenüber vorbringt, ihr seien keine tragfähigen Angaben zu den branchentypischen Rücklastschriftkosten möglich, da sie aus wettbewerbsrechtlichen Gründen an der Erhebung eigener Erkundigungen gehindert sei, führt dies nicht zu einer anderweitigen Beurteilung der Beweislast. Die von der Beklagten für sich reklamierte „Beweisnot“ besteht bereits deshalb nicht, weil die Beklagte nicht gehindert gewesen wäre, zu ihrem eigenen individuell entstandenen Schaden unter Darlegung entsprechender Anknüpfungspunkte substantiiert vorzutragen. Dass es sich für die Beklagte möglicherweise als wirtschaftlich attraktiver darstellen kann, im hiesigen Rechtsstreit zu unterliegen als in einer für die Allgemeinheit zugänglichen Weise nähere Angaben zur eigenen Kostenstruktur aufzudecken, stellt eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten dar, die zu respektieren, in rechtlicher Hinsicht aber allein ihrer Sphäre zuzuordnen ist und nicht zu einer (Rück-)Verlagerung der Darlegungslast zum Kläger führen kann, wie der Senat bereits entschieden hat (Beschluss vom 28.5.2014, Az. 2 U 246/13 – OLGR 1/2015).

Die Schadensersatzpauschale darf nach dem Wortlaut des § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen. Dieser § 252 Satz 2 nachgebildete Grundsatz erfordert eine generalisierende Betrachtung (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. 2016, § 309 Rn. 26). Maßgeblich im Sinne dieser generalisierenden, abstrahierenden Betrachtungsweise war nach früher vorherrschender Auffassung grundsätzlich der branchentypische Durchschnittsschaden (BGH, NJW 1977, 381 = juris: Rn. 26; BGH, NJW 1982, 331 = juris: Rn. 21). Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.2.2015 (NJW-RR 2015, 690 – juris: Rn. 22) erneut klargestellt hat, ist es dem Klauselverwender aber ebenso freigestellt, seinen individuellen Durchschnittsschaden zu beanspruchen, wobei die Regelung in § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB dem Verwender eine entsprechende Beweiserleichterung dahingehend einräumt, dass der Schaden nicht in jedem konkreten Fall erreicht sein muss. Der Verwender muss aber nachweisen, dass der vereinbarte Betrag dem typischen Schadensumfang entspricht (BeckOK-BGB/Becker, § 309 Nr. 5 Rn. 19 ff.).

Der Kläger hat im hiesigen Verfahren vorgetragen, dass die reinen Bankkosten, die der Beklagten und vergleichbaren Telekommunikations-Großunternehmen entstehen, maximal 3,00 € betragen. Dabei handelt es sich um den internen Verrechnungssatz der Banken, den diese nach dem Abkommen über den Lastschriftverkehr untereinander für Rücklastschriften erheben (sog. Interbankenentgelt) und an ihre Kunden weiterreichen. In Nr. 2 der Anlage 1 des Abkommens über den Lastschriftverkehr vom 09.07.2012 ist vorgesehen, dass die beteiligten Banken untereinander lediglich einen Betrag von 3,00 € berechnen. Weiter hat der Kläger dargelegt, es sei davon auszugehen, dass der Beklagten und anderen branchentypischen Großunternehmen seitens ihrer Hausbank keine zusätzlichen Bearbeitungsgebühren in Rechnung gestellt würden, da an „Großkunden“ nur das Interbankenentgelt weiterberechnet werde. Diesem – plausiblen – Vortrag des Klägers ist die Beklagte dahingehend entgegengetreten, es sei nicht zutreffend, dass bei Rücklastschriften seitens der Banken untereinander lediglich das sog. Interbankenentgelt von maximal 3,00 € in Rechnung gestellt werde. Wie sich aus diversen, von ihr aufgezählten Beispielen ergebe, forderten Privatbanken ihrer Kunden für Rücklastschriften von ihrer Hausbank durchaus höhere Gebühren, die die Beklagte im hiesigen Verfahren auf Beträge zwischen 4,20 € und 10,37 € beziffert hat, welche dann an die Beklagte weiterberechnet würden. Hinzuzurechnen seien Gebühren der Hausbank, welche auch gegenüber Großkunden entgegen der Annahme des Klägers keine unentgeltlichen Leistungen erbrächten. Diese könnten im Durchschnitt mit 3,00 € angesetzt werden. Beispielhaft sei auf ein – aus anderen Gründen nicht angenommenes – Angebot der Landesbank Baden-Württemberg an die Dachgesellschaft der Beklagten zu verweisen, welches einen Preis für die Bearbeitung von Rücklastschriften von 1,50 € bis 2,20 € vorsehe.

