Unfallschaden: Abschleppkosten zur Heimatwerkstatt erstattungsfähig
Das Gericht entschied im Fall des Verkehrsunfalls, dass die Beklagte an den Kläger sowohl die bereits anerkannten 165,00 € als auch zusätzliche 331,30 € plus Zinsen für Abschleppkosten zahlen muss. Die Höhe dieser Kosten wurde als angemessen erachtet, da sie eine direkte Folge des Unfalls waren und der Kläger ein berechtigtes Interesse hatte, den Schaden in seiner bevorzugten Werkstatt begutachten zu lassen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Verurteilung der Beklagten: Sie muss 165,00 € plus zusätzliche 331,30 € nebst Zinsen an den Kläger zahlen.
- Abschleppkosten: Anerkennung der Notwendigkeit von Abschleppkosten zur Werkstatt am Wohnort des Klägers.
- Angemessenheit der Kosten: Das Gericht erachtet die Abschleppkosten von 135,00 € pro Stunde für drei Stunden als gerechtfertigt.
- Umfang des Schadens: Schwere des Unfalls rechtfertigt eine ausführliche Unfallaufnahme und spezialisierte Begutachtung.
- Interesse des Klägers: Berücksichtigung des Interesses des Klägers, den Schaden in einer vertrauten Werkstatt bewerten zu lassen.
- Zinsanspruch: Der Zinsanspruch basiert auf den §§ 291, 288 BGB.
- Kosten des Rechtsstreits: Übernahme durch die Beklagte.
- Vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils: Festlegung gemäß den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Übersicht
Nach einem Verkehrsunfall können Abschleppkosten bis zur Werkstatt am Wohnort unter bestimmten Umständen erstattungsfähig sein. Die Rechtsprechung legt fest, dass Abschleppkosten grundsätzlich nur zur nächstgelegenen Fachwerkstatt ersatzfähig sind. Es gibt jedoch Ausnahmen, beispielsweise wenn die Entfernung zwischen Unfallort und Heimatwerkstatt erheblich ist. In diesem Fall können die Kosten für Abschleppen und Nachbesserungsbegleitkosten wie Fahrt, Übernachtung und Verdienstausfall ansteigen. Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil zum Thema Verkehrsunfall und Ersatzfähigkeit von Abschleppkosten bis zur Werkstatt am Wohnort vorgestellt und besprochen.
Verkehrsunfall und Abschleppkosten: Ein Rechtsstreit im Detail
In einem bemerkenswerten Fall vor dem Amtsgericht Mülheim, Aktenzeichen 23 C 1690/14, fällte das Gericht am 26. Februar 2015 ein Urteil, das die Ersatzfähigkeit von Abschleppkosten nach einem Verkehrsunfall zum Thema hatte. Der Kläger, ein Autofahrer, der nach einem Unfall seinen Wagen abschleppen ließ, forderte von der Beklagten die Übernahme der entstandenen Kosten. Die Beklagte hatte bereits einen Teilbetrag von 165,00 € anerkannt und gezahlt, doch der Streit entzündete sich an weiteren geforderten 331,30 € nebst Zinsen.
Die Bewertung der Abschleppkosten durch das Gericht
Das Gericht setzte sich intensiv mit der Angemessenheit der Abschleppkosten auseinander. Hierbei wurde betont, dass die Gesamtkosten von netto 405,00 € (brutto 481,95 €) für das dreistündige Abschleppen zum Wohnort des Klägers unter den besonderen Umständen des Falles als gerechtfertigt anzusehen sind. Die Richter berücksichtigten dabei die Schwere des Unfalls und das Interesse des Klägers, seinen beschädigten PKW zu einer Vertragswerkstatt zu bringen, in der er als Kunde bereits bekannt war. Die Nähe der Unfallstelle und der Werkstatt sowie die üblichen Aufwendungen bei vergleichbaren Schadensfällen spielten ebenfalls eine Rolle in der Urteilsfindung.
