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Zwangsräumung trotz Suizidgefahr des Mieters zulässig?

Eine Mieterin in Leipzig kämpfte gegen ihre Zwangsräumung, indem sie akute Suizidgefahr aufgrund der drohenden Wohnungslosigkeit geltend machte. Trotz stationärer psychiatrischer Behandlung wies das Landgericht ihre Beschwerde zurück, da die Härtefallregelung nicht greift und der Gläubiger Anspruch auf Rechtsschutz hat. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die schwierige Abwägung zwischen den Interessen von Gläubigern und Schuldnern in Zwangsräumungsverfahren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Leipzig
  • Datum: 10.09.2024
  • Aktenzeichen: 2 T 446/24
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren gegen die Zurückweisung eines Räumungsschutzantrags
  • Rechtsbereiche: Zwangsvollstreckungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Schuldnerin (Antragstellerin): Die Schuldnerin hat beantragt, die Vollstreckung eines Räumungsbeschlusses auszusetzen, da die Zwangsräumung ihrer Wohnung wegen ihrer psychischen Gesundheit (Suizidalität) eine sittenwidrige Härte darstelle.
  • Amtsgericht Borna (Vorinstanz): Hat den Räumungsschutzantrag der Schuldnerin zurückgewiesen, da keine genügenden Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Härte vorlagen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Schuldnerin stellte einen Antrag auf Räumungsschutz gegen eine bevorstehende Zwangsräumung ihrer Wohnung. Zur Unterstützung ihres Antrags legte sie medizinische Dokumente vor, die ihre psychische Instabilität, insbesondere Suizidalität, belegen sollten. Der Antrag wurde vom Amtsgericht Borna abgelehnt.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage ist, ob die Zwangsvollstreckung in Form einer Räumungsvollstreckung eine sittenwidrige Härte für die Schuldnerin darstellt, die ihre psychische Gesundheit ernsthaft gefährden würde.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Leipzig hat die Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen.
  • Begründung: Die Zwangsvollstreckung stellt keine untragbare Härte dar, da die Schuldnerin bereits in stationärer psychiatrischer Behandlung ist, um den psychischen Belastungen zu begegnen. Es wird argumentiert, dass statt einer Aussetzung der Räumung andere Maßnahmen (z.B. medizinische Betreuung) wirksam sind, um das Leben und die Gesundheit der Schuldnerin zu schützen.
  • Folgen: Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Das Gericht regt eine Betreuung der Schuldnerin durch das Vormundschaftsgericht an, um zukünftige Gesundheitsrisiken zu bewältigen. Die Räumung wird nicht ausgesetzt, da die Schuldnerin in der Lage ist, mit den psychischen Belastungen durch medizinische Hilfe umzugehen.

Mietrecht im Fokus: Urteil zur Zwangsräumung bei psychischen Notlagen

Das Mietrecht steht oft vor komplexen ethischen und rechtlichen Herausforderungen, wenn es um die Räumung von Wohnraum geht. Besonders schwierige Situationen entstehen, wenn Mieter in psychischen Notlagen sind und eine Zwangsräumung droht. Die Abwägung zwischen wirtschaftlichen Interessen von Vermietern und dem Schutz vulnerabler Mietergruppen erfordert eine sensible und differenzierte Betrachtungsweise.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Räumungsklagen sind komplex und berühren grundlegende Fragen des Wohnrechts und der sozialen Verantwortung. Mietschuldner und suizidgefährdete Personen benötigen nicht nur rechtliche, sondern auch psychologische Unterstützung, um drohende Wohnungsverluste zu verhindern und existenzielle Krisen zu bewältigen. Im Folgenden wird ein konkretes Gerichtsurteil analysiert, das diese Spannungsfelder exemplarisch beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Gericht weist Beschwerde gegen Zwangsräumung trotz psychischer Belastung zurück

Mieterin sitzt verzweifelt auf einem Stuhl vor ihrer Wohnung, während ein Polizist eine Zwangsräumung vorbereitet.
Zwangsräumung und psychische Gesundheit | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landgericht Leipzig hat die Beschwerde einer Mieterin gegen ihre bevorstehende Zwangsräumung zurückgewiesen. Die betroffene Schuldnerin hatte versucht, die für den 11. September 2024 angesetzte Räumung ihrer Drei-Raum-Erdgeschosswohnung durch einen Räumungsschutzantrag zu verhindern.