Damit ist die Beklagte den Anforderungen an ihre Darlegungslast nicht nachgekommen, ohne dass das Landgericht in rechtsfehlerhafter Weise Beweisantritte der Beklagten übergangen hätte, wie die Beklagte meint. Die Beklagte hat weder konkret dargelegt, dass ihr selbst im Fall von Rücklastschriften typischerweise Kosten in Höhe der verlangten Pauschale von 6,95 € entstehen, noch hat sie zur Höhe des branchentypischen Durchschnittsschadens ausreichend substantiiert vorgetragen, so dass daraufhin vom Landgericht Beweis zu erheben gewesen wäre.

b) Von einer substantiierten Darlegung ihres Individualschadens im Falle von Rücklastschriften nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hat die Beklagte bewusst abgesehen, indem sie weder die Höhe der ihr von ihrer Hausbank berechneten Gebühr beziffert hat, noch die Höhe des durchschnittlich von ihrer Hausbank weiterberechneten, von den Kundenbanken erhobenen Betrags dargelegt hat. Insofern hat sie lediglich beispielhaft auf Gebühren von fünf Kundenbanken verwiesen. Diese unternehmerische Entscheidung der Beklagten ist, wie bereits angesprochen, zu respektieren. Als Konsequenz für das vorliegende Verfahren ergibt sich allerdings, dass der Beklagten die Darlegung eines individuellen, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entstehenden Schadens im Fall der Rücklastschrift nicht gelungen ist.

c) Zu Recht hat das Landgericht aber auch von einer Beweisaufnahme zu der Behauptung der Beklagten abgesehen, deutschen Telekommunikationsunternehmen entstünden durch erhobene Gebühren der Haus- und Fremdbanken (Inkassostelle und Zahlstelle) durchschnittliche reine Bankkosten von mindestens 6,95 € bei der Rückgabe einer Lastschrift durch einen Verbraucher. Die von der Beklagten zu dieser Behauptung vorgetragenen Tatsachen rechtfertigten nicht die von ihr beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens, da es an ausreichenden Anknüpfungspunkten für eine Überprüfbarkeit des von ihr behaupteten Schadens fehlt.

Zur Darlegung des branchenüblichen Schadens muss der Verwender prüfungsfähige Tatsachen vortragen und beweisen, die die richterliche Feststellung erlauben, dass sich die Pauschale an einem durchschnittlichen, branchentypischen Schaden orientiert; die Offenlegung der innerbetrieblichen Kalkulation ist insofern gerade nicht erforderlich (vgl. Schleswig Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O. Rn. 128); ausreichend, aber auch erforderlich ist eine zumindest im Ansatz nachprüfbare Darstellung der Schadensfaktoren, um die Höhe der Schadenspauschale gegen eine willkürliche Festsetzung abzugrenzen (vgl. BGH, NJW 1977, 381-juris: Rn. 26, 27; vgl. auch Müko/Wurmnest, § 309 Nr. 5 BGB, Rn. 16).

Ob – wovon das Landgericht scheinbar ausgeht – von der Beklagten zur schlüssigen Darlegung des branchentypischen Schadens die außergerichtliche Einholung einer Auskunft des Bundesverbandes Deutscher Banken oder eines Interessenverbandes der Telekommunikationsunternehmen zu verlangen war, ist aus Sicht des Senats eher zu bezweifeln, braucht im vorliegenden Verfahren jedoch nicht abschließend entschieden zu werden.

Maßgeblich ist vielmehr, dass die Beklagte keine im Ansatz nachprüfbaren, konkreten Tatsachen dargetan hat, die die Höhe des von ihr behaupteten branchentypischen Durchschnittsschadens von 6,95 € belegen. Nach dem Vortrag der Beklagten setzen sich die entstehenden Bankkosten im Fall der Rucklastschrift zusammen aus den von der Hausbank weiterberechneten Kosten, die dieser durch die Kundenbanken in Rechnung gestellt werden – wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob diese im Regelfall sich maximal auf die Höhe des sog. Interbankenentgelts von 3,00 € belaufen – und aus den zusätzlich hinzu kommenden Gebühren, die der Beklagten bzw. den vergleichbaren Telekommunikationsunternehmen in Rechnung gestellt werden. Es wäre insoweit an der Beklagten gewesen, hinreichende Parameter zur Bestimmung des Durchschnittsbetrages darzulegen, namentlich welche Marktanteile die Banken in Deutschland am Lastschriftvolumen entsprechender Telekommunikations-Großunternehmen haben und Kosten in welcher Höhe die Hausbanken im Durchschnitt an diese Großunternehmen weiterleiten.