Die rechtliche Einordnung und Folgen für die Beteiligten
Das Gericht stützte sich auf eine Preis- und Strukturumfrage des VBA EV für 2014 und § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO, um die Abschleppkosten zu bewerten. Die anerkannten 165,00 € für eine Stunde Abschleppen wurden als zu optimistisch betrachtet, und das Gericht befand, dass ein auf Abschleppdienste spezialisiertes Unternehmen voraussichtlich drei Stunden für den Transport benötigt hätte. Der Zinsanspruch des Klägers wurde gemäß den §§ 291, 288 BGB bestätigt. Zudem wurde die Beklagte zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits verpflichtet, wie in § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO festgelegt.
Schlüsselaspekte des Urteils und dessen Relevanz
Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Ersatzfähigkeit von Abschleppkosten nach einem Verkehrsunfall die individuellen Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Die Anerkennung der Kosten für das Abschleppen zur bevorzugten Werkstatt am Wohnort des Klägers stellt einen wichtigen Aspekt in der Bewertung der Angemessenheit solcher Kosten dar. Die Entscheidung betont die Notwendigkeit, jeden Fall einzeln zu betrachten und spiegelt die Flexibilität des Rechtssystems in Bezug auf Schadensersatzansprüche wider.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils, festgelegt in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO, unterstreicht seine unmittelbare Bedeutung für die beteiligten Parteien und kann als Referenzpunkt für ähnliche Fälle in der Zukunft dienen. Es bleibt abzuwarten, wie dieses Urteil die Handhabung ähnlicher Fälle in der Zukunft beeinflussen wird.
✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt
Wie wird die Angemessenheit von Abschleppkosten nach einem Verkehrsunfall bewertet?
Die Angemessenheit von Abschleppkosten nach einem Verkehrsunfall wird anhand verschiedener Faktoren bewertet. Es gibt keine einheitliche Rechtsprechung zu diesem Thema, daher können die Kriterien je nach Einzelfall variieren.
Ein wichtiger Aspekt ist die Entfernung zur nächsten geeigneten Werkstatt. In der Regel wird erwartet, dass das Fahrzeug zur nächstgelegenen Vertragswerkstatt abgeschleppt wird. Wenn das Fahrzeug jedoch nicht zur nächstgelegenen Fachwerkstatt geschleppt wird, kann der Versicherer des Schädigers Einwände erheben.
Ein weiterer Faktor ist die Notwendigkeit und Art des Abschleppens. Beispielsweise kann die Notwendigkeit eines Abschleppwagens mit Kran oder einer zweiten Fachkraft in Frage gestellt werden.
Die Kosten sollten auch nicht in einem Missverhältnis zum Restwert des Fahrzeugs stehen. Wenn erkennbar ein Totalschaden vorliegt, sind in der Regel nur die Abschleppkosten zum nächstgelegenen Schrottplatz erstattungsfähig.
Die besonderen Umstände des Unfalls und die Dringlichkeit des Abschleppens können ebenfalls berücksichtigt werden. Wenn das Abschleppen dringend erforderlich ist, wie beispielsweise nach einem Verkehrsunfall, sollen die besonderen Umstände berücksichtigt werden.
In einigen Fällen kann es auch angemessen sein, das Fahrzeug zu einer bestimmten Werkstatt abzuschleppen, wenn der Fahrzeughalter dort bereits Kunde ist und eine Reparatur an einem anderen Ort zu vergleichbaren Kosten führen würde.
Schließlich spielt auch die Versicherung eine Rolle. Bei einem fremdverschuldeten Unfall sind die Abschleppkosten in der Regel ein adäquater Folgeschaden und daher grundsätzlich zu ersetzen. Bei einem selbstverschuldeten Unfall kann die Teil- oder Vollkaskoversicherung eingreifen.
Inwiefern spielt der Ort der Werkstatt eine Rolle bei der Erstattung von Abschleppkosten?
Der Ort der Werkstatt kann bei der Erstattung von Abschleppkosten eine Rolle spielen. Grundsätzlich gilt, dass die Kosten für das Abschleppen zur nächstgelegenen geeigneten Werkstatt erstattet werden können. Dies ist in der Regel die kostengünstigste Option und entspricht der Schadensminderungspflicht des Geschädigten.
Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen das Abschleppen zu einer weiter entfernten Werkstatt gerechtfertigt sein kann. Beispielsweise wenn das Fahrzeug nur in einer Spezialwerkstatt repariert werden kann, oder wenn das Auto in einer bestimmten Vertragswerkstatt repariert werden muss, um Garantieansprüche nicht zu verlieren.
In einigen Fällen kann es auch gerechtfertigt sein, das Fahrzeug zur Heimatwerkstatt abschleppen zu lassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn das Fahrzeug noch relativ neu ist und bisher immer in der Heimatwerkstatt gewartet wurde.
Es ist jedoch zu beachten, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich nicht einheitlich ist und es von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann, welche Abschleppkosten erstattet werden. Daher ist es ratsam, sich in solchen Fällen rechtlich beraten zu lassen.
Das vorliegende Urteil
AG Mülheim – Az.: 23 C 1690/14 – Urteil vom 26.02.2015
Die Beklagte wird durch Teilanerkenntnisurteil verurteilt, an den Kläger 165,00 € zu zahlen.
Darüber hinaus wird die Beklagte durch streitiges Urteil verurteilt, an den Kläger weitere 331,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 24.10.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage ist über anerkannte 135,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer = 160,65 € zuzüglich Zinsen = 165,00 €, die entsprechend der Ankündigung der Beklagten vom 18.11.2014 bereits gezahlt sein sollten, hinaus in Höhe weiterer 316,95 € begründet.
Das erkennende Gericht hält unter den besonderen Umständen des Falles Abschleppkosten für drei Stunden à 135,00 € = netto 405,00 € entsprechend brutto 481,95 € für gerechtfertigt.
Diese Summe ist adäquat kausal verursachte Folge des Unfalles vom 24.03.2014.
Das war kein Schaden mit dem man irgendeine H. Werkstatt befassen konnte. Der Kläger hatte ein anzuerkennendes Interesse daran, dass weitere Vorgehen dort eingehend zu besprechen, wo er als Kunde geschätzt war. Der Schaden stellte sich für den Kläger nach dem Unfall so dar, dass entweder umfangreichste handwerkliche Arbeiten auszuführen waren oder der relativ junge PKW der Schrottpresse zu überordern war. Es war sinnvoll, die Begutachtung nicht nur von der Ferne zu begleiten.
M., wo der Unfall passierte, und H., wo die Vertragswerkstatt sitzt, bei der der Kläger den Wagen gekauft hatte, sind recht benachbarte Städte. Beispielsweise steht der A. ein für Abschleppkosten bis 300,00 €, der B. verbringt Fahrzeuge von Mitgliedern maximal 75 km. Das sind die üblichen Aufwendungen bei Schadens- und auch unfallbedingten Abschleppungen. Die Firma Auto S. hat dem Kläger hier pauschal netto 465,75 € entsprechend brutto 554,24 € verrechnet. Erschwernisse sind in der Rechnung vom 28.03.2014 nicht erwähnt.
Das Gericht hält auf der Grundlage der von der Beklagten vorgelegten Preis- und Strukturumfrage des VBA EV für 2014 nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO 3 Stunden à 135,00 € netto für angemessen. Mit drei Stunden wäre ein Unternehmen, das sich schwerpunktmäßig mit dem Abschleppen von Fahrzeugen befasst, voraussichtlich ausgekommen. Die von der Beklagten anerkannten 165,00 € bei Annahme einer Stunde erscheinen dem erkennenden Gericht als deutlich zu optimistisch. Es ist nicht um das routinemäßige Abschleppen etwa eines Falschparkers zu einer ständig angefahrenen PKW Sammelstelle gegangen. Die Schwere des Schadens spricht für eine umfangreiche Unfallaufnahme.
Jedenfalls für den Kläger lagen die Umstände jenseits eines routinemäßigen Vorgangs.
Der Zinsanspruch beruht auf den §§ 291, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.