Psychische Gesundheit im Fokus des Rechtsstreits

Die Mieterin hatte ihre akute Suizidalität als Hauptargument angeführt und diese durch einen fachärztlichen Überweisungsschein belegt. Das medizinische Dokument vom 6. September 2024 bestätigte die Diagnosen „Depression“ und „Suizidalität“ im direkten Zusammenhang mit der drohenden Zwangsräumung. Seit dem 9. September 2024 befindet sich die Betroffene in stationärer psychiatrischer Behandlung, wo sie sich zunächst in der Institutsambulanz vorstellte und anschließend zur Behandlung ihrer Belastungen und Suizidgedanken aufgenommen wurde.

Rechtliche Grundlagen der Gerichtsentscheidung

Das Gericht betonte in seiner Begründung, dass der Paragraph 765a der Zivilprozessordnung nur in außergewöhnlichen Härtefällen zur Anwendung kommt. Diese müssen über die üblichen Belastungen einer Zwangsvollstreckung deutlich hinausgehen und zu einem „schlechthin untragbaren Ergebnis“ führen. Dabei verwies das Gericht auf den verfassungsrechtlich geschützten Anspruch des Gläubigers auf wirksamen Rechtsschutz nach Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.

Schutz der Betroffenen durch alternative Maßnahmen

Das Gericht sah in der bereits erfolgten stationären psychiatrischen Behandlung eine wirksame Maßnahme zum Schutz der Schuldnerin. Die Richter würdigten positiv, dass sich die Betroffene aus eigener Initiative in ärztliche Behandlung begeben hatte. Zusätzlich regte die Kammer die Einrichtung einer Betreuung über die Betreuungsbehörde an, da auch nach der akuten Phase eine Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands möglich sei.

Abwägung zwischen Gläubiger- und Schuldnerinteressen

In seiner Entscheidung betonte das Gericht die Notwendigkeit, die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen. Dem Gläubiger dürften keine Aufgaben aufgebürdet werden, die aufgrund des Sozialstaatsprinzips dem Staat obliegen. Die Kammer setzte den Streitwert des Beschwerdeverfahrens auf 8.280 Euro fest, basierend auf der Jahresmiete von monatlich 690 Euro. Die Kosten des Verfahrens muss die Schuldnerin tragen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass auch bei nachgewiesener Suizidalität eine Zwangsräumung nicht automatisch ausgesetzt wird. Das Gericht muss zwar Gesundheitsgefahren berücksichtigen, prüft aber, ob diesen auch anders als durch Aussetzung der Räumung begegnet werden kann. Die Interessen des Gläubigers haben grundsätzlich Vorrang, da der Staat einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf wirksame Rechtsdurchsetzung gewährleisten muss. Nur in absoluten Ausnahmefällen, die über die üblichen Härten einer Zwangsvollstreckung hinausgehen, kann eine Räumung vorübergehend ausgesetzt werden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie von einer Zwangsräumung bedroht sind, reicht es nicht aus, gesundheitliche Probleme oder Suizidgedanken nur vorzutragen – auch bei ärztlicher Bescheinigung. Suchen Sie umgehend professionelle Hilfe, sowohl medizinisch als auch sozial, um konkrete Alternativen zur aktuellen Wohnsituation zu entwickeln. Eine stationäre psychiatrische Behandlung kann zwar Ihre akute Gefährdung abwenden, verhindert aber nicht dauerhaft die Räumung. Nutzen Sie die Unterstützung von Sozialberatungsstellen, um rechtzeitig eine neue Unterkunft zu finden und die Situation zu stabilisieren.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich, eine Zwangsräumung bei psychischen Erkrankungen zu verhindern?