Die von der Beklagten vorgetragenen, einzelnen Beispiele für die Inrechnungstellung von Rücklastschriftgebühren durch einzelne Kundenbanken sind in keiner Weise repräsentativ. Im übrigen erscheint auch dem Senat die Annahme naheliegend, dass Großkunden wie der Beklagten und Unternehmen vergleichbarer Größenordnung im Telekommunikationsbereich – auch angesichts der Vielzahl der abzuwickelnden Rücklastschriften – Sonderkonditionen eingeräumt werden. Die Beklagte hat insoweit – außer der pauschal gehaltenen Behauptung, insoweit entstünden durchschnittliche Gebühren von 3,00 € – lediglich ein nicht rechtsverbindlich gewordenes Angebot der LBBW zu den Akten gereicht, aus dem sich vorgesehene Preise für Rücklastschriften in Höhe von 1,50 € bzw. 2,20 € ergeben. Der Beklagten wäre es aber möglich und zumutbar, einen Rückschluss von den bei ihr in bestimmten Anzahlen vertretenen Kundenbanken und der Höhe der durchschnittlich berechneten Rücklastschriftkosten – natürlich nur soweit sie an die Beklagte weitergereicht werden – auf die üblicherweise bei einem in ihrem Bereich tätigen Unternehmen entstehenden Kosten zu ziehen, ohne insoweit selbst in unerwünschter Weise Geschäftsgeheimnisse offen zu legen. Der von der Beklagten hier lediglich ansatzweise und ausgesucht erfolgte Vortrag zu einzelnen von Kundenbanken erhobenen Kosten reicht insoweit nicht aus. Die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens durch den Bundesverband Deutscher Banken oder eines Sachverständigen zur tatsächlichen Höhe der reinen Bankkosten würde sich hier als unzulässiger Ausforschungsbeweis darstellen. Die abstrakt gehaltenen Darlegungen der Beklagten lassen einen Schluss auf die Angemessenheit der Pauschale mangels nachprüfbarer Angaben nicht zu (vgl. BGH NJW 1977, 381 – juris: Rn.23). Daher kommt vorliegend auch eine Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht.

Dass die von der Beklagten hier vorgesehene Pauschale von 6,95 € eher über dem branchentypischen Schaden liegen dürfte, wird im übrigen dadurch nahe gelegt, dass, wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, Konkurrenzunternehmen der Beklagten aktuell nur noch Rücklastschriftpauschalen in einer Größenordnung von 3,50 € (web24) bzw. 4,00 € (E-Plus und Telefonica/O2) bzw. 5,00 € (Deutsche Telekom) in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorsehen.

d)Soweit die Beklagte zur Begründung der Höhe der von ihr erhobenen Schadensersatzpauschale auch auf die bei ihr entstehenden Personalkosten bzw. sonstigen Vorhaltekosten abstellen will, hält der Senat an seiner von ihm bereits in früheren Entscheidungen vertretenen Rechtsauffassung (vgl. Hinweisbeschluss vom 19.2.2014 sowie Beschluss vom 28.5.2014, Az. 2 U 246/13 und Urteil vom 30.9.2010, Az. 2 U 1388/09 = MMR 2010, 815) fest und geht – der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgend – davon aus, dass interne Bearbeitungskosten der Beklagten nicht berücksichtigungsfähig sind (vgl. auch BGH, NJW 2009, 3570). Eines genauen Eingehens auf diese Problematik bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da die Beklagte, wie der Kläger bereits zu Recht vermerkt hat, nicht einmal ansatzweise zur Höhe der ihr entstandenen bzw. branchentypischerweise entstehenden Personalkosten/Vorhaltekosten vorgetragen hat.

Das Landgericht hat die streitgegenständliche Klausel mithin zu Recht als unwirksam gemäß § 309 Nr. 5 Buchst. a BGB angesehen.

3. Eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör vermag der Senat nicht zu erkennen. In der mündlichen Verhandlung vom 30.4.2015 hat die erkennende Kammer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Beklagten zumindest die sekundäre Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Höhe der Rücklastschriften obliege. Darüber hinaus, so das Landgericht, sei darauf hinzuweisen, dass der bisher erfolgte Vortrag im Hinblick auf einzelne Lastschriftrückgabeentgelte, wie mit Schriftsatz vom 24.4.2015 erfolgt, nicht ausreichen dürfe, um einen durchschnittlichen branchentypischen Schaden zu belegen. Die Beklagte erhielt daraufhin Gelegenheit, zur Sache weiter vorzutragen, was auch mit Schriftsatz vom 1.6.2015 geschah. Da sich aus dem richterlichen Hinweis unzweifelhaft ergab, dass das Landgericht den bisherigen Vortrag der Beklagten als nicht ausreichend ansah, und die Beklagte weder im nachgelassenen Schriftsatz noch im Rahmen der Berufungsbegründung weiteren Sachvortrag beigebracht hat, der eine andere Entscheidung rechtfertigen würde, scheidet ein entscheidungserheblicher Verfahrensfehler vorliegend aus.

4. Zutreffend hat das Landgericht darüber hinaus dem Kläger gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG Ersatz der ihm aufgrund der Abmahnung vom 4.9.2013 entstandenen Aufwendungen zugesprochen, die in Höhe von 145,00 € als angemessen zu beurteilen sind, § 287 ZPO.

Angesichts der in vollem Umfang zu Recht erfolgten Verurteilung der Beklagten bleibt die Berufung der Beklagten ohne Erfolg.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufig Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 ZPO.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf insgesamt 2.645,00 € festgesetzt (2.500,00 € für die beanstandete Klausel, vgl. BGH, Beschluss vom 28.10.2015, Az. III ZR 36/15, MMR 2016, 179, juris: Rn. 5).

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