Räumungsfristen nach Räumungsurteil

Bei einem Räumungsurteil können Sie eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO beantragen. Diese Frist verschafft Zeit, eine neue Wohnung zu finden und den Umzug vorzubereiten. Die maximale Dauer beträgt ein Jahr. Ein Verlängerungsantrag muss spätestens zwei Wochen vor Fristablauf gestellt werden.

Vollstreckungsschutz als besondere Härtefallregelung

Wenn die Räumungsfrist ausgeschöpft ist, können Sie Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO beantragen. Dies ist möglich, wenn durch die Zwangsräumung eine besondere Härte entstehen würde. Bei psychischen Erkrankungen müssen Sie konkret darlegen, welche schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen durch die Räumung drohen.

Anforderungen an den Nachweis gesundheitlicher Beeinträchtigungen

Ein einfaches ärztliches Attest reicht für den Nachweis nicht aus. Sie benötigen ein aktuelles fachärztliches Gutachten, das detailliert beschreibt:

  • Art und Schweregrad der Erkrankung
  • Konkrete gesundheitliche Folgen eines erzwungenen Umzugs
  • Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Folgen

Besondere Situation bei Suizidgefahr

Bei einer geltend gemachten Suizidgefahr muss diese durch psychiatrische Gutachten konkret nachgewiesen werden. Eine bloße Behauptung oder latente Gefährdung reicht nicht aus. Das Gutachten muss eine eindeutige Diagnose einer akuten Suizidgefahr enthalten.

Zeitliche Vorgaben beachten

Der Antrag auf Vollstreckungsschutz muss spätestens zwei Wochen vor dem Räumungstermin beim Vollstreckungsgericht eingereicht werden. Bei der Antragstellung sollten Sie bereits alle erforderlichen Gutachten und Nachweise vorlegen.

Erfolgsaussichten

Die Gerichte prüfen jeden Fall individuell. Besonders berücksichtigt werden:

  • Schwere der Erkrankung
  • Alter des Mieters
  • Dauer des Mietverhältnisses
  • Anpassungsfähigkeit an eine neue Umgebung

Ein dauerhafter Vollstreckungsschutz wird nur in absoluten Ausnahmefällen gewährt, etwa wenn eine nachgewiesene Verkürzung der Lebenserwartung droht.


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Wo finde ich sofort professionelle Hilfe bei Suizidgedanken wegen drohender Zwangsräumung?

Bei akuten Suizidgedanken ist sofortige professionelle Hilfe verfügbar. Der schnellste Weg führt über den Notruf 112, der rund um die Uhr erreichbar ist.

Kostenlose Telefonische Soforthilfe

Die TelefonSeelsorge steht Ihnen kostenlos und anonym zur Verfügung unter den Nummern:

  • 0800 – 111 0 111 oder
  • 0800 – 111 0 222

Medizinische Notfallversorgung

Bei akuter Gefährdung können Sie sich direkt an folgende Stellen wenden:

  • Notaufnahme eines Krankenhauses
  • Hausarzt
  • Psychiatrische Institutsambulanz
  • Niedergelassene Psychiater

Rechtliche Situation

Bei drohender Zwangsräumung wird eine bestehende Suizidgefahr von Gerichten als schwerwiegender Grund anerkannt. Die Gerichte sind verpflichtet, die unmittelbar der Erhaltung von Leben und Gesundheit dienenden Interessen zu berücksichtigen.

Eine konkrete Suizidgefahr kann als Härtegrund nach § 574 BGB anerkannt werden. Dafür muss nachgewiesen werden, dass durch die Zwangsräumung eine tatsächliche Bedrohung für das Leben besteht.

Sofortmaßnahmen bei Zwangsräumung

Die psychiatrische Institutsambulanz oder ein Facharzt kann:

  • Eine fachärztliche Stellungnahme zur Suizidgefährdung erstellen
  • Eine stationäre Aufnahme bei akuter Gefährdung veranlassen
  • Ambulante Krisenintervention einleiten

In dieser Situation ist es wichtig zu wissen, dass auch bei bestehender Räumungsanordnung Schutzmaßnahmen möglich sind. Das Gericht muss prüfen, ob der Gefahr auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung begegnet werden kann.


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Welche Bedeutung hat eine psychiatrische Behandlung für das Zwangsräumungsverfahren?

Die psychiatrische Behandlung spielt eine zentrale Rolle bei der gerichtlichen Bewertung von Räumungsschutzanträgen, wenn eine Suizidgefahr beim Mieter vorliegt.

Bedeutung für die Gerichtsentscheidung

Bei der Prüfung eines Räumungsschutzantrags berücksichtigen Gerichte die Bereitschaft des Mieters zur psychiatrischen Behandlung als wichtiges Kriterium. Wenn Sie sich einer empfohlenen Therapie verweigern, kann dies zu Ihren Ungunsten ausgelegt werden.

Therapeutische Maßnahmen

Die Gerichte unterscheiden verschiedene Behandlungsformen:

  • Stationäre Behandlung: Eine Klinikeinweisung kann als Schutzmaßnahme während der Räumung angeordnet werden. Allerdings weisen Gerichte darauf hin, dass auch eine stationäre Unterbringung einen Suizid nicht mit absoluter Sicherheit verhindern kann.
  • Ambulante Therapie: Eine ambulante psychiatrische Betreuung wird oft als vorbereitende Maßnahme angesehen, um Sie auf die bevorstehende Räumung vorzutragen.

Einfluss auf den Räumungsschutz

Eine laufende psychiatrische Behandlung kann zu einer befristeten Einstellung der Zwangsvollstreckung führen. Die Dauer der Einstellung richtet sich nach der therapeutischen Prognose und den konkreten Umständen des Einzelfalls.

Gerichte prüfen dabei besonders, ob durch therapeutische Maßnahmen die Suizidgefahr soweit reduziert werden kann, dass eine Räumung möglich wird. Wenn Sie sich in psychiatrischer Behandlung befinden, müssen Sie nachweisen, dass Sie aktiv an der Verbesserung Ihrer Situation arbeiten.

Praktische Durchführung

Bei der Durchführung der Räumung kann das Gericht die Anwesenheit eines Arztes oder psychiatrischen Fachpersonals anordnen. Diese Maßnahme dient der unmittelbaren Krisenintervention während des Räumungsvorgangs.

Die psychiatrische Behandlung wird als Teil eines Gesamtkonzepts betrachtet, zu dem auch die Suche nach einer Ersatzwohnung und die soziale Unterstützung gehören. Eine erfolgreiche Therapie kann dabei helfen, konstruktiv mit der Beendigung des Mietverhältnisses umzugehen.


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Was bedeutet die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung bei drohender Zwangsräumung?

Eine rechtliche Betreuung wird durch ein Gericht angeordnet, wenn eine Person aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen oder einer Behinderung ihre Angelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln kann.

Voraussetzungen und Anordnung

Bei einer drohenden Zwangsräumung kann eine rechtliche Betreuung besonders dann sinnvoll sein, wenn psychische Erkrankungen oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen. Das Betreuungsgericht prüft dabei, ob die betroffene Person ihre Wohnungsangelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann.

Aufgaben des Betreuers

Der rechtliche Betreuer übernimmt im Aufgabenbereich „Wohnungsangelegenheiten“ wichtige Funktionen:

  • Verwaltung der Mietzahlungen
  • Organisation der Wohnungsangelegenheiten
  • Verhandlungen mit dem Vermieter
  • Suche nach alternativen Wohnmöglichkeiten

Bedeutung im Räumungsverfahren

Ein rechtlicher Betreuer muss aktiv werden, um die Interessen des Betreuten zu wahren. Dazu gehört die Organisation der Räumung und Herausgabe der Wohnung nach Ablauf der Kündigungsfrist, wenn der Betroffene dazu selbst nicht mehr in der Lage ist. Allerdings bedeutet die Einrichtung einer Betreuung nicht automatisch einen Schutz vor Zwangsräumung. Wenn der Betreuer seine Pflichten vernachlässigt, können die Versäumnisse dem Betreuten zugerechnet werden.

Gesundheitliche Aspekte

Bei schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder psychischen Erkrankungen kann der Betreuer einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO stellen. Dies ist besonders relevant, wenn durch die Zwangsräumung eine konkrete Gefährdung der Gesundheit droht. Die Erfolgsaussichten hängen dabei von der individuellen Situation ab und erfordern eine sorgfältige Dokumentation der gesundheitlichen Risiken.


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Welche Kosten entstehen bei einem Räumungsschutzverfahren und gibt es finanzielle Unterstützung?

Grundlegende Verfahrenskosten

Bei einem Räumungsschutzverfahren trägt grundsätzlich der Schuldner die Verfahrenskosten, auch wenn das Gericht Vollstreckungsschutz gewährt. Die Kosten setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen:

Anwaltsgebühren entstehen in Höhe einer 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG. Der Gebührenwert richtet sich nach der Höhe der geschuldeten Miete bzw. Nutzungsentschädigung für den beantragten Räumungsschutzzeitraum.

Gerichtliche Gebühren werden nach dem Streitwert berechnet. Der Streitwert bemisst sich wie folgt:

  • Bei konkretem Zeitraum: Nettomiete für die beantragte Schutzzeit
  • Ohne Zeitangabe: Meist drei Monatsmieten als Berechnungsgrundlage

Besonderheiten der Kostenberechnung

Der Streitwert wird bei mehreren Schuldnern (z.B. Eheleuten) für jeden Schuldner separat berechnet. Bei einem Räumungsschutzantrag für sechs Monate beträgt der Streitwert beispielsweise die sechsfache Monatsmiete.

Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten

Wenn Sie die Kosten des Verfahrens nicht aufbringen können, besteht die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe. Dabei gelten folgende Besonderheiten:

Die Prozesskostenhilfe deckt die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltskosten ab, sofern die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Bewilligung erfolgt durch das zuständige Vollstreckungsgericht.

Zusätzliche Kostenrisiken

Bei Einlegung von Rechtsmitteln können weitere Kosten entstehen. Wird beispielsweise Beschwerde gegen einen Räumungsschutzbeschluss eingelegt, trägt die unterliegende Partei auch diese zusätzlichen Kosten. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens müssen auch dann vom Schuldner getragen werden, wenn er erst in der Beschwerdeinstanz Erfolg hatte.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Zwangsvollstreckung

Ein gerichtliches Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Willen des Schuldners, geregelt in der Zivilprozessordnung (ZPO). Bei der Zwangsräumung wird der Mieter durch einen Gerichtsvollzieher aus der Wohnung entfernt, wenn er trotz rechtskräftiger Kündigung nicht freiwillig auszieht. Beispiel: Ein Vermieter erwirkt einen Räumungstitel gegen einen Mieter wegen Mietschulden und lässt diesen durch den Gerichtsvollzieher vollstrecken.


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Räumungsschutzantrag

Ein Antrag des Mieters bei Gericht, mit dem eine drohende Zwangsräumung vorübergehend verhindert werden soll. Basiert auf § 765a ZPO und wird meist mit besonderen Härten wie Krankheit oder drohender Obdachlosigkeit begründet. Das Gericht kann die Räumung dann für maximal 1 Jahr aufschieben. Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter beantragt Räumungsschutz, weil sie kurzfristig keine andere Wohnung für sich und ihre Kinder finden kann.


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Härtefallregelung

Eine gesetzliche Ausnahmeregelung (§ 765a ZPO), die es Gerichten ermöglicht, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bei besonders schwerwiegenden persönlichen oder gesundheitlichen Folgen zeitweise einzustellen oder zu beschränken. Die Situation muss dabei deutlich über die üblichen Belastungen einer Zwangsvollstreckung hinausgehen. Beispiel: Schwere Krankheit oder konkrete Suizidgefahr des Betroffenen.


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Streitwert

Der Geldbetrag, der den wirtschaftlichen Wert eines Rechtsstreits beziffert. Er ist maßgeblich für die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren. Bei Mietrechtsstreitigkeiten wird er oft nach der Jahresmiete berechnet (§ 41 GKG). Beispiel: Bei einer Monatsmiete von 1.000 Euro beträgt der Streitwert in einem Räumungsverfahren typischerweise 12.000 Euro.


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Betreuung

Eine rechtliche Unterstützungsform für Menschen, die ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst regeln können (§§ 1896 ff. BGB). Ein gerichtlich bestellter Betreuer vertritt die Interessen des Betreuten in festgelegten Aufgabenkreisen. Beispiel: Ein Betreuer kümmert sich um die Wohnungsangelegenheiten einer psychisch erkrankten Person und sucht nach alternativen Wohnmöglichkeiten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 765a ZPO: Diese Vorschrift erlaubt es dem Vollstreckungsgericht, unter besonderen Umständen Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Zwangsvollstreckung eine unzumutbare Härte für den Schuldner darstellt, die mit den guten Sitten unvereinbar ist. Sie kommt nur in Ausnahmefällen zur Anwendung, wenn die Vollstreckungsmaßnahme zu einem untragbaren Ergebnis für den Schuldner führt.
    Im vorliegenden Fall prüfte das Gericht, ob die drohende Zwangsräumung aufgrund der Suizidalität der Schuldnerin eine solche unzumutbare Härte darstellt. Es entschied, dass die Voraussetzungen für § 765a ZPO nicht erfüllt sind, da die generellen Härten einer Zwangsvollstreckung nicht ausreichen.
  • § 567 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO: Diese Vorschrift regelt die sofortige Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Sie ermöglicht es dem Schuldner, unmittelbar nach der Entscheidung einen Rechtsmittelweg einzuleiten, um die Maßnahme überprüfen zu lassen.
    Die Schuldnerin legte eine sofortige Beschwerde gegen den Räumungsbeschluss ein, gestützt auf diese Vorschrift. Das Gericht bewertete die Berücksichtigung der gesundheitlichen Lage der Schuldnerin im Rahmen dieser Beschwerde.
  • § 793 ZPO: Dieser Paragraph definiert die Arten der sofortigen Beschwerde und deren Zulässigkeit. Er legt fest, unter welchen Voraussetzungen und gegen welche Entscheidungen eine sofortige Beschwerde erhoben werden kann.
    Im analysierten Fall wurde die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gemäß § 793 ZPO geprüft und als unbegründet zurückgewiesen, da die gerichtliche Entscheidung keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine sittenwidrige Härte erkennen ließ.
  • Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG): Dieser Artikel garantiert den Bürgern das Recht auf effektiven Rechtsschutz, insbesondere im Kampf gegen Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt. Er betont, dass der Zugang zu Gerichten gewährleistet sein muss, um Rechte geltend machen zu können.
    Das Gericht berücksichtigte diesen verfassungsrechtlichen Anspruch, indem es sicherstellte, dass die Rechte des Gläubigers auf wirksamen Rechtsschutz Vorrang hatten, sofern keine außergewöhnlichen Härtegründe vorlagen.
  • § 567 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO: Diese Vorschrift ermöglicht es dem Schuldner, eine sofortige Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen zu erheben, die unmittelbar seine Zwangsvollstreckung betreffen. Sie ist ein wichtiges Instrument, um schnell auf Vollstreckungsmaßnahmen reagieren zu können.
    Die Schuldnerin nutzte diese Möglichkeit, um gegen den Räumungsbeschluss vorzugehen. Das Gericht bewertete die vorgebrachten gesundheitlichen Gründe, entschied jedoch, dass diese nicht ausreichten, um die Zwangsräumung rechtlich aufzuhalten.

Das vorliegende Urteil


LG Leipzig – Az.: 2 T 446/24 – Beschluss vom 10.09.2024


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